PSG-Arsenal: Sieht so die Zukunft des Fußballs aus? Und was werden die Schlüssel fürs Rückspiel?

   Das Hinspiel des Champions-League-Halbfinals zwischen dem FC Arsenal und Paris Saint-Germain war ein Duell auf höchstem taktischem Niveau. Beide Mannschaften begegneten sich mit klaren Spielideen und großer Disziplin, doch am Ende setzte sich PSG knapp mit 1:0 durch. Das entscheidende Tor erzielte Ousmane Dembélé – doch das Ergebnis war nur ein Teil der Geschichte. […]

Mai 6, 2025 - 13:58
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PSG-Arsenal: Sieht so die Zukunft des Fußballs aus? Und was werden die Schlüssel fürs Rückspiel?

 

 Das Hinspiel des Champions-League-Halbfinals zwischen dem FC Arsenal und Paris Saint-Germain war ein Duell auf höchstem taktischem Niveau. Beide Mannschaften begegneten sich mit klaren Spielideen und großer Disziplin, doch am Ende setzte sich PSG knapp mit 1:0 durch. Das entscheidende Tor erzielte Ousmane Dembélé – doch das Ergebnis war nur ein Teil der Geschichte. Die Art und Weise, wie Paris auftrat, wirft die Frage auf: SIeht so die Zukunft des Fußballs aus?

 

Ein dominanter Beginn

Paris begann das Spiel mit großer Überzeugung und hoher Spielkontrolle. Bereits in den ersten Minuten wurde deutlich, dass die Mannschaft von Luis Enrique ihre Prinzipien auf den Platz bringen wollte: viel Ballbesitz, strukturelle Klarheit im Aufbau und ständige Bewegung im letzten Drittel. PSG formierte sich im Ballbesitz in einer 3-1- Grundordnung. Marquinhos, Pacho und Nuno Mendes bildeten die Dreierkette, davor agierte Vitinha als Verbindungsspieler zwischen Defensive und Mittelfeld. 

In den Halbräumen positionierten sich Fabián Ruiz und Rúben Neves, während die Flügel von Khvicha Kvaratskhelia und Désiré Doué besetzt wurden. Ousmane Dembélé agierte als falsche Neun – oft zurückfallend, um Räume zu öffnen. Rechtsverteidiger Achraf Hakimi rückte immer wieder in den rechten Halbraum ein, um dort Überzahlsituationen zu erzeugen und zusätzliche Anspielstationen im Zentrum zu bieten. 

Struktur ohne starre Ordnung 

Was Paris besonders auszeichnet – und was sie so schwer greifbar macht – ist die hohe Flexibilität in ihren Bewegungen. Die Spieler folgen keinen starren Positionsvorgaben, sondern agieren auf Grundlage dynamischer Abläufe und klarer Prinzipien. Nuno Mendes rückte etwa immer wieder situativ aus der Dreierkette in den linken Halbraum auf, um dort eine zusätzliche Verbindung zu schaffen. Gleichzeitig tauschten Doué und Hakimi mehrfach die Rollen, was Arsenal vor große Herausforderungen stellte. 

Im Zentrum rotierten die Mittelfeldspieler sowie Dembélé laufend, sodass Arsenal oft nicht wusste, wer welchen Spieler aufnehmen sollte. Diese ständigen Bewegungen und Positionswechsel führten dazu, dass die Gunners wiederholt in der defensiven Zuordnung ins Schwimmen gerieten – insbesondere dann, wenn sie versuchten, aus ihrem 4-4-2 in ein kontrolliertes Mann-gegen-Mann-Pressing überzugehen. Ohne feste Bezugspunkte fiel es ihnen schwer, klare Entscheidungen zu treffen: Rausrücken oder nicht? Übergabe oder Verfolgen? Wer übernimmt den fallenden Spieler? 

