Rasen im Mai nicht mähen: Es gibt gute Gründe, ihn wachsen zu lassen

Ein gepflegter Rasen mag schön aussehen, für die Tierwelt ist er aber ziemlich nutzlos. Die Aktion "No Mow May" will mit dem mähfreien Mai etwas gegen das massive Insektensterben tun. Was hat es mit dem Trend auf sich und was bringt er?Der "No Mow May" kommt ursprünglich aus Großbritannien. In dem Land, das eigentlich für seine gepflegte Rasenkultur bekannt ist, lassen schon seit einigen Jahren Gartenbesitzer den Rasenmäher einen ganzen Monat in der Garage stehen: Im Mai wird nicht gemäht. Durch Nichtstun einen Beitrag für Naturschutz leisten Der Hintergrund: Ein akkurat gekürzter Rasen bietet Insekten kaum Futter oder Nistmöglichkeiten. Wer hingegen das Gras wachsen lässt und Wildkräutern die Chance gibt, sich zu vermehren, unterstützt viele Insektenarten. Inzwischen ist die Aktion "Mähfreier Mai" auch in Deutschland angekommen. Beim Nabu Baden-Württemberg heißt es, die Aktion solle Gartenbesitzerinnen und -besitzer dazu motivieren, weniger zu mähen. "Wichtig: Das ist nur sinnvoll, wenn man eine klassische Rasenfläche hat. Bei Wildblumenwiesen kann Ende Mai mitunter genau der richtige Zeitpunkt sein, um zu mähen", betont eine Sprecherin. In Deutschland rufen inzwischen etliche Organisationen dazu auf, die Natur im Mai lieber zu genießen als den Rasen zu trimmen. Was es bringt, den Rasen im Mai nicht zu mähen  "Wird im Frühjahr und Frühsommer auf das Mähen verzichtet, können sich die Pflanzen bis zur Blüte entwickeln. Im Rasen sind das unter anderem Gänseblümchen, Weißklee, Gundermann oder Löwenzahn", sagt Tarja Richter, Biologin und Insektenexpertin beim bayerischen Natur- und Umweltverband LBV. Das helfe Insekten, die Nektar und Pollen der Pflanzen brauchen, um sich und ihre Nachkommen zu versorgen. "Von den sich ansiedelnden Insekten können dann auch die im Mai geschlüpften Vogelküken ernährt werden." Auch wichtig zu wissen: Jedes Mähen bedeutet den direkten Tod für Insektenlarven, Raupen und Grashüpfer. Sie werden zerschlagen oder verenden in den entsorgten Grashaufen. Mangelt es an Insekten, finden beispielsweise Singvögel weniger Nahrung – ihre Zahl schwindet nach Untersuchungen seit Jahrzehnten.Klee verbreitet sich im Sommer so schnell im Rasen, dass es eine Überlegung wert ist, den Klee nicht als Unkraut, sondern als Glücksbringer zu betrachten. Auch einzelne wilde Ecken können Insekten helfen  Wem ein gänzlich ungemähter Rasen zu sehr nach Unordnung aussieht, der muss natürlich nicht die gesamte Rasenfläche stehen lassen. Auch eine einzelne "wilde Ecke" oder eine Wildwuchs-Insel inmitten des gepflegten Rasens hilft Insekten. Andere Stellen im Garten sind dann zum Fußballspielen oder Grillen da. Der Nabu in Baden-Württemberg rät zu mehr Gelassenheit bei der Rasenpflege im Garten, was ja auch weniger Arbeit bedeute: "Einfach weniger radikal rupfen und nicht ständig mähen, dann kommt die blühende Natur von ganz alleine", sagt Gartenexpertin Aniela Arnold. Wer weniger mähe, könne mehr Natur genießen und habe weniger Stress. Mähfreier Mai: Wichtiger Effekt auf die Biodiversität Wer sich jetzt fragt, ob die Aktion angesichts des immensen Insektensterbens nicht nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist: Nein, das ist sie nicht. "Im Siedlungsraum leben erstaunliche viele Arten, die hier einen Ersatz für die freie Landschaft gefunden haben", sagt Tarja Richter vom LBV. Die Uni Würzburg habe beispielsweise in einem Projekt 247 Wildbienenarten in 40 Dörfern nachgewiesen. "Natürlich müssen die größten Bemühungen auf den Erhalt und Wiederherstellung von Lebensräumen in der Kulturlandschaft abzielen, aber solange es dort mau aussieht, können wir im Siedlungsbereich erstaunlich viel beitragen. Und so klein ist diese Fläche auch nicht: Etwa zwei Prozent der Gesamtfläche Deutschlands sind Privatgärten." Auch der Nabu im Südwesten versichert, es bringe etwas, wenn in den geschätzt 17 Millionen privaten Gärten in Deutschland auf die Artenvielfalt geachtet wird: "Auch wenn einzelne Gärten vielleicht nicht groß sind, in Summe können sie einen wichtigen positiven Effekt auf die Biodiversität haben – und als Trittsteinbiotope fungieren."Insektengifte, zu wenig Blühpflanzen und der Klimawandel machen Bienen schwer zu schaffen. Tipps, mit denen Sie Bienen helfen können.Wie funktioniert insektenfreundliches Mähen? Es bringt nichts, im Mai aufs Mähen zu verzichten, dann aber allwöchentlich den Rasen wieder kurz zu halten. Tipps, die Sie bei der Rasenpflege beachten können:  Am besten solle man eine Sense nutzen und "die Mähintervalle strecken", rät der LBV. Es empfehle sich, abschnittweise vorzugehen: Wenn erst ein Gartenabschnitt gemäht werde, erhalte man andere Teile des Gartens als Rückzugsräume für die Tiere. Schnittgut sollte nicht auf den Flächen liegen gelassen werden. Ein Rasenmäher-Roboter sei keine geeignete Alternative, da dieses Gerät Igel verletzen oder Insekten schädigen könne. Neben den Insekten und den Wildblumen profitiere auch der Boden vom höheren Gras. Die Erde bleibe feuchter und trockne in heißen Sommer

