Die Frau, die weiß, was schöne Haut braucht: Dr. Yael Adler im Interview
Dr. Yael Adler ist Deutschlands bekannteste Dermatologin, Ernährungsmedizinerin – und unsere Expertin im neuen BRIGITTE-Kurs. Mit Alexandra Busse-Richter sprach sie über Anti-Aging, ganzheitliche Pflege und das Detektivische an ihrem Job.

Dr. Yael Adler ist Deutschlands bekannteste Dermatologin, Ernährungsmedizinerin – und unsere Expertin im neuen BRIGITTE-Kurs. Mit Alexandra Busse-Richter sprach sie über Anti-Aging, ganzheitliche Pflege und das Detektivische an ihrem Job.
Frau Dr. Adler, als Dermatologin beschäftigen Sie sich seit Jahrzehnten tagtäglich intensiv mit der Haut und können auch sehr leidenschaftlich und unterhaltsam von ihr erzählen. Was fasziniert Sie so sehr?
DR. YAEL ADLER: Sie ist das größte Organ, das wir haben, das mit den meisten Funktionen. Die Haut produziert zum Beispiel 30 Hormone. Das kann kein anderes Hormonorgan. Mit ihrem großen Netzwerk an Nerven lässt sie uns Berührungen, Vibrationen, Schmerz, Hitze und Kälte fühlen und tasten. Sie ist aber nicht nur für alles Äußerliche erreichbar, sondern auch für alles Innerliche: Sie wird von der Gesundheit der Organe, des Bluts, der Darmflora beeinflusst, von unserer Sexualität, unserer Psyche – und beeinflusst umgekehrt diese Bereiche auch. Einerseits ist sie eine Barriere, die uns schützt, andererseits ein Gefäß, das alles mit einschließt. Das finde ich unglaublich faszinierend! Für mich ist die Dermatologie deshalb vor allem eine detektivische Fachrichtung: Ich entdecke etwas an der Haut und muss mir analytisch und mit großem Blick überlegen, woher kommt das Problem denn jetzt?
In unserem gemeinsamen Kurs "BRIGITTE Skin-Code – in 28 Tagen zu strahlender und jüngerer Haut" sagen Sie, der Schlüssel zu schöner Haut sei, gut über sie Bescheid zu wissen. Warum ist das so wichtig?
"Wer die Bedürfnisse der Haut kennt, kann sie besser pflegen"
Wenn ich verstehe, wie die Haut aufgebaut ist, wie sie arbeitet, welche Bedürfnisse sie hat, dann kann ich sie besser respektieren und auch besser pflegen. Wer informiert ist, fällt nicht auf jedes Verkaufsversprechen rein und kann auch ohne Arzt und Apotheker sehr viel erreichen. Ich erlebe immer wieder, dass Patienten in meine Praxis kommen und sagen "Der Termin ist eigentlich obsolet, weil ich schon viele Ihrer Tipps umgesetzt habe, die Entzündungen sind bereits abgeheilt, mein Spannungsgefühl ist weg." Und das macht mich glücklich. Denn das Wissen über unsere Haut und unseren Körper im Allgemeinen sollte ein Grundrecht jedes Menschen sein und kein Herrschaftswissen der Ärzte.
© Yulia Petrova
Und wie häufig kommen Menschen in Ihre Praxis, die sich falsch gepflegt und deshalb Hautprobleme entwickelt haben?
Etwa 20 Prozent meiner Patienten und Patientinnen haben eine kranke oder eine aus der Balance geratene Haut durch zu viel oder nicht passende Pflege. Es gibt sehr gute Kosmetikprodukte, aber eine Überfrachtung damit führt häufig zu Unverträglichkeiten. Das gilt für die Menge an Pflege, aber auch für die Inhaltsstoffe. Die schützende Hautbarriere besteht zum Beispiel unter anderem aus einer Fettschicht, und die wollen wir dort auch haben. Wir wollen uns also nicht die ganze Zeit entfetten. Genau das tun wir aber, etwa mit zu aggressivem und zu häufigem Reinigen.
Sie sind im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Anti-Aging Medizin. Macht einen die häufige Beschäftigung mit dem Altern eher ent- oder eher angespannter?
