Schallkanonen: Warum Erdöl-Erkundungen so gefährlich für Meereslebewesen sind

Bei der Suche nach Öl- und Gasvorkommen im Meer machen Menschen mit Schallkanonen gewaltigen Lärm. Das terrorisiert fast alle Meeresbewohner – und tötet viele

Apr 7, 2025 - 17:56
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Schallkanonen: Warum Erdöl-Erkundungen so gefährlich für Meereslebewesen sind

Bei der Suche nach Öl- und Gasvorkommen im Meer machen Menschen mit Schallkanonen gewaltigen Lärm. Das terrorisiert fast alle Meeresbewohner – und tötet viele

Kürzlich forderten 111 Umwelt-, Klima- und Meeresschutzorganisationen die Regierungen der Welt auf, die "zerstörerische Praxis der Öl- und Gassuche in den Meeren" zu beenden. Nicht nur, weil die Verbrennung von fossilen Energieträgern die Klimakrise befeuert. Sondern weil die Suche selbst zerstörerisch ist.

"Diese Aktivitäten gehören zu den intensivsten Lärmbelastungen in unseren Meeren", teilte Nicolas Entrup von der Organisation OceanCare mit, auf deren Initiative der offene Brief zurückgeht. "Sie haben schwerwiegende oder gar tödliche Auswirkungen auf die Meeresfauna, vom kleinsten Plankton bis hin zu großen Walen."

Akustisches Bombardement ist ein Kollateralschaden der Ölsuche

Das Problem: Bei der seismischen Exploration werden Schallkanonen, sogenannte Airguns oder Druckluftpulser eingesetzt – bis zu 48 gleichzeitig. Die zurückgeworfenen Schallwellen lassen Rückschlüsse über Lage und Ausdehnung von Öl- und Gasvorkommen zu. Doch für Meerestiere, die im trüben Wasser oder in der Dunkelheit der Tiefe auf ein extrem feines Gehör angewiesen sind, ist das akustische Bombardement eine Katastrophe.

Sie müssen fliehen, wodurch sich ihre Ruhezeiten verkürzen – und die Zeiten, in denen sie nach Nahrung suchen können. Problematisch ist das vor allem für Wale, die für ihre Kommunikation mit Artgenossen, die Orientierung und die Nahrungssuche auf ein extrem feines Gehör angewiesen sind. Langfristige Schädigungen können für diese Tiere lebensbedrohlich sein. Die, die überleben, kehren einer Studie zufolge jahrelang nicht in die beschallten Gebiete zurück – egal, wie wichtig sie für die Nahrungssuche oder die Fortpflanzung sind.

Aber nicht nur hochentwickelte Tiere – selbst tierische Kleinstlebewesen, die Basis des marinen Nahrungsnetzes, sterben im Umkreis von einem Kilometer durch den Schalldruck einer einzelnen Schallkanone.

Hinzu kommt, dass Öl- und Gas-Erkundungen zwar besonders laut, aber beileibe nicht die einzige Lärmquelle im Meer sind. Schiffsverkehr, Rammarbeiten beim Bau von Offshore-Windkraftanlagen und Ölbohr-Plattformen oder Sprengungen durch die Marine belasten die Tiere zusätzlich – selbst in Naturschutzgebieten. So rechnet das Bundesamt für Naturschutz auch zukünftig mit Anträgen für seismische Erkundungen in den Naturschutzgebieten Doggerbank und Borkum Riffgrund.

Gesunde Meere seien wichtig, unter anderem, weil sie einen Teil der Wärme aufnehmen, die im Zuge des Klimawandels entsteht, sagt Nicolas Entrup von Ocean Care. "Wir können den Klimanotstand nicht bewältigen, ohne den Ozean zu schützen, und wir können Meeresökosysteme nicht retten, ohne die Öl- und Gassuche mit Schallkanonen einzustellen und die Produktion fossiler Brennstoffe zu beenden." Europa könne dabei Vorreiter sein. Frankreich, Spanien und Portugal hätten die Suche nach neuen Öl- und Gasvorkommen bereits verboten, so Entrup.

Der Appell zielt auf die dritte UN-Ozeankonferenz, die vom 9. bis 13. Juni in Nizza an der französischen Mittelmeerküste stattfindet. Dann wird es darum gehen, im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens von 2015 Vereinbarungen zum Schutz der Ozeane zu treffen. Das entspricht auch einem der 17 Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDG), dem Ziel 14. Dabei geht es darum, Ozeane und Meeresressourcen "im Sinne nachhaltiger Entwicklung zu erhalten und nachhaltig zu nutzen".