Langlebigkeit: Gene oder Lebensstil? Was für ein langes Leben wirklich entscheidend ist
Wie wir leben, hat einen erheblichen Einfluss darauf, welches Alter wir erreichen. Doch wer zu den wahrlich Betagten zählen möchte, kommt nicht ohne die Hilfe seiner Erbanlagen aus

Wie wir leben, hat einen erheblichen Einfluss darauf, welches Alter wir erreichen. Doch wer zu den wahrlich Betagten zählen möchte, kommt nicht ohne die Hilfe seiner Erbanlagen aus
"Diese acht Faktoren verlängern das Leben um 20 Jahre": Wer aktuellen Empfehlungen folgt, kann leicht den Eindruck bekommen, dass er nur genug Sport treiben, ausreichend schlafen, sich gesund ernähren und Stress vermeiden müsse, um die eigene Lebensspanne weiter und weiter zu strecken. Auf 90, 100, 110 oder sogar noch mehr Jahre!
Keine Frage: Der Lebensstil hat einen gewichtigen Einfluss darauf, wie alt jemand wird, da sind sich Forschende einig. Rauchen ist tödlich, prangt es nicht zufällig von Zigarettenschachteln. Übergewicht kann zu schwerwiegenden Entzündungen führen. Und Alkohol belastet die Organe. Doch wie sehr haben wir es tatsächlich selbst in der Hand, einen, sagen wir, dreistelligen Geburtstag zur erleben?
Am Ende überwiegt der Einfluss der Gene
Insgesamt geht die Wissenschaft davon aus, dass unsere Lebenserwartung zu etwa 25 Prozent von unseren Genen und zu 75 Prozent von unserer Umwelt und unserem Lebensstil abhängt. Entsprechend kommen groß angelegte Langzeituntersuchung etwa von ehemaligen Angehörigen des amerikanischen Militärs zu dem Schluss, dass bestimmte Verhaltensänderungen die Lebenserwartung signifikant erhöhen.
Doch wenn jemand auf die 100 zugeht – und dies ist eine entscheidende Einschränkung –, beginnen sich die Anteile umzukehren. Das bedeutet: Je älter wir werden, desto stärker wiegt der Einfluss unserer erblichen Anlagen, und desto weniger macht sich der Lebensstil bemerkbar. Mit anderen Worten: Selbst diejenigen, die sich anstrengen und alle Ratschläge beherzigen, können nicht erwarten, 100 Jahre und älter zu werden.
Dazu passt, dass viele Menschen mit einem außergewöhnlich langen Leben nicht unbedingt gesünder durch den Tag gehen als der Durchschnitt der Bevölkerung. Wir alle kennen Fotos von greisen Kubanerinnen, die Zigarre rauchen. Oder ehemalige Mitglieder des britischen Königshauses, die angeblich auch nach Vollendung des 100. Geburtstages auf eine tägliche Portion Gin nicht verzichten wollten.
Es gibt Gene für Langlebigkeit
Dass jene Menschen offenbar seltener mit altersbedingten Leiden wie Herzkrankheiten, Krebs und Demenz zu tun haben, liegt wohl nicht zuletzt an ihren Erbanlagen. Tatsächlich gibt es spezielle Genvarianten, die nach Ansicht von Experten dazu beitragen, vor altersbedingten Krankheiten wie Alzheimer zu schützen oder Alterungsprozesse selbst zu verlangsamen.
Ein Gen, das in mehreren Studien über Hundertjährige immer wieder auftaucht, ist zum Beispiel FOXO3. Es ist an vielen grundlegenden Aspekten der Zellgesundheit beteiligt und könnte ungünstigen Verhaltensweisen entgegenwirken. Forschende in den USA konnten etwa zeigen, dass Nachfahren von Hundertjährigen, die eher ungesund leben, weniger oft an Herz-Kreislauf-Leiden erkranken als eine Kontrollgruppe mit vergleichbarem Lebensstil.
Erbvarianten für ein langes Leben sind selten
Die Experten betonten, dass derartige Langlebigkeitsgene jedoch sehr selten sind und wahrscheinlich bei weniger als einem Prozent der Bevölkerung vorkommen. Wohl nicht zufällig wird ein ähnlich kleiner Prozentsatz der Menschen 100 Jahre oder älter. Und nicht zufällig versuchen Langlebigkeitsforscher gerade durch Eingriffe ins Erbgut die Lebensspanne des Menschen deutlich zu erweitern.
Noch aber bedarf es einer großen Portion Glück, um zu den wirklich Hochbetagten zu zählen. Und nur weil die eigene Mutter oder der eigene Vater die 100er-Marke geknackt haben, heißt dies nicht automatisch, dass man selber über die richtige Anzahl und Kombination von Langlebigkeitsgenen verfügt.
Erst recht sollte man keine Gesundheitsratschläge oder Tipps von 100-Jährigen beherzigen. Schließlich spielen die für sie selbst eine eher untergeordnete Rolle. Ganz anders als für den überwiegenden Teil der Bevölkerung.