Es geht dabei ja vor allem um gesundes Altern und gesunde Langlebigkeit. Aber ich bin an sich schon ein kleiner Hypochonder und habe die Medizin als Beruf gewählt, weil ich Angst vor Krankheiten und dem Tod habe. Ich dachte, vielleicht lerne ich als Ärztin die richtigen Tricks, mit denen ich möglichst lange gesund und jung bleibe.
Hat’s geklappt?
Ja, tatsächlich: Die Wissenschaft hat mir gezeigt, dass meine Gesundheit und wie ich altere nur zu etwa zehn bis 30 Prozent von meinen Genen beeinflusst werden. Bis zu 70 Prozent ist dafür mein Lebensstil verantwortlich – inklusive der Umweltfaktoren natürlich. Damit wird doch klar, dass man sehr viel selbst in der Hand hat. Und auch ungünstige Gene lassen sich bis zu einem gewissen Grad neutralisieren, etwa durch die richtige Ernährung.
"Wie ich altere, hängt bis zu 70 Prozent von meinem Lebensstil ab. Wir haben also viel selbst in der Hand"
Als Ernährungsmedizinerin sind Sie da natürlich Profi. Welche Rolle spielt denn das, was wir zu uns nehmen, bei der Behandlung von Hautproblemen?
Eine große! Wie ich vorhin schon gesagt habe: Letztlich sind bei der Dermatologie auch alle anderen Bereiche des Körpers von Bedeutung, weshalb es mir wichtig war, dass wir uns im BRIGITTE-Hautkurs nicht nur auf die Pflege von außen beschränken. Geht es etwa dem Darm nicht gut, geht es auch der Haut nicht gut – sie haben dasselbe vegetative Nervensystem. Nervenbotenstoffe, beziehungsweise Entzündungsstoffe, die im Darm freigesetzt werden, können auch zur Haut schwimmen. Wenn jemand einen Magenkeim hat, kann das Hautkrankheiten wie Rosazea triggern. Diese ganzheitlichen Effekte beobachte ich an vielen Stellen. Kollagen wirkt zum Beispiel als Nahrungsergänzung unterstützend bei der Therapie von Haarausfall. Deshalb habe ich es bei mir ins Programm aufgenommen. Meine Patienten stellten aber außerdem fest, dass ihre Reibeisenhaut viel besser geworden ist. Kollagen hat nämlich auch einen befeuchtenden Effekt auf die Haut.
© Thomas Schulze
Ist die richtige Ernährung womöglich sogar wichtiger als die Pflege von außen?
Beides ist wichtig. Bei der Pflege von außen geht es vor allem darum, die Barriere zu erhalten. Und das kann eine gute Hautpflege. Außerdem kann man Wirkstoffe über die Haut aufnehmen, die dann direkt vor Ort wirken. Aber einige können auch Allergien auslösen oder die Haut aufquellen lassen, was zu vergrößerten Poren und zu Pickelchen führt. Deshalb ist es wichtig zu wissen, welche Hautpartie was und wie braucht. Und was meine Haut individuell in welchem Alter oder auch bei unterschiedlichem Klima braucht. Bei der Pflege von innen geht es dagegen vor allem um den Aufbau und den Stoffwechsel der Haut. Man liefert ihr Makronährstoffe, Kohlenhydrate, Eiweiße, Fette und Wasser. Und eben auch Vitamine, Spurenelemente, Mineralien, Pflanzenstoffe und Omega-Fettsäuren.
Ernährung, Kosmetik: Gibt’s noch andere Faktoren, die wirklich wesentlich für einen hautgesunden Anti-Aging-Lifestyle sind?
Schutz vor UV-Strahlung, aber auch weniger Stress, ausreichend Schlaf. Nicht rauchen und möglichst wenig Alkohol. Und Sport – am besten täglich und möglichst abwechslungsreich. Der Körper will und braucht Reize. Wer nicht geübt ist, sollte sich aber langsam herantasten, fordern, nicht überfordern.
All das zusammen verlangt schon eine gewisse Disziplin ... Wie integrieren Sie gesunde Gewohnheiten in Ihren Alltag?
Sport treibe ich täglich, das macht mir einfach Spaß. Und beim Kochen setze ich auf einfache Gerichte mit viel Gemüse. Ich mache mir zum Beispiel sehr gerne einen Salat mit Kichererbsen oder weißen Bohnen für die Proteine. Das ist lecker, ausgewogen und nicht kompliziert.