Vertrauen im Team ist die Grundlage, wenn ein Unternehmen in unsicheren Zeiten erfolgreich auf Reisen gehen will. Wenn niemand weiß, wie es hinter der nächsten Wegbiegung aussieht. Wenn Zielvorstellungen morgen schon überholt sein können. Das geht nur mit einer „Reisegruppe“, auf die man sich verlassen kann. Mit Menschen, die in der Gruppe jederzeit passende (Führungs-)Rollen und Aufgaben übernehmen, damit es gemeinsam gut geht. Denen wir vertrauen.
Kein Vertrauen zum Chef – das sind die Ursachen
Vertrauen ist daher in Unternehmen einer der wichtigsten und langfristig wirksamen Erfolgsfaktoren. Doch in vielen Firmen ist besonders das Vertrauensverhältnis zum Chef gestört. Das Team hat kein Vertrauen zum Chef – bzw. andersherum: die Chefin oder der Chef hat kein Vertrauen in Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Vertrauen wird immer wieder leichtfertig verspielt. Die folgenden Methoden, Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu vernichten, haben wir in unserer Beratungsarbeit als besonders wirksam erlebt.
1. Mangelnde Offenheit und Transparenz
Verschlossene Führungskräfte haben ein Problem: Sie müssen ständig auf der Hut sein, was sie veröffentlichen wollen. Wenn es an „ihr Verschlossenes“ geht, argumentieren sie umständlich, nebulös, genervt. Das kostet Kraft und Glaubwürdigkeit. Wir erleben in unserem Beratungsalltag auch Führungskräfte, die Zurückhaltung von Informationen als hierarchisches Prinzip sehen. Oder solche, die im Kreise kritischer Menschen schlicht Angst vor Nachfragen und eigener Sprachlosigkeit haben. Die Mitarbeiter bleiben mit dem Gefühl zurück: Der Chef vertraut mir nicht.
So geht’s besser:
Du solltest keine Information verschließen, um sie häppchenweise herauszulassen. Schaffe totale Transparenz. Das ist Voraussetzung dafür, dass die Menschen in der Organisation verantwortlich handeln können. Die heutige Welt ist zu komplex, um Informationen zuzuteilen. Und wenn du etwas nicht sagen darfst, weil du zum Beispiel sonst eine Verhandlung gefährden würdest? Dann mach auch das transparent: Sag, dass du noch nichts sagen darfst, und bitte die Mitarbeiter um Vertrauen.
2. Unklare Werte und Prinzipien
Wenn die Führungsebene Werte nur unklar formuliert oder unpersönlich hält, führt das bei den Mitarbeitern zwangsläufig zu Rätselraten, vermeintlichem Fehlverhalten und Konflikten. Denn: Sie können nur erahnen, worauf es ihrer Führungskraft ankommt. Noch schlimmer ist es, wenn sie das Gefühl haben: Ihr Arbeitgeber sucht nach Fehlern.
So geht’s besser:
Klar geäußerte persönliche Werte schaffen Vertrauen im Team. Vereinbarte Prinzipien schaffen Verhaltenssicherheit – wenn sie auf allen Ebenen spürbar und vorbildlich ernst genommen werden: Wenn auch der Seniorchef beim Werksrundgang den Helm aufzieht. Wenn er kritisch-konstruktive Rückfragen ehrlich und sichtbar wertschätzt.
Daher: Sprich über deine persönlichen Werte und Gefühle. Sag, was dich ärgert und worüber du dich freust. Vereinbare Prinzipien für die Führung und Zusammenarbeit im Unternehmen. Und vor allem: Gehe mit gutem Beispiel voran. Schreite zum Beispiel sofort ein, wenn jemand in einem Meeting respektlos ist. Setze klare Zeichen.
3. Willkürliches Verhalten
Verspätung im Meeting, Nichteinhalten von Zusagen – all das geht gar nicht, weder bei Chefs noch bei Mitarbeitern. Willkürliches Verhalten löst Unsicherheit aus und verschwendet Ressourcen. Als Machtdemonstration ist das obendrein lächerlich und von den Mitarbeitern längst durchschaut. Wenn das Vertrauen weg ist, lässt es sich nur schwer wiederherstellen.