Dabei ist Paris nicht so extrem wie beispielsweise Malmö FF oder Fluminense, wo die Spieler keinerlei Vorgaben in den Positionen haben. Bei PSG ist es vielmehr ein Mix aus Positionsspiel und Relativismus. So agierte das Mittelfeld sehr variabel, während Kvaratskhelia sowie Pacho und Marquinhos meist ihre Positionen hielten. Dies hatte den einfachen Grund, dass diese Spieler auf ihren Positionen am effektivsten sind. 

Für den rotierenden Spielstil sind polyvalente Spieler von entscheidender Bedeutung, und Paris Saint-Germain verfügt in dieser Hinsicht über ausreichend Qualität im Kader. Besonders im Zentrum zeigt sich dies deutlich: Fabián Ruiz fühlt sich sowohl im 6er-, 8er- als auch im 10er-Raum gleichermaßen wohl und passt sich flexibel den jeweiligen Anforderungen an. Auch die Außenverteidiger Achraf Hakimi und Nuno Mendes zeichnen sich durch ihre Vielseitigkeit aus, da sie sowohl in der Breite als auch in der Halbraumzone agieren können – je nach Spielsituation. 

 

Ein Spiegel des modernen Fußballs 

Das Spiel von PSG ist ein Spiegelbild eines taktischen Trends, der sich aktuell bei vielen Topteams beobachten lässt: Die hohe Mannorientierung, die im modernen Pressing häufig genutzt wird, funktioniert gut gegen klassische, positionsorientierte Spielsysteme. Doch wenn ein Team wie Paris mit solcher Fluidität im Zentrum agiert – also mit ständigen Rochaden, Raumtausch und Bewegungsmustern – geraten diese mannorientierten Systeme ins Wanken. Denn sie leben davon, dass jedem Raum und jeder Position ein bestimmter Gegenspieler zugeordnet werden kann. Wenn diese Ordnung jedoch systematisch gestört wird, entstehen Unsicherheiten und Lücken. 

Wichtig dabei: Die Bewegungen von PSG sind keineswegs zufällig. Luis Enrique hat seiner Mannschaft klare Prinzipien bzw. Muster an die Hand gegeben. Es geht nicht nur um Positionswechsel, sondern um das gezielte Bespielen von Räumen, das gezielte Locken von Gegnern und das Erzeugen von Überzahlsituationen. Jeder Spieler kennt die Abläufe und weiß, wie er sich verhalten soll – je nach Spielsituation  Ballposition. 

 

Klare Muster von Paris waren in diesem Spiel: 

 

Auskippen aus dem Druck, um das Zentrum zu öffnen: Dabei kippten vor allem die Achter immer wieder auf die Außenverteidigerposition aus, wodurch der Gegner gestreckt wurde und so vor allem die Halbräume sich öffneten. Aber auch Vitinha kippte häufig im Aufbau neben Pacho aus und Mendes schob hoch. So öffneten man das Zentrum, wo sich in diesen Situationen meist Fabian Ruiz reinbewegte. 

Anlocken und ballnahes Rausziehen der Sechser, um die Diagonale zu öffnen: Versuchte Arsenal, in ein kontrolliertes Mann-gegen-Mann zu schieben, gaben der ballnahe Achter Ruiz oder auf der anderen Seite Hakimi ein kurzes Angebot und kamen sehr flach. Zudem kam Vitinha sehr nah mit dazu, wodurch Achter und Sechser hier sehr geringe Abstände hatten. So mussten beide Sechser von Arsenal vorverteidigen und es entstand entweder Raum in der ballfernen Halbspur oder Paris konnte sich über einen einfachen Ball ins Zentrum lösen und auf engem Raum versuchen zu „zocken“. Wobei ersteres mehr gelang und zu mehr aussichtsreichen Situationen führte. Meist war es der flache Diagonalball von der linken auf die rechte Seite. Der Grund hierfür war, dass auf der rechten Seite so häufig aufgrund der Positionierung von Hakimi in der Halbspur Überzahlkreationen möglich waren. 