Apr 30, 2025 - 15:17
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Rasen im Mai nicht mähen: Es gibt gute Gründe, ihn wachsen zu lassen

Ein gepflegter Rasen mag schön aussehen, für die Tierwelt ist er aber ziemlich nutzlos. Die Aktion "No Mow May" will mit dem mähfreien Mai etwas gegen das massive Insektensterben tun. Was hat es mit dem Trend auf sich und was bringt er?

Der "No Mow May" kommt ursprünglich aus Großbritannien. In dem Land, das eigentlich für seine gepflegte Rasenkultur bekannt ist, lassen schon seit einigen Jahren Gartenbesitzer den Rasenmäher einen ganzen Monat in der Garage stehen: Im Mai wird nicht gemäht.

Durch Nichtstun einen Beitrag für Naturschutz leisten

Der Hintergrund: Ein akkurat gekürzter Rasen bietet Insekten kaum Futter oder Nistmöglichkeiten. Wer hingegen das Gras wachsen lässt und Wildkräutern die Chance gibt, sich zu vermehren, unterstützt viele Insektenarten. Inzwischen ist die Aktion "Mähfreier Mai" auch in Deutschland angekommen.

Beim Nabu Baden-Württemberg heißt es, die Aktion solle Gartenbesitzerinnen und -besitzer dazu motivieren, weniger zu mähen. "Wichtig: Das ist nur sinnvoll, wenn man eine klassische Rasenfläche hat. Bei Wildblumenwiesen kann Ende Mai mitunter genau der richtige Zeitpunkt sein, um zu mähen", betont eine Sprecherin. In Deutschland rufen inzwischen etliche Organisationen dazu auf, die Natur im Mai lieber zu genießen als den Rasen zu trimmen.

Was es bringt, den Rasen im Mai nicht zu mähen 

"Wird im Frühjahr und Frühsommer auf das Mähen verzichtet, können sich die Pflanzen bis zur Blüte entwickeln. Im Rasen sind das unter anderem Gänseblümchen, Weißklee, Gundermann oder Löwenzahn", sagt Tarja Richter, Biologin und Insektenexpertin beim bayerischen Natur- und Umweltverband LBV. Das helfe Insekten, die Nektar und Pollen der Pflanzen brauchen, um sich und ihre Nachkommen zu versorgen. "Von den sich ansiedelnden Insekten können dann auch die im Mai geschlüpften Vogelküken ernährt werden."

Auch wichtig zu wissen: Jedes Mähen bedeutet den direkten Tod für Insektenlarven, Raupen und Grashüpfer. Sie werden zerschlagen oder verenden in den entsorgten Grashaufen. Mangelt es an Insekten, finden beispielsweise Singvögel weniger Nahrung – ihre Zahl schwindet nach Untersuchungen seit Jahrzehnten.

