Netflix entdeckt Video-Podcasts – und stellt sich im Streaming neu auf

Spotify und YouTube haben vorgemacht, wie Podcasts visuell erlebbar werden – jetzt könnte Netflix nachziehen. Der Streaming Player entdeckt Video-Podcasts als neue Wachstumschance und will im boomenden Segment mitmischen.

Apr 29, 2025 - 13:19
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Netflix entdeckt Video-Podcasts – und stellt sich im Streaming neu auf

Was gestern noch reines Audio war, wird heute zunehmend visuell: Podcasts sind längst nicht mehr nur etwas fürs Ohr, sondern auch fürs Auge. Spotify und YouTube haben diese Entwicklung frühzeitig erkannt und die eigenen Plattformen strategisch auf Video-Podcasts ausgeweitet. Nun folgt Netflix.

Auf Threads ansehen

Auf Threads macht die Digitalexpertin Lia Habermann ein Zitat aus dem jüngsten Earnings Call von Netflix, über den Axios berichtet, öffentlich, in dem Co-CEO Ted Sarandos erklärt:

As the popularity of video podcasts grow, I suspect you’ll see some of them find their way to Netflix.

Das Unternehmen positioniert sich damit offen für ein Format, das Plattformen wie Spotify und YouTube bereits erfolgreich erschlossen haben.


Spotifys Now Playing Event:
Mehr Video, keine Werbe-Break – das ist neu!

Spotify Now Playing
Now Playing Event von Spotify, eigene Aufnahme


Von Audio zu Video: Wie Spotify und YouTube die Podcast-Welt neu definieren

Noch vor wenigen Jahren galt Spotify vor allem als Musik-Streaming-Dienst. Doch mit dem Boom von Podcasts, insbesondere von Formaten mit Videoanteil, veränderte das Unternehmen seine Strategie grundlegend. Mehr als 330.000 Video-Podcasts stehen laut Unternehmensangaben heute auf der Plattform bereit, und über 270 Millionen Nutzer:innen haben mindestens einmal ein Podcast-Video auf Spotify konsumiert.

Beim diesjährigen Now Playing Event in Berlin machte Spotifys Head of Podcast, Saruul Krause-Jentsch, deutlich: Video ist längst kein ergänzendes Angebot mehr, sondern zentraler Bestandteil der Podcast-Strategie. Mit Initiativen wie dem neuen Partner Program für Creator werden Formate nicht nur sichtbarer, sondern auch finanziell nachhaltiger aufgestellt. Spotify hat damit nicht nur eine neue Art des Podcast-Konsums etabliert, sondern auch die Erwartungshaltung junger Zielgruppen nachhaltig geprägt: Podcasts sollen heute unterhalten, visuell ansprechen und Community schaffen.

Parallel dazu zeigt sich bei der Wahl der Plattformen ein klarer Wandel: Laut einer aktuellen Erhebung von Edison Research hat sich YouTube zur beliebtesten Plattform für das Anhören von Podcasts in den USA entwickelt. Rund 31 Prozent der wöchentlichen Podcast-Hörer:innen dort nutzen YouTube – und lassen Spotify mit 27 Prozent sowie Apple Podcasts mit 15 Prozent so hinter der Alphabet-Tochter. Plattformen, die Audio- und Videoformate nahtlos kombinieren, prägen damit maßgeblich die neue Podcast-Kultur.

Dass Netflix sich nun ebenfalls verstärkt für Video-Podcasts interessiert, ist eine logische Konsequenz dieser Marktentwicklung.

Video wird zum Wachstumstreiber im Podcast-Markt

Die jüngsten Zahlen belegen eindrücklich, wie stark sich der US-Markt für Audio- und Videoformate entwickelt: Laut dem Internet Advertising Revenue Report von IAB und PwC wuchs der Markt im Bereich Digital Audio – inklusive Podcasting – im Jahr 2024 um 8,5 Prozent auf rund 7,6 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich dazu legte Digital Video um 19,2 Prozent auf etwa 62,1 Milliarden US-Dollar zu. Der größere Umsatzhebel liegt damit eindeutig im Bereich Video.