Falsche Neun: Eigentlich wollen alle Teams wieder einen echten Neuner. Doch Paris zeigt, dass es auch mit einer falschen Neun funktionieren kann. Diese Rolle spielt Dembélé, der eigentlich auf der Außenbahn zu Hause ist. Er zeigt, dass er eine sehr gute Positionierung in der Pocket finden kann und mit seinen Tempodribblings immer wieder für Gefahr sorgt. Zudem konnte er mit späten Läufen in die Box im Rückraum für Gefahr sorgen. 

Hohes Binden der Achter: Die Achter hatten immer wieder die Aufgabe, in die letzte Linie zu stoßen, um so die Kette zu binden, wodurch vor allem in der Anfangsphase Dembélé immer wieder für eine Überzahl im Zentrum sorgte. Meist war es der ballferne Achter, der den ballfernen Innenverteidiger gebunden hat. So hatte der ballnahe Innenverteidiger keinen Gegenspieler, wodurch Paris zwangsläufig eine Überzahl kreierte. 

Diese Muster konnte man alle beim 1-0 von Démbélé sehen. 

Das Mittelfeld von Arsenal wurde rausgezogen, so findet Dembélé in der rechten Halbspur sehr viel Platz vor. Kiwior kann nicht auf ihn rausschieben, weil Neves ihn bindet.

Arsenal gegen den Ball 

Zu Beginn hatte Arsenal große Schwierigkeiten, sich auf das Spiel von Paris Saint-Germain gegen den Ball richtig einzustellen. Wie gewohnt presste Arsenal im 4-4-2-System, wobei Ødegaard und Trossard die vorderste Angriffsreihe bildeten und versuchten, das Pariser Aufbauspiel zu stören. Doch das Pressing von Arsenal war anfangs nicht ganz präzise, was dazu führte, dass PSG ihre Angriffe mit mehr Raum und Zeit aufbauen konnte. Arsenal versuchte, sich aus ihrer systematischen Formation kontrolliert in ein Mann-gegen-Mann-Pressing zu bewegen, aber dies war nicht immer ganz einfach umzusetzen. Besonders in der Anfangsphase des Spiels hatte Arsenal große Probleme beim Übergang von der zweiten zur ersten Angriffslinie. Die beiden Sechser taten sich schwer, Vitinha aus dem Spiel zu nehmen, weil die Wege für sie einfach zu lang waren. Dadurch verlor Arsenal an Kompaktheit, was Räum zwischen den Ketten gab die Paris  bespielen konnte. 

  1. Aggressiveres Vorwärtsverteidigen

Ein entscheidender Faktor war die deutlich aggressivere Herangehensweise in der Verteidigung nach vorne. Die Innenverteidiger Arsenals begannen, deutlich weiter ins Mittelfeld vorzuverteidigen. Dies führte zu einer merklich höheren Verteidigungslinie, die zwar riskant war – insbesondere, weil sie mehr Raum hinter der Abwehr für PSG eröffnete –, Arsenal jedoch erlaubte, das Spielgeschehen intensiver zu kontrollieren. Vor allem gelang es, den Zugriff auf PSGs Offensivakteur Ousmane Dembélé zu erhöhen. 

Diese aggressive Ausrichtung brachte einige bemerkenswerte Szenen mit sich, in denen beide Innenverteidiger tief in der gegnerischen Hälfte positioniert waren, um das Pariser Aufbauspiel direkt zu stören. Mit zunehmender Spieldauer wurde diese Taktik immer effektiver, da PSG zunehmend Schwierigkeiten hatte, Lösungen gegen den hohen Druck zu finden. Zwar entstanden dadurch oft riskante 3-gegen-3-Situationen an der Mittellinie, doch dank des konsequenten Drucks auf den ballführenden Spieler gelang es PSG nur selten, diese Räume gewinnbringend zu nutzen. Der Mut zur hohen Verteidigungslinie zahlte sich aus und verlieh Arsenal die nötige Kontrolle, um PSG vom eigenen Tor fernzuhalten und selber besser in die Begegunung zu gelangen 