Klee verbreitet sich im Sommer so schnell im Rasen, dass es eine Überlegung wert ist, den Klee nicht als Unkraut, sondern als Glücksbringer zu betrachten. 

Auch einzelne wilde Ecken können Insekten helfen 

Wem ein gänzlich ungemähter Rasen zu sehr nach Unordnung aussieht, der muss natürlich nicht die gesamte Rasenfläche stehen lassen. Auch eine einzelne "wilde Ecke" oder eine Wildwuchs-Insel inmitten des gepflegten Rasens hilft Insekten. Andere Stellen im Garten sind dann zum Fußballspielen oder Grillen da.

Der Nabu in Baden-Württemberg rät zu mehr Gelassenheit bei der Rasenpflege im Garten, was ja auch weniger Arbeit bedeute: "Einfach weniger radikal rupfen und nicht ständig mähen, dann kommt die blühende Natur von ganz alleine", sagt Gartenexpertin Aniela Arnold. Wer weniger mähe, könne mehr Natur genießen und habe weniger Stress.

Mähfreier Mai: Wichtiger Effekt auf die Biodiversität

Wer sich jetzt fragt, ob die Aktion angesichts des immensen Insektensterbens nicht nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist: Nein, das ist sie nicht. "Im Siedlungsraum leben erstaunliche viele Arten, die hier einen Ersatz für die freie Landschaft gefunden haben", sagt Tarja Richter vom LBV.

Die Uni Würzburg habe beispielsweise in einem Projekt 247 Wildbienenarten in 40 Dörfern nachgewiesen. "Natürlich müssen die größten Bemühungen auf den Erhalt und Wiederherstellung von Lebensräumen in der Kulturlandschaft abzielen, aber solange es dort mau aussieht, können wir im Siedlungsbereich erstaunlich viel beitragen. Und so klein ist diese Fläche auch nicht: Etwa zwei Prozent der Gesamtfläche Deutschlands sind Privatgärten."

Auch der Nabu im Südwesten versichert, es bringe etwas, wenn in den geschätzt 17 Millionen privaten Gärten in Deutschland auf die Artenvielfalt geachtet wird: "Auch wenn einzelne Gärten vielleicht nicht groß sind, in Summe können sie einen wichtigen positiven Effekt auf die Biodiversität haben – und als Trittsteinbiotope fungieren."

Insektengifte, zu wenig Blühpflanzen und der Klimawandel machen Bienen schwer zu schaffen. Tipps, mit denen Sie Bienen helfen können.

Wie funktioniert insektenfreundliches Mähen?

Es bringt nichts, im Mai aufs Mähen zu verzichten, dann aber allwöchentlich den Rasen wieder kurz zu halten. Tipps, die Sie bei der Rasenpflege beachten können: 

  • Am besten solle man eine Sense nutzen und "die Mähintervalle strecken", rät der LBV.
  • Es empfehle sich, abschnittweise vorzugehen: Wenn erst ein Gartenabschnitt gemäht werde, erhalte man andere Teile des Gartens als Rückzugsräume für die Tiere.
  • Schnittgut sollte nicht auf den Flächen liegen gelassen werden.
  • Ein Rasenmäher-Roboter sei keine geeignete Alternative, da dieses Gerät Igel verletzen oder Insekten schädigen könne. Neben den Insekten und den Wildblumen profitiere auch der Boden vom höheren Gras. Die Erde bleibe feuchter und trockne in heißen Sommern nicht so rasch aus.
  • Wer dennoch Sorge um die Ordnung im Garten hat, für den hat der LBV auch einen Tipp: Wenn Wege und Ränder freigeschnitten würden, wirke der Garten trotzdem aufgeräumt.

Übrigens: Wenn sich Wildkräuter und Wiesenblumen nicht von allein breit machen, können Sie selbstverständlich nachhelfen: Hacken Sie den Rasen auf und säen Sie Wiesenblumen Ihrer Wahl aus.

Kaufen Sie keine billigen Samenmischungen, diese enthalten oft keine expliziten Wiesenblumen, sondern einjährige Ackerwildblumen, die zwar im ersten Sommer wunderschön aussehen, im zweiten Jahr aber nicht mehr blühen. Auch eine schöne Idee: Samenbomben selber machen und in den Garten werfen.

Wenn Sie Ihre Wiese düngen möchten, sollten Sie nur organischen Dünger verwenden und auf Pestizide verzichten.

Hier erfahren Sie, wie Sie Ihren braven Rasen in eine farbenfrohe, wilde Blumenwiese verwandeln.

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