Macht uns Fluorid in Zahnpasta wirklich krank?

Immer wieder ist zu hören, dass Fluorid in Zahnpasta schädlich ist. Einige Hersteller lassen den wichtigen Zusatz in ihren Zahnpasten sogar ausdrücklich weg. Bedeutet das etwa, dass fluoridhaltige Zahncreme giftig ist? Nein, das Gegenteil ist der Fall.In sozialen Netzwerken, Messenger-Gruppen und ähnlich "vertrauenswürdigen" Quellen wird regelmäßig vor Fluorid gewarnt: Das Spurenelement sei eine der größten Gesundheitslügen und vergifte angeblich den Körper.  Viele Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden sich mittlerweile offenbar ganz bewusst gegen Fluorid – zumindest wird im Internet inzwischen häufiger nach "Zahnpasta ohne Fluorid" gesucht als noch vor ein paar Jahren, wie Online-Analysetools zeigen. Auch die Naturkosmetikbranche bietet Zahncremes häufig ausdrücklich ohne den schützenden Zusatz an. Das ist schlecht für die Zähne, weil es sie anfälliger für Karies macht. Zahnpasta für Erwachsene, die auf Fluorid verzichtet, werten wir in unseren Tests deshalb grundsätzlich ab. Fluoridfreie Zahnpasten, die sich ausdrücklich an Kinder richten, bemängeln wir dann, wenn ein Hinweis darauf fehlt, dass das Spurenelement anderweitig zugeführt werden sollte (beispielsweise über Fluoridtabletten). Vergiftung mit fluoridhaltiger Zahnpasta ist unrealistisch Was steckt denn nun wirklich hinter der Fluorid-Angst? Fakt ist: Ja, Fluorid kann schaden. Insbesondere, wenn man auf einen Schlag sehr hohe Mengen zu sich nimmt. Ein 70 Kilogramm (kg) schwerer Erwachsener müsste für erste Anzeichen einer akuten Fluoridvergiftung mindestens 350 Milligramm (mg) Fluorid aufnehmen, da die wahrscheinlich toxische Dosis medizinisch bei 5 mg Fluorid/kg Körpergewicht liegt. Zum Vergleich: Eine handelsübliche Zahnpasta enthält bis zu 1.500 ppm (= 0,15 Prozent) Fluorid, das entspricht bis zu 150 mg Fluorid pro Zahnpasta-Tube. Das ist zugleich die Maximalkonzentration, die in Zahncremes erlaubt ist. Meint: Wer eine akute Vergiftung provozieren wollte, müsste als Erwachsener schon zwei bis drei Zahnpastatuben schlucken. Dann erst könnten erste Vergiftungssymptome durch Fluorid wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall, Benommenheit oder Kopfschmerzen auftreten.Kindern keine Zahnpasta zum Spielen geben  Heißt auch: Mit Zahnpasta ist eine Überdosierung unrealistisch. Selbst wer beim täglichen Zähneputzen seine Fluorid-Zahnpasta vollständig herunterschluckt, nimmt keinen Schaden. Berechnungen zeigen, dass man so pro Tag nur etwa 4 mg Fluorid aufnehmen würde (eine Vergiftung ist aber erst ab 350 mg vorstellbar). Wer sich normal die Zähne putzt und anschließend ausspuckt, muss also keine Bedenken haben. Nur Kinder sollte man diesbezüglich im Auge behalten. Denn: Bei einem Kind mit 15 kg Körpergewicht liegt die wahrscheinlich toxische Dosis rechnerisch nur bei 75 mg Fluorid. Würde ein solches Kind eine komplette Zahnpasta-Tube verspeisen, kann es aber bis zu 150 mg Fluorid – und damit die doppelte Dosis – zu sich nehmen. Deshalb sollte man Kindern sicherheitshalber keine Zahnpasta zum Spielen (oder gar zum Verzehr) geben. Nur extreme Mengen an Fluorid sind wirklich giftig Und: Ja, Fluorid kann sogar tödlich sein. Allerdings erst durch die Einnahme von sehr hohen Mengen. Ganze fünf bis zehn Gramm (also 5.000 bis 10.000 mg) auf einen Schlag bräuchte es dazu. Für diese Menge müsste man rechnerisch den Inhalt von 33 bis 67 Tuben Zahnpasta mit zulässiger Fluoridhöchstkonzentration verspeisen. Davor wären Symptome wie Koma, Krämpfe und Herzstillstand wahrscheinlich. Fluorid steckt übrigens nicht nur in Zahncreme, sondern natürlich auch in zahlreichen Lebensmitteln wie Fisch, Fleisch und Getreide, Mineral- und Trinkwasser. Allerdings nur in sehr geringen Mengen, deshalb ist eine Vergiftung mit Fluorid auch über Essen und Trinken extrem unwahrscheinlich. Im Schnitt nimmt jeder von uns etwa über Fisch und Mineralwasser täglich zwischen 0,4 und 1,5 mg zu sich. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt als Tageszufuhr für Erwachsene sogar eine Menge von 3,0 bis 3,5 mg.Bei akuten Zahnfleischentzündungen und einem erhöhten Kariesrisiko sind Mundspülungen eine sinnvolle Ergänzung zur Mundhygiene. Wir können nach unserem Test 13 Spülungen mit Bestnote empfehlen. Aber ausgerechnet bekannte Marken fallen wegen kritischer Inhaltsstoffe durch. Wirksamer Kariesschutz nur mit Fluorid-Zahnpasta Warum aber finden sich in Zahnpasta überhaupt Fluoride? Weil sie den Zahnschmelz widerstandsfähiger gegen Karies-Erkrankungen machen, eine Wirkung, die ab dem Schulalter zweifelsfrei nachgewiesen ist. Die medizinischen Fachgesellschaften für Zahnmedizin empfehlen Erwachsenen in ihrer Leitlinie deshalb ausdrücklich fluoridhaltige Zahnpasta. Nur wer seine Zähne regelmäßig mit fluoridhaltiger Zahnpasta putzt, beugt Kariesbefall nachweisbar vor. Optimal ist ein Fluoridgehalt in Zahncreme von mindestens 0,1 Prozent (1.000 ppm oder mg/kg). In unserem Test Zahnpasta für empfindliche Zähne aus dem ÖKO-TEST Magazin 12/2023 schneidet Erwachsenen-Zahnpasta oh

