US-Zölle: Babor-Chef: „Seit Trumps Wahl haben wir mehr Waren in die USA verschifft“

Die deutsche Kosmetikfirma Babor hat große Pläne in Amerika. Doch die Zölle Donald Trumps gefährden das Geschäft. Deshalb hat Babor zwei zusätzliche Container mit Tiegeln und Ampullen in die USA geschickt

Apr 7, 2025 - 09:36
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US-Zölle: Babor-Chef: „Seit Trumps Wahl haben wir mehr Waren in die USA verschifft“

Die deutsche Kosmetikfirma Babor hat große Pläne in Amerika. Doch die Zölle Donald Trumps gefährden das Geschäft. Deshalb hat Babor zwei zusätzliche Container mit Tiegeln und Ampullen in die USA geschickt

Seit drei Generationen ist der Kosmetikhersteller Babor aus Aachen im Geschäft mit der Schönheit. Heute beschäftigt das Unternehmen rund 1000 Menschen und setzte vergangenes Jahr 260 Mio. Euro um. Isabel Bonacker lenkt die Babor Beauty Group aus dem Verwaltungsrat. Tim Waller ist einer von drei Geschäftsführern. Das Interview geben die beiden gemeinsam, er ist aus New York zugeschaltet.

Capital: Herr Waller, seit Monaten wird über die US-Zölle diskutiert und spekuliert. Nun hat Präsident Trump angekündigt, 20 Prozent Zoll auf Importe in die USA aus der Europäischen Union zu erheben. Wie haben Sie sich auf diese Situation vorbereitet?
TIM WALLER: Wir haben uns unsere Bestände in den USA angeguckt. Dort haben wir zwei Lager: Eins in Memphis in Tennessee und eins in Detroit nahe der kanadischen Grenze. Damit decken wir die gesamten USA innerhalb von zwei Tagen ab. Seit der Wahl Trumps haben wir mehr Waren in die USA verschifft, das waren zwei zusätzliche Container, und haben uns bei unseren Bestsellern für neun Monate bevorratet. Damit kommen wir also bis Ende des Jahres gut hin. 

Wie wichtig ist der US-Markt für Sie?
WALLER: Das ist für uns ist ein sehr, sehr wichtiger und interessanter Markt. Wir machen dort 15 Prozent unseres Umsatzes. Und vor allem: Wir haben große Ambitionen in den USA. Bis zu Trumps Ankündigung war es weltweit der dynamischste Markt in der Premium-Hautpflege. Wir sind in den USA in den letzten Jahren durchschnittlich zweistellig gewachsen. In Europa haben wir eher eine Stagnation erlebt. Die Amerikaner geben sehr gerne Geld für die Schönheit aus, und es geht immer mehr in Richtung High-Performance-Produkte. Da passt die Marke Babor sehr gut rein.

Wie hart treffen die Zölle die Babor-Gruppe?
WALLER: Wir haben nach wie vor große Ambitionen in den USA. Aber wir müssen jetzt erstmal durchatmen und schauen, was passiert. Ich bin gerade auf einem Branchentreffen in New York. Alle hier hoffen, dass Trumps Ankündigungen nur der Beginn von Verhandlungen sind – und nicht so stehen bleiben werden. Falls doch, werden wir das allerdings sehr deutlich spüren.

Frau Bonacker, werden Sie die Preise erhöhen?
ISABEL BONACKER: Die Frage ist ja immer: Wie viel schluckt man und zieht es von der Marge ab? Was gibt man an Preiserhöhungen weiter? Die angekündigten 20 Prozent können wir sicher nicht so schlucken, die müssen wir zumindest teilweise weitergeben.

Könnten Sie Ihre Produkte auch in den USA abfüllen lassen?
BONACKER: Darüber haben wir nachgedacht. Es ist Teil der Diskussion, zumindest einen Teil der Wertschöpfung in die USA zu verlagern. Dann würden wir die Cremes und die Lotionen in Deutschland herstellen und in den USA abfüllen lassen. Der Zollwert wäre dann geringer. Aber wir fühlen uns eigentlich sehr wohl damit, die Wertschöpfungskette zu 100 Prozent in der eigenen Hand zu behalten. Eine Abfüllung in den USA wäre also nur die zweit- oder drittbeste Lösung.

Und wäre es denkbar, eine komplette Produktion in den USA aufzubauen?
BONACKER: Damit würden wir uns sehr schwertun. Wir wollen die Qualitätsthemen nah bei uns behalten. Deswegen haben wir 60 Mio. Euro investiert und 2023 in Eschweiler unsere neue Fabrik, das Babor Beauty Cluster, eröffnet. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, zum Beispiel nach Osteuropa zu gehen. „Made in Germany“ ist Teil unseres Markenkerns und funktioniert sehr gut – auch im Ausland.