So geht‘s besser:
Insbesondere agile Organisation setzen darauf, dass formulierte Praktiken für lebendige Informationsplattformen, dezentrale Entscheidungsfindung und kollegiale Konflikthandhabung zuverlässig gelebt werden. Ohne Ausnahme, auf allen Ebenen, in allen Bereichen. Wenn unsere dynamische Zeit schnelles Handeln erfordert, sind pünktliches Erscheinen und disziplinierte Meetings ein Muss.
4. Desinteresse vom Chef
Jede hierarchische Ebene tickt anders und hat mit sich selbst zu tun. Beim Mitarbeiter schleicht sich so schnell das Gefühl ein, dass er und seine Arbeit nicht wertgeschätzt und austauschbar werden. Wie soll er auch Vertrauen in eine Führung aufbauen, der er egal ist?
So geht’s besser:
Denk daran, dass es deine Mitarbeiter sind, die das Unternehmen erfolgreich machen. Organisation und Führung sind dazu da, das bestmöglich zu unterstützen. Schaffe Gelegenheiten für Kontakt und Austausch mit deinen Leuten. Geh in Projektmeetings und hör zu; sei wohlwollend und respektvoll, auch wenn du mal intervenieren musst. Beziehe die Menschen in Veränderungen ein, profitiere von ihren Erfahrungen und ihren Erwartungen.
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5. Mitarbeiter als Kostenfaktoren
Viele Mitarbeiter haben das Gefühl, dass sie vor allem als Kostenfaktoren betrachtet werden oder als „Humankapital“. Menschen wollen aber nicht nur Personalnummer und Budgetposten sein. Menschen schaffen den Erfolg. Dafür muss die Führung ihnen vertrauen – und sie müssen der Führung vertrauen. Und Vertrauen gibt es nur zwischen Menschen – nicht zwischen Kostenstellen.
So geht’s besser:
Jeder Mensch hat wertvolle Eigenschaften und die Motivation, zum Erfolg beizutragen. Dazu möchte er sich verbunden fühlen. Sprich die Mitarbeiter persönlich und namentlich an. Binde sie mit Anerkennung ihrer Erfahrungen und Fähigkeiten ein. Unterscheide Kostenfaktoren (Material) und Menschen (Andy, Petra) ausdrücklich.
6. Mangelnde Empathie
Menschen haben Hoffnungen, Ängste und Probleme – beruflich und privat. Berufliche Probleme können zum Beispiel aus mangelnder Qualifikation und Motivation oder aus schlechter Zusammenarbeit entstehen. Private Probleme können sich zu beruflichen auswachsen, wenn sie die Menschen auch in der Arbeitszeit nicht loslassen. „Mach dein Problem nicht zu meinem Problem“ ist ein schlechter Rat, wenn das Unternehmen darunter leidet.
So geht’s besser:
Probleme wollen wirklich verstanden werden, sonst wird an Symptomen herumgedoktert. „Follow the smoke to find the fire“ kann lebensrettend für ein Unternehmen sein. Empathie ist nicht dazu da, einfach nur nett zueinander zu sein, sondern Motivationen und Hindernisse ehrlich zu verstehen und gemeinsam Problemlösungen anzugehen. Solches Herangehen gelingt nicht nur besser, sondern unterstützt auch die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Und es erübrigt Kontrollverfahren, die durch das Misstrauen in menschliches Verhalten geprägt sind.
