Nach Antibiotika-Therapie: Regeneration der Darmflora: Auf die Ernährung kommt es an

Nach einer Kur mit Antibiotika ist die Darmflora oft gestört. Die westliche Ernährung verschärft das Problem. Eine Studie an Mäusen zeigt, wie sich das Mikrobiom regenerieren lässt

Mai 15, 2025 - 16:00
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Nach Antibiotika-Therapie: Regeneration der Darmflora: Auf die Ernährung kommt es an

Nach einer Kur mit Antibiotika ist die Darmflora oft gestört. Die westliche Ernährung verschärft das Problem. Eine Studie an Mäusen zeigt, wie sich das Mikrobiom regenerieren lässt

Wer schon einmal Antibiotika nehmen musste, erinnert sich vielleicht an die Mahnung der Ärztin oder des Arztes, im Anschluss ganz besonders darauf zu achten, dass sich die Darmflora wieder regeneriert. Schließlich braucht es für eine effektive Verdauung ein gesundes Darmmikrobiom. Außerdem produziert es wichtige Botenstoffe, hält Krankheitserreger fern und verhindert Entzündungsprozesse, die Auslöser vieler Leiden sind. 

Aber wie gelingt das am besten? Eine Studie, die im renommierten Fachmagzin "Nature" erschienen ist, liefert nun eine Antwort: Es kommt auf die Ernährung an. Jedenfalls bei Mäusen.

Zunächst wurde das Mikrobiom der Mäuse mittels Antibiotika dezimiert

Die Forschenden der Universität Chicago teilten für ihren Versuch Mäuse in zwei Gruppen auf. Der einen Gruppe fütterten sie eine typisch westliche Diät mit hohem Fettanteil und wenig Ballaststoffen. Die andere Gruppe erhielt eine auf Mäuse angepasste "mediterrane Ernährung", also eine Diät, die reich an Vollkornprodukten und Pflanzenfasern aus Obst und Gemüse ist und wenig Fett enthält.

Um verfolgen zu können, wie sich das Darmmikrobiom von Grund auf wieder aufbaut, bekamen alle Mäuse eine radikale Antibiotikakur verabreicht. Dadurch war die Darmflora der Tiere extrem dezimiert. Nun erhielten die Mäuse – was nach einer solchen Kur eher unüblich ist – eine Stuhltransplantation von Tieren mit intaktem Darmmikrobiom, um zu sehen, wie schnell sich eine gesunde Darmflora wieder etablieren kann. Ein Teil der Mäuse ernährte sich weiter wie vor der Antibiotikakur, ein anderer Teil erhielt die gegensätzliche Diät.

Die mediterrane Diät unterstützt die Wiederansiedlung einer gesunden Darmflora

Dabei zeigte sich Erstaunliches: Bei den Mäusen, die sich nach der westlichen Diät ernährten, siedelten sich die Mikroben aus der Stuhltransplantation nicht erfolgreich an. Einzelne Bakterien vermehrten sich sogar zu stark, und es stellte sich kein gesundes Gleichgewicht ein. Außerdem waren die Mäuse extrem anfällig für eine Salmonelleninfektion.

Bei den Mäusen hingegen, die vor oder nach der Antibiotikakur der mediterranen Diät folgten, erholte sich das Darmmikrobiom schnell wieder. Weitere Analysen zeigten, dass sich in ihrem Darm bestimmte Stoffwechselprodukte anreicherten, die den Aufbau einer gesunden Bakteriengemeinschaft fördern.

Die Ernährung ist entscheidend – nicht, welche Mikroben transplantiert werden

"Es scheint keine Rolle zu spielen, welche Mikroben man der Gemeinschaft durch Stuhltransplantation zuführt, selbst wenn das Transplantat in jeder Hinsicht ideal abgestimmt ist", erläutert Megan Kennedy, Hauptautorin der Studie in einer Pressemitteilung. "Wenn die Mäuse die falsche Ernährung erhalten, etablieren sich die Mikroben nicht, die Gemeinschaft diversifiziert und erholt sich nicht."

