Klimawandel: Warum die Gletscherschmelze die Pole der Erde um 27 Meter verschieben könnte
Wenn die Erderwärmung die Eismassen der Erde schmelzen lässt, verändert sich auch die Erdrotation – und die Lage der Pole. Mit unangenehmen Konsequenzen

Wenn die Erderwärmung die Eismassen der Erde schmelzen lässt, verändert sich auch die Erdrotation – und die Lage der Pole. Mit unangenehmen Konsequenzen
Die Drehung der Erde um ihre eigene Achse ist eine wacklige Angelegenheit. Sie variiert je nach Verteilung der Massen. Forschende haben jetzt eine Ursache solcher Massenverschiebungen ausgemacht: das Abschmelzen der Gletscher – und damit eine neue Verteilung der Wassermassen auf der Erde. Der Studie zufolge könnten sich bei einem ungebremsten Klimawandel der Nord- und der Südpol bis zum Ende des Jahrhunderts im Vergleich zum Jahr 1900 um je 27 Meter verschieben. In einem moderaten Klima-Szenario wären es immerhin noch 12 Meter.
Der Grund: Das vor allem im Eisschild Grönlands und der Antarktis gebundene – und sozusagen aufgetürmte – Wasser verteilt sich nach dem Abschmelzen gleichmäßig über die gesamte Ausdehnung der Ozeane. Dabei geht es nicht um Zentimeter: Berechnungen zum Volumen des grönländischen Eisschildes zeigen, dass der Pegel der Ozeane um sieben Meter steigt, wenn die Gletscher hier komplett verschwinden.
Aber auch das Tauen der Gletscher in den Hochgebirgen der Welt und Veränderungen der Wasserspeicherung im Erdboden tragen demnach zur Verschiebung der Erdachse bei.
Gletscherschmelze gefährdet die Navigation von Raumfahrzeugen
Wie das Forschungsteam im Fachmagazin "Geographical Research Letters" berichtet, hätte die Verschiebung der Erdachse auch praktische Auswirkungen: Sie könnte nämlich die Navigation von Satelliten und Raumschiffen beeinträchtigen. Die sind für eine exakte Positions- und Routenbestimmung zum Teil auf die Erdachse als Referenz angewiesen.
"Dieser Effekt übertrifft den Effekt der eiszeitlichen isostatischen Anpassung", sagte der Co-Autor der Studie, Mostafa Kiani Shahvandi, gegenüber dem Magazin "Life Science". Gemeint ist damit der Effekt, dass die ehemals von Hunderte oder Tausende Meter dickem Eis bedeckten Landmassen sich nach dem Rückzug der Gletscher vor 10.000 Jahren heben. Zum Teil bis heute. So steigen Teile Nordschwedens bis zu einen Zentimeter jährlich auf – was Teile Norddeutschlands etwa einen Millimeter jährlich absinken lässt.
Ganz "sauber" dreht die Erde sich nie: Sogar Meeresströmungen und Druckunterschiede in der Atmosphäre, aber auch Massenbewegungen im Erdinneren lassen den Globus in seiner Drehbewegung wackeln wie einen taumelnden Kreisel.