7. Floskeln statt Vertrauen
Manche Floskeln erklären die Welt des Chefs: „Der Kessel muss immer unter Dampf stehen.“ Oder: „Die Zeit ist unser Feind.“ Diese Einsichten haben wir bisher in unserer Organisationsarbeit nicht als hilfreich erlebt. Andere Floskeln sollen hingegen aufmuntern: „Der Mitarbeiter steht im Mittelpunkt.“ „Wir müssen eine Extrameile gehen.“ Oder: „Das Engagement aller ist nötig, noch ein Jahr harte Arbeit.“
Und dann? Meistens geht es danach genauso weiter. Als Führungskraft verlierst du mit solchen Floskeln deine Glaubwürdigkeit. Erstens, weil die Floskeln meistens nicht stimmen. Und zweitens, weil du es anscheinend nicht für nötig hältst, spezifischer auf die Bedürfnisse deiner Mitarbeiter einzugehen.
So geht’s besser:
Vermeide jede Art von Floskeln und überlege, was du wirklich sagen willst. Gib dir Mühe und beschreibe die Situation des Unternehmens, welches Zielbild du für dein Unternehmen siehst und welche Schritte konkret anstehen. Sag nicht Binsenweisheiten wie: „Digitalisierung wird 50 Prozent der Arbeitsplätze kosten“, sondern mit welchen Fragen du dich beschäftigst: „Wie können wir die Digitalisierung so angehen, dass wir weiterhin ein vertrauenswürdiger Arbeitgeber für alle im Team sein werden?“
8. Modebegriffe und Abkürzungen
KPI, Digitalstrategie, Change, HR, Business Partner – alles klar? Abkürzungen und Modebegriffe überschwemmen die Unternehmen, meistens von der Führungsebene und ihren strategischen Beratern vorgetragen. Oft ohne wirkliche Erklärung, und die Mitarbeiter trauen sich nicht nachzufragen. So passiert es leicht, dass die Begriffe unterschwellig mit individuellen Deutungen, Hoffnungen und Befürchtungen gekoppelt werden. Oder es wird unterstellt, dass das Topmanagement auch nicht weiß, wovon es da redet. Das alles ist der Glaubwürdigkeit nicht zuträglich.
So geht’s besser:
Beschäftige dich mit Begriffen und Abkürzungen. Was sollen sie für das Unternehmen bedeuten? Das lohnt sich, denn du werden dabei feststellst, dass du und deine Führungsleute mitunter aneinander vorbeireden und ihr alles im Ungefähren lasst. Vertrauen im Team entsteht auch daraus, dass du weißt, worüber du redest.
9. Vertrauensbruch durch üble Storys
Storys zum Beispiel über unfair behandelte Mitarbeiter erschüttern das Vertrauen im Team erheblich:
„Von heute auf morgen freigestellt trotz engagierter Arbeit über 25 Jahre.“
„Bauernopfer nach Management-Versagen.“
„Andere Kollegin wegen Parteibuch bevorzugt.“ Und so weiter.
Das Problem: Storys lassen sich schnell und spannend erzählen, sie befriedigen unser Bedürfnis nach den kleinen Sensationen im täglichen Allerlei. Doch sie sorgen auch dafür, dass Mitarbeiter kein Vertrauen zum Chef mehr haben.
So geht’s besser:
Sorge für gute und ehrliche Storys. Agiere so, dass sich Menschen an dein anständiges Verhalten erinnern. Ohne Authentizität geht das nicht. Dann wirst du als glaubwürdig wahrgenommen – und Vertrauen entsteht.
10. Narzissmus
Der Narzisst hält sich selbst für eine wunderbare Symbiose. Er vertraut am liebsten sich selbst. Eigentlich notwendige Selbstreflexion tangiert ihn nur peripher, Kritik von außen kann er nicht ab. Insofern findet er auch, dass Feedback und Journalismus Teufelswerk sind.
In unserer Beratungspraxis beobachten wir, wie Mitarbeiter von Narzissten leiden. Ihnen fehlt Zuwendung und Empathie und sie verzweifeln an den bizarren Entscheidungen ihres Chefs. Aus Sicht des Narzissten sind die Mitarbeiter daran aber selbst schuld.
So geht’s besser:
Echten Narzissten ist kaum zu helfen. Ziehe deshalb deine persönlichen Schlussfolgerungen, wie du damit umgehen willst.
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