Die Forschenden sind überzeugt, dass die Ergebnisse auch auf Menschen übertragbar sind. Freilich sind Menschen keine Mäuse und radikale Antibiotikakuren, die eine Stuhltransplantation erforderlich machen, selten. Üblicherweise bleiben nach einer Antibiotikakur genug Bakterien übrig, damit sich das Darmmikrobiom von selbst erholen kann. Aber das funktioniert offenbar nur, wenn die Mikroben entsprechend gefüttert werden.

Das deckt sich mit früheren Erkenntnissen, wonach eine ausgewogene, pflanzenbetonte Ernährung ursprünglich lebender Menschen, wie etwa der Hadza in Tansania, mit einem gesunden, vielfältigen Darmmikrobiom einhergeht.

Eine Antibiotikakur ist wie ein Waldbrand – unter günstigen Umständen erholt sich die Flora

Co-Autor Eugene B. Chang von der Universität Chicago vergleicht die Antibiotikakur mit einem Waldbrand: "Das Darmmikrobiom von Säugetieren ist wie ein Wald, und wenn man es schädigt, braucht es eine Reihe von Ereignissen, die in einer bestimmten Reihenfolge ablaufen müssen, um seine frühere Gesundheit wiederherzustellen."

"Wenn man sich westlich ernährt", so Chang weiter, "passiert das nicht, weil die richtigen Mikroben nicht die richtigen Nährstoffe zum richtigen Zeitpunkt erhalten, um sich zu erholen." Stattdessen würden sich einige wenige Arten zu stark ausbreiten und Nährstoffe für sich monopolisieren. Selbst eine vollständige Stuhltransplantation, bei Menschen mit stark geschädigtem Mikrobiom als letztes Mittel eingesetzt, könne daran wenig ändern.

Am besten schon vor der Antibiotikakur ausgewogen pflanzlich ernähren

Wie lässt sich ein gesundes Mikrobiom also fördern? Idealerweise beginnt man mit einer ausgewogenen pflanzenbetonten Ernährung schon einige Zeit vor und während der Antibiotikakur, sofern dies zeitlich möglich ist. So lässt sich eine gute Grundlage schaffen, um den Darm nach Abschluss der Behandlung schnell wieder zu besiedeln.

Lebensmittel, die Krankheitserreger wie Salmonellen enthalten könnten, sollte man in der kritischen Phase nach der Kur lieber meiden, da ein geschwächtes Darmmikrobiom der Studie zufolge besonders anfällig für Infektionen zu sein scheint.

Probiotika? Davon lieber die Finger lassen, raten Fachleute

Die Studie liefert auch eine Erklärung, warum Probiotika, also Kapseln, Drinks oder Pulver, die eine Mischung angeblich nützlicher Bakterien enthalten, oft nichts bringen. Vielmehr haben Untersuchungen an menschlichen Probanden gezeigt, dass solche Probiotika dem Aufbau der Darmflora sogar schaden oder antibiotikaresistente Keime fördern können.

Denn es kommt nicht auf einzelne Bakterienstämme in solchen Tinkturen an, sondern darauf, dass sich insgesamt ein ökologisches Gleichgewicht zwischen möglichst vielfältigen Bakterienspezies herstellt, die jede für sich eine Nischenfunktion im Gesamtgefüge übernehmen. Oft ist eine Bakterienspezies auf die Stoffwechselprodukte einer anderen angewiesen und umgekehrt. 

Dieses komplexe Wechselspiel lässt sich am besten durch eine abwechslungsreiche, pflanzenbetonte Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Nüssen, Hülsenfrüchten und Vollkorngetreide fördern. Die Vielfalt im Essen spiegelt sich dann im Darm wider. Auch jenseits einer Antibiotikakur.