IWF-Prognose: Trump-Effekt: Trübe Aussichten für die Weltwirtschaft

Trumps Zölle bremsen die Weltwirtschaft aus: Bei der Frühjahrstagung stellte der IWF ernüchternde Zahlen vor. Vor allem die USA lassen nach – aber auch für Deutschland sind die Aussichten mau

Apr 22, 2025 - 17:48
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IWF-Prognose: Trump-Effekt: Trübe Aussichten für die Weltwirtschaft

Trumps Zölle bremsen die Weltwirtschaft aus: Bei der Frühjahrstagung stellte der IWF ernüchternde Zahlen vor. Vor allem die USA lassen nach – aber auch für Deutschland sind die Aussichten mau

Der von US-Präsident Donald Trump angezettelte Handelskrieg wird sich laut Internationalem Währungsfonds (IWF) nicht für die USA auszahlen: Der IWF korrigierte am Dienstag seine Prognosen für die US-Wirtschaft drastisch nach unten. Auch Handelsnationen wie China und Deutschland werden die jüngste Spirale aus Zöllen und Gegenzöllen zu spüren bekommen. Insgesamt wird die Weltwirtschaft deutlich unterdurchschnittlich wachsen. „Die globale Wirtschaft ist an einem kritischen Punkt“, heißt es im neuen Weltwirtschaftbericht, der zu Beginn der IWF-Frühjahrstagung in Washington veröffentlicht wurde. Die neuen US-Zölle gegen fast alle Handelspartner sorgten für bisher nicht gekannte Unsicherheit. Es brauche jetzt Klarheit und Zusammenarbeit.

Die US-Wirtschaft dürfte 2025 um 1,8 Prozent und 2026 um 1,7 Prozent zulegen. Das sind im Vergleich mit anderen Ländern immer noch ordentliche Wachstumsraten, aber 0,9 beziehungsweise 0,4 Prozentpunkte weniger als noch im Januar angenommen. Neben negativen Auswirkungen der Zollpolitik rechnet der IWF auch mit einem schwächeren Konsum, der die US-Wirtschaft bisher maßgeblich gestützt hat. Die Inflation dürfte dieses Jahr deutlich höher als erwartet ausfallen und damit auch klar das Ziel der US-Notenbank Fed verfehlen.

Deutschland erneut Schlusslicht der G7

Die deutsche Wirtschaft steckt in einer langen Schwächephase. Die zentrale Prognose des IWF sieht Deutschland beim Wachstum in diesem Jahr erneut als Schlusslicht unter den G7-Industrienationen. Hatten führende deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute immerhin ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) prognostiziert, bescheinigt der IWF der Bundesrepublik für dieses Jahr Stillstand. Die geschäftsführende Bundesregierung will erneut ihre Konjunkturprognose senken und erwartet für dieses Jahr ebenfalls eine Stagnation. Erst für das kommende Jahr ist der IWF optimistischer: Er erwartet dann ein Wachstum von 0,9 Prozent – das sind aber immer noch 0,2 Prozentpunkte weniger als im Januar prognostiziert. 

Das Wirtschaftswachstum im Euroraum soll in diesem Jahr im Vergleich zur Januarprognose um 0,2 Prozentpunkte auf 0,8 Prozent sinken. Als Gründe nennt der IWF vor allem Unsicherheit und Zölle. Im Jahr 2026 soll das Wachstum im Euroraum bei 1,2  Prozent liegen (minus 0,2 Prozentpunkte). Für den Aufschwung sorgen demnach steigender Konsum durch reale Lohnzuwächse und mehr finanzpolitische Spielräume in Deutschland mit Blick auf die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigung.

Schon fast fertige Prognosen flogen raus

Der IWF betont, dass die globale Konjunkturprognose unter „besonderen Umständen“ erstellt worden sei. Gemeint ist Trumps Zollpaket, das sowohl universelle als auch mittlerweile vorläufig ausgesetzte wechselseitige Zölle vorsieht. Schon fast fertige Prognosen hätten über Bord geworfen werden müssen, so der Fonds. „Obwohl viele der geplanten Zollerhöhungen vorerst auf Eis gelegt wurden, hat die Kombination von Maßnahmen und Gegenmaßnahmen die Zollsätze in den USA und weltweit auf ein Jahrhunderthoch getrieben.“

Die Weltwirtschaft habe sich während der schweren Schocks der vergangenen vier Jahre als erstaunlich widerstandsfähig erwiesen und trage immer noch erhebliche Narben davon, heißt es. Nun bestehe die Gefahr, dass die Handelsspannungen durch Vergeltungsmaßnahmen weiter zunehmen, auch die Inflation könnte wieder angeheizt werden. Die Unsicherheit belaste das Wachstum. Der Fonds hat angesichts der komplexen Situation neben seiner zentralen Vorhersage, der sogenannten Referenzprognose, noch zwei weitere Vorhersagen vorgelegt.

