Ousmane Dembélé bei Paris Saint-Germain: Falsche Neun, richtiger Fuß
Lange galt er als ewiges Versprechen: vereinzelt genial – und oft außer Gefecht. Wie kann dieser Ousmane Dembélé 2025 der treffsicherste Profi Europas sein?

Probleme. Nichts als Probleme. Ob in Dortmund oder Barcelona: Geht es um Ousmane Dembélé, ist meist früher als später die Rede von Problemen. Auch in Paris verlief der Start des französischen Angreifers alles andere als optimal. Vor dem Champions-League-Spiel gegen Arsenal im vergangenen Oktober suchte man den Franzosen vergebens im Spieltagskader. „Es gibt ein Problem mit dem Engagement des Spielers für die Mannschaft“ begründete Trainer Luis Enrique seine Entscheidung, beteuerte aber gleichzeitig: „Es gibt kein Problem zwischen dem Spieler und dem Trainer.“
2025 änderte sich dann alles: Seit Jahresbeginn ist Dembélé mit 17 Toren in zwölf Spielen der treffsicherste Spieler in Europas Top-5-Ligen. Ins neue Pflichtspieljahr startete PSG gleich mal mit dem ersten Titel. Im Finale des französischen Supercups gewann der Hauptstadtklub mit 1:0 gegen die AS Monaco. Torschütze: Masour Ousmane Dembélé. Nach einer Hereingabe von Teamkollege Khvicha Kvaratskhelia schob der 27-jährige Franzose den Ball über die Line und sicherte PSG die 13. Trophée des Champions.
In den darauffolgenden Spielen überzeugte Dembélé ebenfalls mit starken Leistungen. Auch der VfB Stuttgart bekam die Brillanz des Franzosen am eigenen Leib zu spüren. Mit einem Dreierpack beendete Dembélé die internationale Reise der Schwaben. Nach dem Champions-League-Hinspiel gegen Ligakonkurrent Stade Brest adelte Trainer Luis Enrique seinen Schützling: „Wenn Sie Ousmane sehen, müssen Sie ihn fragen, was er an Weihnachten gegessen hat. Wir sehen ihn im Training, im Moment ist er voller Selbstvertrauen.“ Am vergangenen Wochenende netzte der Franzose erneut. Gegen Olympique Lyon traf er zum zwischenzeitlichen 2:0. Auch im Pokal unter der Woche bestätigte Dembélé seine überragende Form mit einem erneuten Treffer.
In Dortmund kennen sie ihn nur zu gut
Wozu dieser Ousmane Dembélé imstande ist, wissen sie auch in Dortmund nur zu gut. Dort dribbelt er sich in der Saison 2016/17 mit seinem Spielwitz und seiner Beidfüßigkeit in die Herzen der Fans. Dennoch ist dem jungen Franzosen bisweilen Verunsicherung anzumerken. Auf die Frage eines Reporters gibt er zunächst seinen linken als starken Fuß an. Auf die Anschlussfrage, warum er seine Elfmeter dann mit rechts schieße, entgegnet er verwundert: „Weil ich mit meinem rechten Fuß besser schießen kann.“
Trotz seiner fußballerischen Klasse dürften viele Dortmunder nicht nur positive Erinnerungen an den Franzosen haben. Nachdem das Interesse spanischer Vereine bekannt wurde, versuchte Dembélé seinen Wechsel zum FC Barcelona zu erstreiken – schlussendlich mit Erfolg. Immerhin überwiesen die Katalanen 135 Millionen Euro in den Ruhrpott. Doch der Wechsel nach Barcelona wurde nicht zum erhofften Schritt in die Weltklasse, sondern zu einem ständigen Auf und Ab. Zwischen spektakulären Dribblings und endlosen Verletzungspausen wurde er zur personifizierten „Was wäre wenn?“-Frage. Was wäre, wenn der Franzose nicht so oft verletzt wäre? Was wäre, wenn er sich mal am Riemen reißt? Dembélé verpasste bei den Katalanen 141 Spiele und musste sich immer wieder Kritik an seiner Professionalität anhören. „Seine Ausreden, wenn er zu spät kommt, sind mir schon bekannt“, sagte Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps über ihn.
Mit dem Wechsel nach Paris 2023 hoffte der Franzose auf einen Neustart. Doch alte Muster lassen sich scheinbar nur schwer abschütteln. Knapp drei Monate brauchte Dembélé nach seinem Wechsel für sein erstes Tor. Auch in den darauffolgenden Spielen blieb der Franzose vor dem Tor blass und traf erst nach fast fünf Monaten im Champions-League-Duell gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber aus Barcelona.
Neue Rolle
Seit dem Jahreswechsel jedoch scheint auch Dembélé wie ausgewechselt. Ein Grund dafür dürfte sein, dass der Franzose nun als falsche Neun agiert – eine Rolle, die er nicht nur für sich klug interpretiert, sondern auch seine Mitspieler besser zur Geltung bringt. In Ballbesitz lässt sich Dembélé häufig ins Mittelfeld zurückfallen, was eine Art Kettenreaktion in Gang setzt: Ein Verteidiger rückt aus der Abwehrkette heraus, um ihn zu verfolgen, und reißt so eine Lücke in der Defensive. Diesen Raum nutzen seine Mitspieler, um mit Tempo ins letzte Drittel vorzustoßen und sich in aussichtsreiche Abschlusspositionen zu bringen. In bestimmten Situationen weicht Dembélé auf den Flügel aus. So schafft er es, die gegnerische Abwehr auseinanderzuziehen und die Außenverteidiger aus der Position zu locken. Er selbst lobte kürzlich seine Mitspieler: „Ich denke, die Mannschaft hat eine gute Dynamik. Alle sind konzentriert und spielen wirklich gut, und das hilft mir, Tore zu erzielen, wenn ich in den richtigen Positionen bin.”
Dembélé scheint begriffen zu haben, dass sein eigenes Glänzen nur im Zusammenspiel mit seinen Mitspielern möglich ist. Die meisten seiner Treffer erzielt er mittlerweile übrigens mit rechts, also mit seinem vermeintlich schwachen Fuß – mit dem er aber offenbar besser schießen kann. Wer Ousmane Dembélé dieser Tage verteidigen muss, wird sich aber vermutlich ohnehin weniger fragen, mit welchem Fuß er schießt – sondern vielmehr, wie man ihn überhaupt stoppen soll.