  1. Die Schlüsselrolle von Martin Ødegaard

Ein weiterer entscheidender Aspekt war die angepasste Rolle von Martin Ødegaard im Pressing. Der Kapitän Arsenals erhielt die spezielle Aufgabe, den defensiven Mittelfeldspieler Vitinha aus dem Spiel zu nehmen. Statt wie zuvor häufig Pacho anzulaufen, konzentrierte sich Ødegaard darauf, das Zentrum zu schließen und die Passwege für PSG zu unterbinden. So konnten der ballferne Sechser Arsenals vor die Kette kommen um dort als zustätzlicher Spieler abzusichern und vorallem die Diagonalle in den ballfernen Halbraum schileßen 

Trossard übernahm parallel Ødegaards frühere Rolle und attackierte nun Pacho. Dabei  startete er das Pressing von Marquinhos aus, im Bogen  und „teilte“ das Spielfeld um das Spielfeld zu teilen.  

Paris Saint-Germain agierte – wie schon erwähnt – mit einer Dreierkette.  Um also aus dem 4-4-2 bzw. Dann einem 4-2-3-1 in einen kontrollierten Mann zu schieben rückte Bukayo Saka häufig weit heraus, um Druck auf Nuno Mendes auszuüben – den linken Spieler in der Dreierkette von PSG. Dadurch ergaben sich allerdings Räume für Pariser, die zu folgenden Problemen für Arsenal führten. 

  1. Stand Timber im 1 vs 1 gegen Kvaratskhelia. Da die beiden Sechser rausgezogen wurden gab es meist Raum, um in die Halbspur zu dribbeln. Timber konnte dies aber meist mit einem Foulspiel unterbinden. 
  1. Konnten Paris durch ein zur Seite abkippen von Ruiz eine 3 gegen 2 Überzhal erarbeiten wobei der Sechser von Arsenal meist zu spät kam. 

 

Mit zunehmender Spieldauer passte sich Arsenal jedoch an die taktischen Gegebenheiten an und versuchte, aggressiverer vorwärtszuverteidigen.  Die Innenverteidiger begannen, mehr ins Mittelfeld zu verteidigen, was zu einer höheren Verteidigungslinie führte. Dies war zwar riskant, da dadurch mehr Räume für PSG im Rücken geöffnet wurden, doch es ermöglichte Arsenal, das Spiel intensiver zu kontrollieren und Zugriff vor allem Dembele herzustellen. Diese aggressivere Ausrichtung führte zu einigen kuriosen Szenen, bei denen beide Innenverteidiger tief in der gegnerischen Hälfte standen und versuchten, das Pariser Aufbauspiel zu stören, was ihnen mit zunehmender Spieldauer immer besser gelang. Zwar standen die Nord-Londoner durch das aggressives herausverteidigen häufig im 3-gegen-3 an der Mittellinie, doch aufgrund des hohen Balldruckes gelang es PSG dies oftmals nicht zu bespielen.  

Trossard lenkt das Spiel nun von links nach rechts. Durch Odegaards zustellen von Vitinha könnnen die Sechser von Arsenal die Achter von Paris besser zustellen. Das Mittelfeldzentrum ist nun schwieriger zu Bespielen für die Pariser. Dazu kommt noch, dass die Innenverteidiger nun auch aggressiver hinausschiebenen können.

Arsenal mit dem Ball Paris gegen den Balll
Paris Saint-Germain demonstrierte in diesem Spiel eine Verteidigungstaktik, die im modernen Weltfußball immer häufiger zu beobachten ist: das kompromisslose 1-gegen-1-Verteidigen auf dem gesamten Spielfeld.  

