Rente: Wie die Parteien die Altersvorsorge verspielen

Die Wahlprogramme der Parteien zur Rentenpolitik sind ernüchternd. Für den nötigen Ausbau der kapitalmarktbasierten Vorsorge liefern fast alle keine sinnvollen Konzepte

Feb 10, 2025 - 12:57
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Rente: Wie die Parteien die Altersvorsorge verspielen

Die Wahlprogramme der Parteien zur Rentenpolitik sind ernüchternd. Für den nötigen Ausbau der kapitalmarktbasierten Vorsorge liefern fast alle keine sinnvollen Konzepte

Deutschland ist kein Land der Aktionäre, sondern ein Land der Rentner. Beim Blick in die Wahlprogramme der Parteien für die bevorstehende Bundestagswahl am 23. Februar wird schnell klar, dass sich daran auch künftig nichts ändern dürfte. Denn es findet sich dort kaum etwas, was die Bürger zu mehr Eigeninitiative beim Vermögensaufbau im Hinblick auf Aktieninvestments motivieren könnte. 

Offenkundig trauen sich die Politiker erneut nicht an diese Themen heran, sie wirken auf die Volksvertreter quasi toxisch. Dabei ist eine Entfesselung der privaten und öffentlichen Haushalte, eine spürbare Hinwendung zum Kapitalmarkt, dringend erforderlich. Doch nur die FDP, die um den erneuten Einzug in den Bundestag kämpft, unterstreicht in ihrem Programm ihre bereits in der Ampelregierung vorgetragenen Pläne einer kapitalmarktbasierten Altersvorsorge. Die Grünen präsentieren einen Ansatz, der durch nachhaltige Investitionen die Altersvorsorge auf drei Ebenen stärken soll. 

Dennoch fällt die Analyse der Wahlprogramme insgesamt ernüchternd aus. Und das, obwohl Aktiensparen die einfachste und einträglichste Art ist, am Wachstum der Wirtschaft teilzuhaben. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik verhindert das Dickicht der Steuern und Abgaben, gepaart mit einer hoch bleibenden Inflation, oft den Vermögensaufbau. Hinzu kommen die gestiegenen Wohnkosten. 

Fakt ist: Auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen, wie etwa die alternde Gesellschaft, gibt es nach wie vor keine befriedigenden Antworten und Konzepte. Deutschland befindet sich zudem insgesamt in einer schmerzhaften Abwärtsbewegung. Die Parteien streiten sich im Vorfeld der Wahl lieber darum, wer mit wem abstimmen darf, anstatt gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dabei ist es bereits fünf nach zwölf! Es braucht eine überparteiliche Anstrengung, um den schleichenden Wohlstandsverfall zu bremsen.

Laut Presseberichten sind wir Deutschen „die armen Schlucker Europas“ („Focus“). Der Hintergrund: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ermittelt, dass das Medianvermögen aller deutschen Haushalte 106.000 Euro beträgt. Mit diesem Wert liegt Deutschland nur auf Rang 15 im EU-Ranking und knapp vor Griechenland. Die große Zahl der Bürger hat nur sehr wenig finanzielle Substanz auf der hohen Kante und ist daher schlecht auf die Zeit nach ihrem Berufsleben vorbereitet. Umso wichtiger wäre vor allem eine grundlegende Reform der Altersvorsorge, einhergehend mit einer signifikanten Stärkung des Kapitalmarktes. Doch die Realität ist eine völlig andere.

Die simple Lösung für die Rentenfrage

Die FDP hält an der Aktienrente fest

Die FDP erneuert in ihrem Programm ihre konkreten Ideen zur Einführung einer gesetzlichen Aktienrente nach schwedischem Vorbild, welche von vielen Experten als dringend notwendig erachtet wird. Daneben soll auch die private Altersvorsorge über die Einführung eines sogenannten Altersvorsorgedepots nach Vorbild des amerikanischen 401k-Depots gestärkt werden. Dieses Depot sollte steuerlich gefördert sein und den langfristigen Vermögensaufbau für die Altersvorsorge ermöglichen – auch für alle Selbstständigen. 