Mär 17, 2025 - 12:50
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Macht uns Fluorid in Zahnpasta wirklich krank?

Immer wieder ist zu hören, dass Fluorid in Zahnpasta schädlich ist. Einige Hersteller lassen den wichtigen Zusatz in ihren Zahnpasten sogar ausdrücklich weg. Bedeutet das etwa, dass fluoridhaltige Zahncreme giftig ist? Nein, das Gegenteil ist der Fall.

In sozialen Netzwerken, Messenger-Gruppen und ähnlich "vertrauenswürdigen" Quellen wird regelmäßig vor Fluorid gewarnt: Das Spurenelement sei eine der größten Gesundheitslügen und vergifte angeblich den Körper. 

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden sich mittlerweile offenbar ganz bewusst gegen Fluorid – zumindest wird im Internet inzwischen häufiger nach "Zahnpasta ohne Fluorid" gesucht als noch vor ein paar Jahren, wie Online-Analysetools zeigen. Auch die Naturkosmetikbranche bietet Zahncremes häufig ausdrücklich ohne den schützenden Zusatz an. Das ist schlecht für die Zähne, weil es sie anfälliger für Karies macht.

Zahnpasta für Erwachsene, die auf Fluorid verzichtet, werten wir in unseren Tests deshalb grundsätzlich ab. Fluoridfreie Zahnpasten, die sich ausdrücklich an Kinder richten, bemängeln wir dann, wenn ein Hinweis darauf fehlt, dass das Spurenelement anderweitig zugeführt werden sollte (beispielsweise über Fluoridtabletten).

Vergiftung mit fluoridhaltiger Zahnpasta ist unrealistisch

Was steckt denn nun wirklich hinter der Fluorid-Angst? Fakt ist: Ja, Fluorid kann schaden. Insbesondere, wenn man auf einen Schlag sehr hohe Mengen zu sich nimmt. Ein 70 Kilogramm (kg) schwerer Erwachsener müsste für erste Anzeichen einer akuten Fluoridvergiftung mindestens 350 Milligramm (mg) Fluorid aufnehmen, da die wahrscheinlich toxische Dosis medizinisch bei 5 mg Fluorid/kg Körpergewicht liegt.

Zum Vergleich: Eine handelsübliche Zahnpasta enthält bis zu 1.500 ppm (= 0,15 Prozent) Fluorid, das entspricht bis zu 150 mg Fluorid pro Zahnpasta-Tube. Das ist zugleich die Maximalkonzentration, die in Zahncremes erlaubt ist.

Meint: Wer eine akute Vergiftung provozieren wollte, müsste als Erwachsener schon zwei bis drei Zahnpastatuben schlucken. Dann erst könnten erste Vergiftungssymptome durch Fluorid wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall, Benommenheit oder Kopfschmerzen auftreten.