Die Zuordnung der Spieler war dabei klar strukturiert: 

  • Ousmane Dembélé übernahm die Verantwortung für Jakub Kiwior, um dessen Aufbauaktionen frühzeitig zu stören. 
  • Bouje konzentrierte sich auf William Saliba. 
  • Im zentralen Mittelfeld deckten Fabian Ruiz und Ruben Neves jeweils Martin Ødegaard  (der sich häufig fallen ließ) und Declan Rice.  
  • Eine besondere taktische Rolle wurde Achraf Hakimi zugewiesen. Er war dafür zuständig, den einrückenden Lewis-Skelly zu verfolgen. Diese Aufgabe führte Hakimi oft weit ins Zentrum, wodurch er gezwungen war, seine Position auf der Außenbahn zu verlassen. 

 

Probleme im Spielaufbau und die Anpassungen von Arsenal
In der Anfangsphase hatte Arsenal große Schwierigkeiten, einen geordneten Spielaufbau zu etablieren und klare Torchancen herauszuspielen. Die aggressive 1-gegen-1-Verteidigung von Paris Saint-Germain zeigte ihre Wirkung: Arsenals Spieler wurden konsequent unter Druck gesetzt, was sie zu Fehlern zwang und ihren Rhythmus störte. Besonders im Defensivdrittel fiel es Arsenal schwer, sich aus der Umklammerung zu lösen und das Spiel in die Offensive zu verlagern. 

Trotz dieser anfänglichen Probleme bewies Trainer Mikel Arteta seine taktische Finesse und Anpassungsfähigkeit. Er erkannte die Schwächen im Pariser Pressing und entwickelte im Laufe des Spiels Lösungen, die es Arsenal ermöglichten, effektiver mit der Intensität des Gegners umzugehen. 

Arteta setzte vermehrt auf das Überspielen der ersten Pressinglinie von PSG. Anstatt das Risiko einzugehen, sich durch Kurzpässe in gefährlichen Zonen in Bedrängnis zu bringen, wurden gezielt lange Bälle gespielt, um das Mittelfeld zu überbrücken. Das Ziel war klar: Die Defensive von Paris sollte überspielt werden, um direkt in die letzte Linie des Gegners vorzustoßen. 

 

Trotzdem gelang es Arsenal im Verlauf des Spiels zunehmend, den Ball flach durch die Reihen zu spielen. Ausschlaggebend hierfür waren mehrere Faktoren: 

 

  • Unorganisiertheit von Paris: Paris hatte vor allem nach ruhenden Bällen wie Abstoß oder Einwurf Probleme in der Zuordnung und der klaren Mannzuweisung. Hier versuchte Arsenal, das Spiel häufig zu beschleunigen, um dies auszunutzen. 
  • Zentrumsüberladung: Die Zuteilungsprobleme lagen mitunter daran, dass Arsenal ähnlich wie Paris ohne klaren Neuner agierte. So ließ sich Ødegaard, wie angesprochen, ins Mittelfeld fallen, um Überzahlsituationen zu kreieren. Trossard ließ sich häufig nach links rauskippen. Dies war ein Zielraum von Arsenal, in dem es ihnen gelang, 2 gegen 1 herzustellen und über Martinelli hinter die Abwehr zu gelangen. Dieser Raum ging durch das erwähnte Einrücken von Skelly in den Sechserraum, weshalb Hakimi häufig seine Position verlassen musste. 
  • Torwarteinbindung: Grundsätzlich ist der Torwart gegen ein Mann-gegen-Mann-Pressing von entscheidender Bedeutung. So ist er der Überzahlsspieler, der meist nicht angelaufen wird. Arsenal nutzte dies sehr clever. So war es häufig in der Anfangsphase Skelly oder Rice, die neben Raya abkippten. Vor allem Skelly hatte dann keinen richtigen Gegenspieler, da Hakimi nicht bis in vorderster Front vorverteidigte, weshalb Arsenal mit dem Torwart sogar +2 herstellen konnte. Dann ging es darum, Paris zu locken und zu warten, bis einer aus der vordersten Reihe ungeduldig wurde und versuchte, das Pressing auszulösen. Sobald dies geschah, löste es Arsenal per Spiel über den Dritten auf die Seite, wo der Druck ausgelöst wurde. 
  • Vom Flügel diagonal rückwärts ins Zentrum: Genau durch dieses Muster entstand eine der größten Möglichkeiten in der ersten Hälfte. Nach einem Ball auf den Außenverteidiger Timber positionierte sich Rice sehr clever, indem er sich diagonal nach hinten absetzte. Die PSG-Spieler konzentrierten sich Richtung Ball, weshalb Fabian Ruiz Rice aus den Augen verlor. Was hier auch erwähnt werden muss, ist, dass sich Dembélé, bei aller Defensivqualität, häufig im Pressing rausnimmt, weshalb Rice ohne wirklichen Gegnerdruck nach vorne wegspielen konnte. 
  • Raumübergreifende Dribblings: Ein richtig gutes Mittel gegen Mann-gegen-Mann-Pressing sind Dribblings. Vor allem Paris neigte hier dazu, den Gegner laufen zu lassen und erstmal den Fokus darauf zu lenken, den eigenen Gegenspieler zu verteidigen, wodurch Arsenal schnell an Höhe im Feld gewinnen konnte, sofern es ihnen gelang, einen freien Spieler zu finden. 