Im Wahlprogramm der FDP steht: „Wir Freie Demokraten wollen Deutschland von einem Land der Sparer zu einem Land der Aktionäre machen. Dazu bedarf es einer Kultur des langfristigen Investierens. Wir wollen eine nationale Finanzbildungsstrategie, um die finanzielle Bildung in der Breite der Gesellschaft zu verbessern, beispielsweise durch ein bundesweites Pflichtfach an allgemeinbildenden Schulen.“ Das sollte unbedingt umgesetzt werden. Gerade die mangelnde Finanzbildung in Deutschland verhindert eine vernünftige und in der Breite eigenständige Vermögensplanung in unserem Land. Auch steuerliche Verbesserungen sind wichtig, um die eigene Vorsorge zu ermöglichen. Als Maßnahmen nennen die Freien Demokraten etwa die Wiedereinführung einer Spekulationsfrist bei der Veräußerung von Wertpapieren.

Die SPD macht den Blüm

Die SPD dagegen wiederholt einfach die alte Blüm-Maxime „Die Rente ist sicher“, indem sie langfristig das Rentenniveau auf 48 Prozent festschreiben will. Wie das finanziert werden soll, bleibt offen. Nur eine Lockerung der Schuldenbremse könnte helfen, doch dafür ist eine Änderung des Grundgesetzes notwendig. Die Rentenpläne der Sozialdemokraten hebeln zudem die Generationengerechtigkeit aus. Neben den ohnehin schon massiven Bundeszuschüssen zur Rentenkasse erwarten Experten eine Steigerung der Beiträge über 22 Prozent. 

NL Die WocheDas Wirtschaftswachstum möchten die Sozialdemokraten mit Investitionen in Wirtschaft, Bildung und Infrastruktur ankurbeln. Realisiert werden soll dieses Vorhaben über einen „Deutschlandfonds“, der staatliches und privates Kapital bündelt und zunächst 100 Mrd. Euro umfassen soll. Einen ähnlichen Vorschlag hatte auch Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz gemacht unter der Annahme, dass ja viele Milliarden auf den Sparkonten der Deutschen „lagern“ würden. Inwiefern hier die Rendite überhaupt eine Rolle spielt und wie das Ganze konkret aussehen soll, dazu ist weder bei der SPD noch bei der Union etwas zu lesen.

Kapitalmarkt bei der Union kein Thema

Die Union will zwar mit einer „Agenda 2030“ die Wirtschaft ankurbeln und wieder für das notwendige Wachstum in Deutschland sorgen. Aber selbst wenn Deutschland aus der Rezession herauskommt, verändern sich die demografischen Verhältnisse nicht. Derzeit finanzieren zwei Arbeitnehmer einen Rentner. Die in Rente gehenden Boomer verschärfen die Kassenlage noch mindestens bis 2035. Die nächsten zehn Jahre müssten eigentlich dazu genutzt werden, über den Kapitalmarkt Renditen für die kollektive und individuelle Vorsorge zu erzielen. Aber die lang diskutierte Aktienrente wurde von der Ampel begraben, gegen den Widerstand der FDP. Auch das abgespeckte Generationenkapital, als Kostendämpfungsmaßnahme für die Rentenkasse gedacht, ist nicht verwirklicht worden. 

Sowohl bei der CDU als auch bei der CSU findet sich wenig über die Stärkung des Aktienmarkts oder die Verbesserung der Aktionärsrechte. Unterdessen schlägt die AfD vor, für jedes neugeborene deutsche Kind einen Fondssparplan für die Altersvorsorge einzurichten, quasi als Startkapital. Hier ist von einer Gesamtförderung von über 21.000 Euro die Rede bis zum 18. Lebensjahr. Das klingt wenig realistisch, genau wie die Annahme, diese Partei würde Regierungsverantwortung bekommen. Also kann man das vernachlässigen. 

