Kurzzeittherapie mit Oskar Holzberg : "Uns fehlt die Freundlichkeit im Umgang mit uns selbst"

Das Leben ist oft ganz schön kompliziert. Zum Glück müssen wir da nicht allein durch. Diesmal: Beziehungstherapeut Oskar Holzberg über die Kunst, freundlich zu uns selbst zu sein.

Apr 12, 2025 - 19:42
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Kurzzeittherapie mit Oskar Holzberg : "Uns fehlt die Freundlichkeit im Umgang mit uns selbst"

Das Leben ist oft ganz schön kompliziert. Zum Glück müssen wir da nicht allein durch. Diesmal: Beziehungstherapeut Oskar Holzberg über die Kunst, freundlich zu uns selbst zu sein.

Worum geht’s: Raimund hat Vicky versprochen, an den Wochenenden nicht mehr endlos in seinen Videospielen zu verschwinden. Doch als sie vom Samstagvormittag-Einkauf zurückkommt, klebt er wieder vorm Bildschirm. Vicky reagiert wütend und enttäuscht. Raimund versteht ihre Wut. Er fühlt sich schlecht, zieht sich einsilbig zurück. Und Vicky bleibt auch ohne Videospiel allein zurück.

Der richtige Umgang mit Vorwürfen

Selbstzweifel und Selbstvorwürfe kennt jede und jeder. Wie bei Raimund sind sie häufig gerechtfertigt. Und erscheinen notwendig, damit wir unser Verhalten verändern. Doch Vorwürfe sind nicht hilfreich. Denn sie enthalten immer die Botschaft, dass etwas mit uns nicht stimmt, dass wir falsch sind. Vorwürfe klagen an. Sie motivieren nicht, sondern erzeugen Schuldgefühle und untergraben unser Selbstwertgefühl. Und so verständlich und inhaltlich angemessen eine Kritik auch sein mag, es ist destruktive Kommunikation, der wir uns nicht ausliefern sollten.

Innere Kommunikation als Schlüssel zum Glück

Dass wir wenig bei unseren Mitmenschen erreichen, wenn wir sie herunterputzen, hat sich bei Eltern, Partnern und Chefinnen herumgesprochen. Doch in der inneren Kommunikation mit uns selbst bleiben wir viel zu häufig entwertend, anklagend und vorwurfsvoll. Uns fehlt die Freundlichkeit im Umgang mit uns selbst.

"Selbstfreundlichkeit" beschreibt eine andere Art und Weise, wie wir innerlich mit uns sprechen können. Raimund beschimpft sich als beziehungsunfähigen Versager. Er befürchtet, dass Vicky ihn verlässt, wenn er sich nicht ändert. Dabei ist er so verachtend sich selbst gegenüber, wie schlechte Eltern mit ihren Kindern.

Raimund würde sich viel besser fühlen, wenn er verständnisvoll mit sich umginge. Und er hätte weitaus bessere Chancen, Vicky nicht erneut zu enttäuschen. Denn sobald wir uns mit uns selbst gut fühlen, motiviert uns das. Sobald wir uns aber runtermachen und uns schlecht fühlen, resignieren wir eher.

Der Weg zur Selbstfreundlichkeit

Wir können lernen, selbstfreundlicher zu uns zu sein. Indem wir beobachten, wie wir auf Missgeschicke reagieren, auf Situationen, in denen wir von uns selbst enttäuscht sind. Sind unsere inneren Stimmen dann freundlich? Oder werden sie hart und verurteilend? Wenn wir besser auf unsere inneren Dialoge achten, dann sind wir unseren inneren Kritiker*innen nicht mehr so ausgeliefert. Dann können wir vernichtende Stimmen zurückweisen und sie auffordern, verständnisvoller mit uns zu reden. Wir können stattdessen wie gute Freunde zu uns sprechen.

Selbstfreundlichkeit können wir gar nicht hoch genug einschätzen. Denn wie wir mit uns umgehen, so gehen wir ja auch mit anderen um. Selbstfreundlichkeit ist also kein Ego-Trip, sondern extrem wichtig für all unsere (Liebes-)Beziehungen.