Durch das Einbinden des Torhüters, konnte Arsenal immer besser den freien Mann finden. Dies wurde unter anderem auch dadurch begünstigt, dass Dembélé faul im Pressing war.

Ausblick auf das Rückspiel 

Am Mittwochabend steht das entscheidende Rückspiel an, in dem es um den Einzug ins Finale geht. Paris Saint-Germain geht mit einem kleinen Vorteil in die Partie: Zum einen spielen sie im heimischen Prinzenpark, und zum anderen haben sie das 1:0 aus dem Hinspiel im Rücken. Dennoch dürfen sie nicht zu selbstsicher auftreten, denn Arsenal bewies insbesondere gegen Ende der ersten Hälfte und im zweiten Durchgang, wie gefährlich sie sein können. 

Nach der detaillierten Analyse des Hinspiels richten wir nun den Fokus auf das Rückspiel. Dabei wollen wir die entscheidenden Faktoren – die „Keys to Win“ – herausarbeiten, die PSG bzw. Arsenal den Weg ins Finale ebnen können. 

 

  Keys to Win Arsenal: 

  1. Standardstärke: Arsenal zeigte sich in dieser Saison extrem standardstark. So sind sie sehr kreativ bei Varianten. Häufig ist zu beobachten, dass sich alle Spieler bei Ecken oder seitlichen Freistößen im Abseits auf Höhe des 2. Pfostens positionieren. So laufen sie dann bei Signal des Schützen auf die Verteidigungslinie der verteidigenden Mannschaft. Diese Variante gestaltet sich als sehr effektiv, da der Gegner seine Bezugspunkte verliert, die in diesem Fall Ball und Gegner sind. Allerdings muss Arsenal hier Timing in Bezug auf Abseits achten, sonst wird das Tor, wie im Hinspiel, zurückgepfiffen. 
  2. Mut zum Vorwärtsverteidigen: Vor allem für die Innenverteidiger wird es sehr wichtig sein, situativ immer wieder nach vorne zu verteidigen, wenn sich Dembélé ins Mittelfeld fallen lässt. Wichtig ist hier dabei, dass Arsenal es schafft, genügend Druck auf den Ball zu bekommen, um so unkontrollierte lange Bälle zu provozieren.
  3. Vitinha kontrollieren: Von entscheidender Bedeutung wird es für Arsenal sein, Vitinha aus dem Spiel zu nehmen. Dabei hat die Umstellung auf eine Art 4-2-3-1 sehr gefruchtet, weshalb die Gunners dies im Rückspiel voraussichtlich genauso angehen werden, dass Ødegaard Vitinha kontrolliert und Trossard Marquinhos und Pacho verantwortlich sein wird. So muss der ballferne Sechser nicht permanent weit nach vorne verteidigen und die Londonder können so den ballfernen Halbraum besser kontrollieren. 