Grüne setzen auf einen Allzweckfonds 

Wie die SPD wollen auch die Grünen zur Stärkung der Wirtschaft einen „Deutschlandfonds“ einrichten, der dem „Investitionsstau im dreistelligen Milliardenbereich“ begegnen soll. Ebenfalls wollen sie ran an die Schuldenbremse, aber nachhaltig und „sinnvoll“ – was immer das bedeutet. Bei der Rente sollen „Anreize“ geschaffen werden, damit Menschen länger arbeiten können, wenn sie möchten. Dennoch halten die Grünen weiter an der Rente ab 67 fest. Ebenso wie bei der SPD wird eine Festschreibung des Rentenniveaus bei 48 Prozent versprochen. 31-01-25 Riester Rentenfaktor

Die Allzweckwaffe der Grünen in ihrem Programm ist jedoch der Bürger*innenfonds. Er soll Aufgaben in allen drei Säulen der Altersvorsorge übernehmen. Zunächst soll eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rente nach dem Beispiel des Generationenkapitals erreicht werden. Dabei soll weniger die Rentenkasse entlastet werden, sondern es sollen vielmehr kleine und mittlere Renten gestärkt werden. Die Fondserträge sollen später auch zur Einrichtung einer Garantierente nach 30 Beitragsjahren dienen. 

Der Bürgerfonds soll auch für die betriebliche Altersvorsorge geöffnet werden, um diese attraktiver zu gestalten. Die Grünen schlagen vor, dass ein bestimmter Prozentsatz des Bruttolohns automatisch in den Fonds eingezahlt wird, mit einem Maximalbetrag zur Begrenzung der Einzahlungen. Hier sind Ähnlichkeiten mit dem FDP-Vorschlag zum Altersvorsorgedepot erkennbar. Die öffentliche Förderung soll es aber nur für kleine und mittlere Einkommen geben. 

Selbstredend sollen die Investitionen in den grünen Allzweckfonds nachhaltig sein und Klimaschutzkriterien berücksichtigen. Der Ansatz dieser eierlegenden Wollmilchsau ist aber falsch, denn durch seine vielen Zielvorgaben macht er die Dynamik am Kapitalmarkt zunichte, die für eine wachstumsorientierte Anlagestrategie eben notwendig ist. Die planwirtschaftliche Ausgestaltung wird den Zweck verfehlen und letztendlich die notwendigen Wachstumsimpulse hemmen. Die demografische Situation wird nicht adressiert, und am Ende zahlt der Steuerzahler wieder die Rechnung. 

Die neue Regierung muss Anreize für private Vorsorge setzen

Die meisten Experten sind sich ohnehin einig, dass eine solide Finanzierung der Altersvorsorge für die Deutschen nicht ohne Aktien oder ETFs gehen kann. Es ist aufgrund der demografischen Situation dringend notwendig, direkt nach der Regierungsbildung einen spürbaren Richtungswechsel hin zu mehr staatlich gefördertem Vermögensaufbau sowie deutlich besseren Rahmenbedingen für die private Vorsorge einzuleiten. Die Ideen in den Wahlprogrammen deuten bei Weitem nicht genug in diese Richtung. Im Vergleich aller Programme haben nur die Liberalen tatsächlich durchdachte und gut finanzierte Vorschläge vorgelegt. Ob sie diese dann auch in Regierungsverantwortung umsetzen dürfen, scheint derzeit jedoch fraglich. 17-05-24 Beamtenpensionen

Klar ist jedenfalls: Nicht alle Probleme werden sich durch wirtschaftliches Wachstum lösen lassen. Der Einbezug einer Aktienrente in das gesetzliche System ist längst überfällig. Dieses in anderen Ländern erfolgreiche Vorgehen wird jedoch hier vom linken Spektrum und den Gewerkschaften abgelehnt. Die Politik muss endlich handeln. Und zwar möglichst rasch und konsequent – unabhängig davon, wer letztlich regieren wird. Ansonsten wird es ein böses Erwachen geben.

peres