Zieht „Made in Germany“ denn in den USA noch als Qualitätsmerkmal? Präsident Trump spricht von der EU schließlich als „Übeltäter“ und schimpft immer wieder über Deutschland. Verfängt diese Erzählung?
WALLER: Das sehen wir ehrlich gesagt nicht. Auf der politischen Ebene ist die Diskussion hier sehr erhitzt, aber das schlägt nicht zu uns runter. Wir sind nicht Tesla mit Herrn Musk, sondern wir verkaufen deutsche Kosmetik. Die ist nach wie vor sehr gut angesehen.

Die Zölle sind ja seit Monaten Thema. Haben Ihre amerikanischen Kundinnen sich bevorratet, weil sie fürchteten, dass ihre Hautcreme aus Deutschland demnächst teurer wird? 
WALLER: Die typische Amerikanerin ist nicht so eng an den internationalen Nachrichten, wie wir das in Deutschland gewohnt sind. Ich glaube nicht, dass die meisten das Thema schon mitbekommen haben oder ernst nehmen. Wir hatten ja immer die Hoffnung, dass die Kosmetik teilweise ausgenommen oder verschont wird, und dachten, politisch ist das Zeichen größer, wenn man sich mehr auf die Schwerindustrie beschränkt. Das ist jetzt nicht der Fall.

Haben Sie Befürchtungen, dass Ihre Händler, zum Beispiel in Day Spas in Hotels, Babor durch amerikanische Marken ersetzen?
WALLER: Das würde zumindest dauern. Zum einen haben wir uns Vertrauen aufgebaut. Zum anderen wechselt man gerade im Profibereich nicht mal eben so schnell. Das ist mit Investitionen verbunden. Man muss das komplette Team auf neue Produkte und neue Behandlungen schulen. Wir gehen davon aus, dass das nur im äußersten Fall passiert. 

Die Preise in den USA werden durch die Zölle steigen. Werden die Menschen dann wirklich noch Geld für teure Hautseren ausgeben? Wie war das in anderen Krisen? 
WALLER: Kurzfristig gehen wir davon aus, dass es eine Zurückhaltung geben wird, langfristig ist in der Beauty der Luxusbereich immer sehr resilient. 

BONACKER: Wir haben in solchen Zeiten auch unser Handelsmarken-Geschäft. Wir sind ja nicht nur mit der Marke Barbor aufgestellt, sondern produzieren für Drogerien und Supermärkte auch Eigenmarken. Das ist ein Geschäft, das in Krisenzeiten besonders gut läuft.

In den letzten Wochen wurden vermeintliche Gewissheiten im Verhältnis zwischen den USA und Europa erschüttert. Wie sehr glauben Sie als deutscher Mittelständler noch an den Zukunftsmarkt USA? 
BONACKER: Wir exportieren seit Ende der 80er Jahre in die USA, seit Ende der 90er Jahre haben wir dort eine Tochtergesellschaft, das ist mehr als ein Vierteljahrhundert. Da werden wir uns sicher nicht so schnell abschrecken lassen. Aber natürlich muss man immer gucken: Wenn dort der Umsatz nicht kommt, wo kommt er dann? Knapp die Hälfte unseres Umsatzes machen wir in Deutschland, Österreich und der Schweiz, in China etwa fünf Prozent. Es gibt große Kosmetikmärkte, in denen wir noch gar nicht mitspielen, zum Beispiel Großbritannien oder Indien. Das ist also noch viel Potenzial, und wir sind da noch sehr gelassen.

Wie werden Sie in den nächsten Wochen mit der Situation in den USA umgehen?
WALLER: Wir bleiben nah dran und prüfen, wie eine Teilverlagerung aussehen könnte. Aber nicht mit oberster Priorität. 

BONACKER: Ich würde mir auch ein starkes Zeichen aus der deutschen Politik wünschen.

Was genau meinen Sie damit?
BONACKER: Ich möchte den Koalitionären, die gerade miteinander verhandeln, den Auftrag mitgeben, dass sie ihre Aufgabe ernst nehmen, die Wettbewerbsfähigkeit hier im Land zu stärken. Wir haben ja schon Themen wie Arbeitskräftemangel und Energiepreise. Es darf jetzt nicht darum gehen, dass bei den Koalitionsverhandlungen jeder seine Wunschliste durchsetzt, sondern die Stärkung der Unternehmen in Deutschland muss im Vordergrund stehen, zum Beispiel durch eine Senkung der Unternehmenssteuern – gerade in Zeiten, in denen es geopolitisch schwierig ist und so etwas wie die Zölle noch on top kommt.