  4. Kvaratskhelia Doppeln: Hier wird sehr spannend zu beobachten sein, was sich Arsenal einfallen lässt, um den Georgier aus dem Spiel zu nehmen bzw. zu doppeln. Eine Variante haben wir im Hinspiel gesehen, als beim Gegentor Declan Rice mit auf den Flügel rausverteidigte. Dies kann auf jeden Fall funktionieren, wichtig ist hier nur, dass dann der ballferne Sechser den Rückraum kontrolliert, was in dieser Situation nicht der Fall war. 
  5. Schnelles Überspielen: Gegen das sehr mannorientierte Pressing von Paris wird Arsenal versuchen, schnell in die letzte Linie zu kommen. Hierbei ist es von Bedeutung, Spieler rauszuziehen, um beispielsweise 3-gegen-3- oder 2-gegen-2-Situationen auf der letzten Linie zu provozieren. 
  6. Situativ flaches Herausspielen durchs Zentrum: Aber das Team von Mikel Arteta sollte nicht nur versuchen, schnell zu überspielen, sondern auch immer mal wieder versuchen, sich flach durchzukombinieren. Vor allem in den Situationen, in denen Paris unorganisiert ist, gibt es immer wieder die Möglichkeit, einen freien Spieler im Zentrum zu treffen und mit raumübergreifenden Dribblings Paris hinten reinzudrücken bzw. die Tiefe zu bespielen. Ein effektives Mittel, das wir beschrieben haben, ist das Anspiel auf den Flügel und das diagonale Absetzen des Sechsers, vor allem auf der Seite von Dembélé, der wie schon erwähnt nicht der allerfleißigste im Rückwärtsverteidigen ist. In der ersten Linie sollte auch Raya immer mit einbezogen werden, um so Paris ins Pressing zu locken und so per Spiel über den Dritten einen freien Spieler zu finden. 
  7. Einrücken von Lewis-Skelly: Ein Mittel, das im Hinspiel sehr häufig und sehr gut funktioniert hat. Denn durch das mannorientierte Verteidigen war es häufig Hakimi, der mit in den Sechserraum verteidigte hat, was Räume im Rücken geöffnet hat, die Arsenal entweder mit dem Auskippen von Trossard oder mit Tiefgang von Martinelli bespielt hat. Spannend wird hier zu beobachten sein, was Paris dagegen unternehmen wird. 
  8. Eiskalt vor dem Tor: Generell lässt sich sagen, dass man gegen eine Mannorientierung zu weniger, aber dafür klareren Torchancen kommt. Dies hat einfach den Grund, dass man häufiger überspielen muss und so mehr Zufall im Spiel ist. Arsenal hatte im Hinspiel Chancen, konnte sie aber nicht nutzen. Genau das wird aber ein sehr wichtiger Faktor werden, eine der wenigen Chancen im Tor unterzubringen. 

 

 

Keys to Win Paris: 