Kindern keine Zahnpasta zum Spielen geben 

Heißt auch: Mit Zahnpasta ist eine Überdosierung unrealistisch. Selbst wer beim täglichen Zähneputzen seine Fluorid-Zahnpasta vollständig herunterschluckt, nimmt keinen Schaden. Berechnungen zeigen, dass man so pro Tag nur etwa 4 mg Fluorid aufnehmen würde (eine Vergiftung ist aber erst ab 350 mg vorstellbar). Wer sich normal die Zähne putzt und anschließend ausspuckt, muss also keine Bedenken haben.

Nur Kinder sollte man diesbezüglich im Auge behalten. Denn: Bei einem Kind mit 15 kg Körpergewicht liegt die wahrscheinlich toxische Dosis rechnerisch nur bei 75 mg Fluorid. Würde ein solches Kind eine komplette Zahnpasta-Tube verspeisen, kann es aber bis zu 150 mg Fluorid – und damit die doppelte Dosis – zu sich nehmen. Deshalb sollte man Kindern sicherheitshalber keine Zahnpasta zum Spielen (oder gar zum Verzehr) geben.

Nur extreme Mengen an Fluorid sind wirklich giftig

Und: Ja, Fluorid kann sogar tödlich sein. Allerdings erst durch die Einnahme von sehr hohen Mengen. Ganze fünf bis zehn Gramm (also 5.000 bis 10.000 mg) auf einen Schlag bräuchte es dazu. Für diese Menge müsste man rechnerisch den Inhalt von 33 bis 67 Tuben Zahnpasta mit zulässiger Fluoridhöchstkonzentration verspeisen. Davor wären Symptome wie Koma, Krämpfe und Herzstillstand wahrscheinlich.

Fluorid steckt übrigens nicht nur in Zahncreme, sondern natürlich auch in zahlreichen Lebensmitteln wie Fisch, Fleisch und Getreide, Mineral- und Trinkwasser. Allerdings nur in sehr geringen Mengen, deshalb ist eine Vergiftung mit Fluorid auch über Essen und Trinken extrem unwahrscheinlich.

Im Schnitt nimmt jeder von uns etwa über Fisch und Mineralwasser täglich zwischen 0,4 und 1,5 mg zu sich. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt als Tageszufuhr für Erwachsene sogar eine Menge von 3,0 bis 3,5 mg.

Bei akuten Zahnfleischentzündungen und einem erhöhten Kariesrisiko sind Mundspülungen eine sinnvolle Ergänzung zur Mundhygiene. Wir können nach unserem Test 13 Spülungen mit Bestnote empfehlen. Aber ausgerechnet bekannte Marken fallen wegen kritischer Inhaltsstoffe durch. 

Wirksamer Kariesschutz nur mit Fluorid-Zahnpasta

Warum aber finden sich in Zahnpasta überhaupt Fluoride? Weil sie den Zahnschmelz widerstandsfähiger gegen Karies-Erkrankungen machen, eine Wirkung, die ab dem Schulalter zweifelsfrei nachgewiesen ist. Die medizinischen Fachgesellschaften für Zahnmedizin empfehlen Erwachsenen in ihrer Leitlinie deshalb ausdrücklich fluoridhaltige Zahnpasta.

Nur wer seine Zähne regelmäßig mit fluoridhaltiger Zahnpasta putzt, beugt Kariesbefall nachweisbar vor. Optimal ist ein Fluoridgehalt in Zahncreme von mindestens 0,1 Prozent (1.000 ppm oder mg/kg). In unserem Test Zahnpasta für empfindliche Zähne aus dem ÖKO-TEST Magazin 12/2023 schneidet Erwachsenen-Zahnpasta ohne Fluorid deshalb auch nicht besser als "mangelhaft" ab.

Dass sich Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahnpasta lohnt, zeigt übrigens auch der Blick in die Geschichte: Eine umfassende deutsche Mundgesundheitsstudie kam 2016 zu dem Ergebnis, dass sich die Zahl der kariesfreien Gebisse von 1997 bis 2014 verdoppelt hat. Gründe für den erfreulichen Anstieg sind laut der Studie die verbesserte Vorsorge – und eben fluoridhaltige Zahnpasten.

Hoher Dauerkonsum kann für Zahnflecken sorgen

Was Sie noch wissen sollten: Auch wenn akute Fluorid-Vergiftungen, wie oben gesehen, sehr unwahrscheinlich sind, birgt ein dauerhaft erhöhter Fluoridkonsum doch ein gewisses Gesundheitsrisiko. Hier gilt:

  • Erwachsene müssten dafür allerdings über mindestens zehn Jahre täglich mehr als 10 mg über Nahrung, Trinkwasser oder Mundpflege zu sich nehmen. Die Folge wäre eine sogenannte Skelettfluorose, die die Knochen schädigt.

