Massenaussterben: Haben Sternexplosionen das Leben auf der Erde zweimal fast ausgelöscht?
Ein, zwei, krawumms: Eine Statistik lässt darauf schließen, dass zwei der massenhaften Artensterben auf der Erde eine kosmische Ursache haben könnten

Ein, zwei, krawumms: Eine Statistik lässt darauf schließen, dass zwei der massenhaften Artensterben auf der Erde eine kosmische Ursache haben könnten
Das Leben auf der Erde stand immer wieder auf der Kippe: Insgesamt fünf Ereignisse massenhaften Artensterbens zählen Forscher seit der Entstehung komplexer Lebensformen vor etwa 540 Millionen Jahren. Zumindest zwei davon könnten auf das Konto naher Sternexplosionen gehen, argumentieren drei Astrophysiker aus Großbritannien. Das Team hat eine genaue Zählung eines bestimmten Typs von Sternen durchgeführt, aus der sich die Häufigkeit von Sternexplosionen berechnen lässt. Im Durchschnitt alle 400 Millionen Jahre könnte demnach eine solche Supernova in gefährlicher Nähe zur Erde stattgefunden haben, so das Forschertrio im Fachblatt "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society".
Das bekannteste Massenaussterben fand vor 66 Millionen Jahren statt und beendete das Zeitalter der großen Dinosaurier. Etwa 70 Prozent aller Arten starben damals aus. Ursache der Katastrophe war, da sind sich die Wissenschaftler heute einig, der Einschlag eines großen Asteroiden auf der mexikanischen Yukatan-Halbinsel. Doch für die anderen vier Ereignisse massenhaften Artensterbens sind die Auslöser bislang umstritten. Neben irdischen Auslösern wie dem Ausbruch von Supervulkanen und Klimakatastrophen spekulieren Forscher immer wieder auch über kosmische Ursachen wie explodierende Sterne.
Zu solchen Supernovae kommt es, wenn massereiche Sterne ihren nuklearen Energievorrat ausgeschöpft haben und unter ihrem eigenen Gewicht kollabieren. Dabei schleudert der sterbende Stern in einer gewaltigen Explosion seine äußeren Schichten ins Weltall hinaus. Auf diese Weise können Supernovae sowohl die Entstehung von Leben fördern als auch das Leben bedrohen, erläutern Alexis Quintana und seine Kollegen von der Keele University. "Supernovae transportieren schwere Elemente ins Weltall", so Quintana, darunter Sauerstoff und Kohlenstoff, die essenziell für Lebewesen sind.
"Aber wenn ein Planet wie die Erde sich zu nahe an der Supernova befindet, kann ihre Wirkung zerstörerisch sein", so der Forscher weiter. Findet die Explosion näher als etwa 65 Lichtjahre an der Erde statt, so kann die starke Strahlung der Sternexplosion die Ozonschicht auflösen und damit das Leben auf der Oberfläche der schädlichen ultravioletten Strahlung der Sonne aussetzen.
Tatsächlich gibt es für zwei Massenaussterben Hinweise auf ein Verschwinden der schützenden Ozonschicht: für das Kellwasser-Ereignis vor 372 Millionen Jahren, benannt nach Kalksteinschichten im Kellwassertal im Harz, bei dem 70 Prozent aller Spezies verschwanden, und für das Ordovizische Massenaussterben vor 445 Millionen Jahren, bei dem 60 Prozent der damals noch hauptsächlich auf die Meere beschränkten Lebensformen ausstarben.
Grund genug für Quintana und seine Kollegen, der Frage nachzugehen, ob es in den vergangenen 550 Millionen Jahren überhaupt Supernovae in der Umgebung unseres Sonnensystems gegeben haben könnte. Dazu haben sie sogenannte OB-Sterne im Umkreis von 3.260 Lichtjahren gezählt. OB-Sterne sind massereich und ermöglichen daher eine Vorhersage der Häufigkeit von Sternexplosionen.
"Wir haben damit die Zahl der Supernovae nahe der Erde berechnet", erklärt Quintanas Kollege Nicholas Wright. "Sie ist in guter Übereinstimmung mit der Anzahl der Massenaussterben-Ereignisse, die auf Sternexplosionen als Ursache hindeuten."
Aktuell müssen wir auf der Erde keine Katastrophe durch eine Supernova befürchten. Lediglich zwei Sterne in der näheren Umgebung könnten innerhalb von etwa einer Million Jahren explodieren: Antares im Skorpion und Beteigeuze im Orion. Mit 600 und 550 Lichtjahren sind beide Sterne aber immer noch so weit entfernt, dass ihre Explosion keine Gefahr für das Leben auf der Erde darstellen würde.