Mehrere Prognosen wegen Zollunsicherheit

Die Referenzprognose berücksichtigt alle Zollankündigungen bis zum 4. April. Demnach wächst die Weltwirtschaft dieses Jahr um eben 2,8 Prozent und im kommenden Jahr um 3 Prozent (minus 0,3 Prozentpunkte). Im Jahr 2024 lag das Wachstum noch bei geschätzt 3,3 Prozent. Eine Prognose, die nur Zollankündigungen bis zum 12. März berücksichtigt – darunter eine erste Welle von US-Strafmaßnahmen gegen China, Kanada und Mexiko oder auch US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte – sieht das Wachstum in diesem und im kommenden Jahr bei 3,2 Prozent. 

Eine weitere, modellgestützte, Prognose, die auch Zollankündigungen nach dem 4. April wie die Pause bei wechselseitigen Zöllen in den Blick nimmt, sieht das Weltwirtschaftswachstum in diesem Jahr bei etwa 2,8 Prozent und für 2026 bei etwa 2,9 Prozent. Dies entspreche in etwa den Schätzungen für das globale Wachstum in der Referenzprognose, wenn auch mit einer anderen Zusammensetzung der Wachstumsraten in den einzelnen Ländern, so der Bericht. Keine der Prognosen sagt eine Rezession voraus. Die einzelnen Länderprognosen beziehen sich auf die Referenzprognose. 

Auch für China, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, sieht der IWF Korrekturbedarf nach unten. So soll Chinas Wirtschaft sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr um 4 Prozent wachsen – ein Minus von 0,6 Prozentpunkten bzw. 0,5 Prozentpunkten. Neben der Schwäche des Immobiliensektors wird Chinas Wirtschaft dem IWF zufolge vor allem vom Handelsstreit mit den USA schwer belastet. In Russland verliert das Wachstum im Vergleich zum vergangenen Jahr an Dynamik. Für dieses Jahr sagt der IWF 1,5 Prozent (plus 0,1 Prozentpunkte) voraus, 2026 sollen es 0,9 Prozent (minus 0,3 Prozentpunkte sein). Als Gründe nennt der Fonds, dass der private Konsum und Investitionen nachließen. Das Lohnwachstum verlangsame sich.

Handelskonflikt besorgt IWF

Der IWF schaut mit großer Besorgnis auf die Handelspolitik. Eine Verschärfung des Handelskonflikts würde sich negativ auf das Wachstum der Weltwirtschaft auswirken, wenngleich einzelne Länder unterschiedlich getroffen würden. „Diejenigen, auf die die neuen Zölle direkt abzielen, wären am stärksten betroffen, vor allem China und die Vereinigten Staaten, aber mittelfristig auch eine große Anzahl von Ländern in Asien und Europa“, teilte der IWF mit.

Anders als im vorigen Jahrhundert sei die Weltwirtschaft heute wirtschaftlich und finanziell eng verflochten. Eine Auflösung dieser Lieferketten und Finanzströme könne große wirtschaftliche Verwerfungen zur Folge haben. Weniger Wettbewerb führe außerdem dazu, dass es weniger Anreize für Innovation gebe. Generell rechnet der Fonds aufgrund der Zölle mit einem Rückgang der Gesamtproduktivität, was wiederum zu höheren Produktionskosten und Preisen führt. 

So hat der Fonds auch seine Vorhersage für die Inflationsrate nach oben korrigiert. In den Industrienationen soll sie 2025 im Schnitt bei 2,5 Prozent (plus 0,4 Prozentpunkte) und im kommenden Jahr bei 2,2 Prozent (plus 0,2 Prozentpunkte) liegen. Zentralbanken streben in der Regel 2 Prozent an. Mit Blick auf die Konjunktur hält der Fonds fest: „Wenn die Länder ihre derzeitige Zollpolitik deeskalieren und sich abstimmen, um für Klarheit und Stabilität in der Handelspolitik zu sorgen, könnten sich die Aussichten sofort aufhellen.“