  • Bei Kindern zeigt sich eine dauerhaft erhöhte Fluoridzufuhr durch weiße Flecken auf den Zähnen. Vor allem in jungen Jahren, wenn die Zähne noch wachsen, können entsprechende Symptome auftreten. Diese Zahnfluorosen entstehen, weil der Körper überschüssiges Fluorid in die sich entwickelnden Zähne einbaut. Das macht betroffene Zähne weniger widerstandsfähig.

    Um einer Fluorose vorzubeugen, sollten Kinder zwischen vier und acht Jahren laut BfR nicht dauerhaft mehr als 2,5 mg Fluorid pro Tag aufnehmen. Für Kinder zwischen ein und drei Jahren sollten es nicht mehr als 1,5 mg täglich sein.

Unser Fazit: Fluorid in Zahncreme ist normalerweise nicht nur unbedenklich, sondern sogar essenziell, um ausreichenden Kariesschutz zu gewährleisten. 

Zahnpasten für empfindliche Zähne sollen im Mund für Ruhe sorgen. Ärgerlich, wenn sie dann aggressive Tenside enthalten, die die empfindlichen Mundschleimhäute reizen können. Daneben gibt es auch weitere Kritikpunkte. Immerhin: Sechs Produkte sind "sehr gut". 

Schadet Fluorid dem IQ?

Seit einiger Zeit verunsichern Meldungen besorgte Eltern, wonach sich zu viel Fluorid im Trinkwasser und im Urin negativ auf die Entwicklung des kindlichen Gehirns auswirkt und den Intelligenzquotienten mindert. Was ist da dran?

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ) weist in einem Statement darauf hin, dass die "bei hoher Fluoridexposition ermittelten Verringerungen der kindlichen Intelligenz sehr gering" seien. Nach einer systematischen Übersichtsarbeit und Meta-Analyse hat sich der IQ bei einem um 1 mg/L erhöhten Fluoridgehalt im Urin um nicht einmal 2 Punkte verringert. Mit 85 bis 117 IQ-Punkten gelten Personen als normal intelligent.

Die DGKiZ betont daher auch die mangelnde Relevanz der errechneten Zusammenhänge. Daher bestehe "kein Anlass, die Empfehlungen zur Kariesprävention bei Kindern zu verändern und von den bewährten Konzepten der Kariesprophylaxe mit Hilfe von Fluorid abzuweichen."

Risikoabschätzung zur Fluoridaufnahme aus Lebensmitteln und Trinkwasser

Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat kürzlich den Entwurf einer Risikoabschätzung zur Fluoridaufnahme aus Lebensmitteln und Trinkwasser vorgelegt. Darin sieht die EFSA Hinweise für nachteilige Wirkungen auf das Zentralnervensystem bei Fluorid-Konzentrationen von mehr als 1,5 mg/L. Unterhalb von 1,5 mg/L sei die Evidenz unzureichend. Ähnlich verhalte es sich mit Blick auf die Schilddrüsenfunktion, allerdings seien die Daten weniger robust.

Zur Einordnung: In Deutschland erlaubt die Trinkwasser-Verordnung maximal 1,5 mg/L Fluorid. Im Gegensatz zu anderen Ländern wird das Trinkwasser hier auch nicht fluoridiert. Tatsächlich enthalten nach EFSA-Daten in Europa 97 % aller Trinkwässer weniger als 0,7 mg/L Fluorid, mehr als 86 % sogar weniger als 0,3 mg/L – also deutlich weniger als 1,5 mg/L. Tipp: Sie können beim örtlichen Wasserversorger die Fluoridkonzentration im Trinkwasser erfragen.

Die Ergebnisse einer Reihe von Studien weisen auf einen Zusammenhang zwischen Fluoridexposition und dem Intelligenzquotienten hin. Viele dieser Studien sind in Regionen mit deutlich höheren Fluoridkonzentrationen im Trinkwasser durchgeführt worden, als sie in Deutschland üblich sind. Zudem weisen einige Experten darauf hin, dass trotz der beobachteten Assoziationen ein kausaler Zusammenhang zwischen Fluoridexposition und reduziertem IQ nicht eindeutig nachgewiesen ist und es weiterer Forschung bedarf.

In Zahnpasten für Erwachsene ist Fluorid der wichtigste Inhaltsstoff gegen Karies. Unerwünscht dagegen ist das Weißpigment Titandioxid, das inzwischen in Lebensmitteln verboten ist. Auch ein Tensid, das die Schleimhäute reizen kann, hat in Zahncremes nichts verloren. Dennoch sind wir im Zahnpasta-Test darauf gestoßen. 

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