Auch die veränderte Wahrnehmung von Podcasts unterstützt diese Entwicklung. Laut dem Bericht „What’s A Podcast?“ von Oxford Road und Edison Research klassifizieren etwa drei Viertel der Podcast-Hörer:innen in den USA diskussionsbasierte Videos auf YouTube als Podcasts. Eine Untersuchung von Cumulus Media zeigt zudem, dass etwa jede dritte podcastaffine Person Inhalte bevorzugt, die eine Videokomponente integrieren. Video ist somit längst ein integraler Bestandteil des Podcast-Erlebnisses – und prägt die Erwartungen der Nutzer:innen nachhaltig.

Angesichts dieser Markt- und Nutzungstrends ist es nur konsequent, dass Netflix nun ebenfalls dieses Format erschließen will.

Netflix entdeckt Video-Podcasts als Wachstumsfeld

In einer Telefonkonferenz erklärte Sarandos, angesichts der wachsenden Popularität von Video-Podcasts werde man künftig auch entsprechende Formate auf Netflix integrieren. Ziel sei es, kreative Talente aus unterschiedlichen Medienbereichen für die Plattform zu gewinnen.

Welche Formate konkret auf Netflix erscheinen sollen, ist bislang nicht bekannt. Auf Spotify zählen Formate wie Call Her Daddy von Alex Cooper oder der deutschsprachige Podcast Gemischtes Hack mit Felix Lobrecht und Tommi Schmitt zu den erfolgreichsten Video-Podcast-Angeboten. Auch YouTube hat mit Shows wie Diary of a CEO von Steven Bartlett oder dem Comedy-Format Good Mythical Morning bewiesen, wie stark visuelle Podcasts Nutzer:innen binden können.

Netflix tritt künftig womöglich in einen Markt ein, der bereits reif und umkämpft ist. YouTube meldet über eine Milliarde monatlich aktive Podcast-Seher:innen, während Amazon über die eigene Plattform Wondery+ ebenfalls stark auf Videoformate setzt.

Gleichzeitig zeigt Netflix mit anderen Projekten, wie stark der Fokus auf personalisierte Nutzer:innenerlebnisse wächst: Aktuell testet das Unternehmen eine KI-gestützte Suchfunktion, die Inhalte nicht mehr nur nach Genre, sondern nach Stimmung wie „uplifting“ oder „nachdenklich“ sortiert. Entwickelt wurde das Feature gemeinsam mit OpenAI, erste Tests laufen bereits in Australien und Neuseeland. Mehr dazu in unserem Artikel.


Auf Netflix mit KI nach Stimmung suchen
– dank OpenAI

Netflix-Logo vor buntem Hintergrund
© Dima Solomin – Unsplash


Beide Entwicklungen – Video-Podcasts und KI-basierte Stimmungsnavigation – zeigen: Netflix denkt im Kontext Weiterentwicklung emotionaler, interaktiver und personalisierter.

Der Wettlauf um Community und Relevanz

Während Spotify frühzeitig in Creator-Ökosysteme, Monetarisierungsmodelle und Community Building investiert hat und YouTube heute in den USA als führende Plattform im Podcast-Markt gilt, steht Netflix noch am Anfang. Über den Erfolg oder Misserfolg wird entscheiden, ob es gelingt, eine Struktur aufzubauen, die populäre Inhalte, Dialogformate, enge Creator-Beziehungen und emotional aufgeladene Nutzer:innenerlebnisse verbindet.

Für Marketer und Creator eröffnet Netflix’ etwaiger Einstieg zugleich neue Perspektiven: Wer frühzeitig innovative Videoformate entwickelt oder aufstrebende Plattformen strategisch bespielt, kann sich Wettbewerbsvorteile sichern – vorausgesetzt, Netflix gelingt es, eine lebendige Creator-Ökonomie aufzubauen.