Meinung: Hurra, es ist ein Weltraumministerium!

Ein Weltraumministerium? Ja, das braucht's! Immerhin an einer Stelle war die neue Koalition mutig: Natürlich muss Deutschland jetzt das All erobern. 

Apr 11, 2025 - 08:46
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Meinung: Hurra, es ist ein Weltraumministerium!

Ein Weltraumministerium? Ja, das braucht's! Immerhin an einer Stelle war die neue Koalition mutig: Natürlich muss Deutschland jetzt das All erobern. 

Deutschland bekommt ein Weltraumministerium. Jaja, das mag erst mal absurd klingen, manchem größenwahnsinnig oder unnötig vorkommen. Dabei atmet diese Entscheidung genau den richtigen Entdeckergeist für diese Zeit. 

Kurz gesagt: Gedanklich mal raus aus der kriselnden Gegenwart, rein in unendliche Weiten. Diese Entscheidung der neuen Regierung ist damit vor allem eines gar nicht: großkoalitionär. Gut so!

Denn sonst findest sich im neuen Koalitionsvertrag kaum Überraschendes. Weder bei der Energiepolitik, den Steuern noch bei der Rente muten sich CDU/CSU und SPD gegenseitig wirklich etwas zu. Da Friedrich Merz rote Linien bei Steuererhöhungen für Reichste zog, ist selbst die angedachte Steuerreform für Unternehmen und die Mittelschicht erst für in zwei Jahren versprochen. 

Weltraumministerium? Man wird ja wohl noch träumen dürfen!

Die Koalition scheint so sehr mit den Gefahren der Gegenwart befasst, dass für den Blick in die Zukunft kaum Zeit blieb. So werden – trotz einiger weitreichender Entscheidungen – wichtige Zukunftsfragen auf übermorgen verlagert. So liest sich der Koalitionsvertrag. 

Nein, so ein Weltraumministerium gleicht vertagte Grundsatzentscheidungen natürlich nicht aus. Aber dass das bisherige Forschungsministerium um diesen Bereich ergänzt wird, ist zumindest mal das richtige Signal. Ja, man darf in der Politik Träume haben.

Dafür gekämpft hatte dem Vernehmen nach vor allem CSU-Chef Markus Söder. Der Bayer darf dankbar sein, dass damit seine beiden finanzpolitischen Schandtaten – die Mütterrente und die Senkung der Gastro-Steuer – etwas verblassen.

Tja, was hatte man sich vor einigen Jahren noch über ihn und sein "Bavaria One"-Raumfahrtprogramm beömmelt. Und Ende März startete dann eine erste von einem bayerischen Start-up entwickelte Trägerrakete von Norwegen aus ins All. Erst mal erfolglos, ja, aber so hat Weltraumfürst Elon Musk schließlich auch angefangen.

Es gibt da noch eine andere Geschichte über Edmund Stoiber

Das Ministerium besetzen will nun auch die CSU. Weißbier und Weltraum? Kann das gut gehen? Die Älteren mögen mit Sorge an Edmund Stoiber denken und seine in den Nullerjahren gescheiterten Transrapid-Pläne. 

Es gibt aber noch eine andere, viel weniger bekannte Geschichte über jenen Stoiber: Nach einem Besuch in den USA war der bayerische Ministerpräsident einst so begeistert von der dortigen Bio-Technologie-Forschung, dass er, kaum zurück in Bayern, in großen Mengen Forschungsgelder für Investitionen in diesen Sektor umleitete. Auch darüber lachte man damals. Doch Stoiber hatte Erfolg. Bayern profitiert davon noch heute.

Diese Anekdote sagt nicht nur etwas aus über Bayern, sondern – da sind wir wieder – über Mut und Entdeckergeist in der Politik. Man muss nicht immer gleich jeden technologischen Traum verteufeln, nicht jeden mit Visionen zum Arzt schicken. Oft kommt es doch auf einen Versuch an.

Utopien dürfen nicht zwischen Kaffeeküche und Kopierraum versuppen

Und tatsächlich muss das Weltraumministerium schon in der Gegenwart ein akutes Problem lösen: die drohende Abhängigkeit Europas von Elon Musk. Der Techmilliardär beherrscht mit seinen Raketen und Satelliten den Weltraum. Auf seine Hilfe kann man nicht länger vertrauen. Das alles wurde viel zu lange als Science-Fiction-Sorge abgetan.

Deutschland und Europa müssen jetzt also selbst den Weltraum erobern. Auch dort müssen Demokratien erfolgreich sein. Man darf hoffen, dass diese Utopie nicht zwischen Kaffeeküche und Kopierraum des neuen Ministeriums versuppt. Aber da steht ja zum Glück noch etwas anderes im Koalitionspapier: Die neue Regierung will einen Deutschen auf den Mond schießen. 

Ist das eine Drohung? Vielleicht. Bedenkenträger first!

Dieser Artikel ist eine Übernahme des Stern, der wie Capital zu RTL Deutschland gehört. Auf Capital.de wird er zehn Tage hier aufrufbar sein. Danach finden Sie ihn auf www.stern.de.