  1. Standardsituationen rund um die Box vermeiden: Des einen Freund, des anderen Leid, so könnte man es am besten mit Standardsituationen rund um die Box von PSG beschreiben. Denn was für Arsenal ein wichtiger Faktor sein wird, gilt es für Paris zu verhindern. Arsenal hat mit dem Abseitstor gezeigt, dass sie immer für ein Tor aus dem Nichts gut sind. Besonders bei ruhenden Bällen, wie Ecken oder Freistößen, ist Arsenal brandgefährlich. 
  2. Dominat bleiben: Paris sollte sich nicht auf dem Sieg aus dem Hinspiel ausruhen. Im Gegenteil, PSG sollte versuchen, auf ein weiteres Tor zu drängen und immer wieder Nadelstiche nach vorne zu setzen, um so das Spiel möglichst frühzeitig zu entscheiden. Ein frühes Tor könnte den Druck auf Arsenal weiter erhöhen und das Spiel in eine noch vorteilhaftere Richtung für Paris lenken. Indem PSG die Kontrolle übernimmt und das Tempo hochhält, können sie Arsenal immer wieder in die Defensive zwingen und sich Raum für weitere Chancen verschaffen. Es gilt, den Gegner konstant unter Druck zu setzen, um die Entscheidung schnell herbeizuführen und die Unruhe in Reihen der Gunners zu nutzen. 
  3. Schnelles Spiel in die letzte Linie: Es wird spannend zu sehen sein, was sich Luis Enrique einfallen lässt. Denn was man schon sagen kann, ist, dass die Umstellungen von Arsenal gefruchtet haben und Paris wenig Lösungen gefunden hatte und so in der Folge zu weniger Torchancen gekommen ist. Eine Variante wäre, schnell in die letzte Linie zu spielen. Vor allem, wenn die Innenverteidiger immer wieder auf Dembélé vorverteidigen. Hier hat PSG mit Douje Kvaratskhelia enorme Qualität, die es gilt, in Szene zu setzen. Auch bei Balleroberungen sollte Paris versuchen, zügig den Weg in die Tiefe zu suchen, indem sie ihre schnellen und temporeichen Spieler in den Fokus rücken. Denn gerade in diesem Bereich haben sie einen klaren Vorteil gegenüber Arsenal, was ihnen die Möglichkeit gibt, gefährliche Konter und schnelle Angriffe zu starten.  
  4.  ⁠Isolierte 1 gegen 1 Duelle provozieren: Durch das Herausverteidigen von Saka auf Mendes werden voraussichtlich wieder Kvaratskhelia und Lewis-Skelly im isolierten 1-gegen-1 an der Mittellinie stehen. Dies sollte Paris versuchen, immer wieder zu bespielen. Hier auch dann bei Foulspiel immer wieder den Schiedsrichter zu bearbeiten, um so eine Gelbe Karte zu provozieren. So müsste Lewis-Skelly aufpassen und könnte nicht mehr so aggressiv in das Duell gehen. 
  5.  ⁠Druckphasen überstehen: PSG zeigte in der zweiten Hälfte ein Element, das bei all den taktischen Dingen genauso von Bedeutung sein wird. Und zwar die Leidensfähigkeit. Arsenal wird versuchen, auf den Ausgleich zu drängen, und bei all der Qualität auf Seite von Arsenal wird es zwangsläufig so sein, dass PSG auch mal dazu gezwungen wird, tiefer zu verteidigen. Diese Phasen gilt es sauber wegzuverteidigen, um den Weg ins Finale zu ebnen. 

 

Fazit 

Am Ende ging Paris als verdienter und deutlicher Sieger vom Feld, doch das Ergebnis spiegelt nicht das gesamte Spielgeschehen wider. Nach einigen taktischen Anpassungen gelang es Arsenal zunehmend, in die Begegnung zu finden. Besonders in der zweiten Halbzeit zeigten die Londoner mehr Offensivdrang und erspielten sich mehrere vielversprechende Chancen, die jedoch ungenutzt blieben. 

Trotz des Rückstands kann Arsenal mit der Leistung in der zweiten Hälfte zufrieden sein und darauf aufbauen. Die Anpassungen von Arteta haben gezeigt, dass die Mannschaft durchaus in der Lage ist, PSG im Rückspiel unter Druck zu setzen. 

Es bleibt festzuhalten: Dieses Duell ist noch lange nicht entschieden. Für beide Teams geht es um viel. Sowohl Arsenal als auch Paris gelang es in ihrer Vereinshistorie nicht, die Champions League zu gewinnen. 

 

VR ist bei einem Traditionsreichen Reginalligisten im Analysebreich tätig. Sein Größter Traum ist es langfrisistig irgenwann mal mit diesem Verein in der Champions League aufzulaufen. Kurzfrisitig ist das Ziel der Aufstieg in Liga 3.

SR Studiert Geschichte und Philosophie, was man an seinen Texten an der einen oder anderen Stelle merkt. Neben dem Studium schreibt er Gegneranalysen für einen Schweizer dritt Ligisten und versucht jedes mögliche Fussballspiel zu sehen