Hertha BSC: Neuendorf tritt zurück, Niederlechner vekündet Abschied: Ab jetzt ohne Neuendorf
Neuendorf schmeißt hin, ein Stürmer deutet seinen Abschied an – und Reese schießt sich womöglich Richtung Bundesliga. Herthas Sieg in Ulm gerät zur Nebensache.

Der Ostersonntag hätte für Hertha BSC eigentlich nicht besser laufen können. Mit dem 3:2 gegen den SSV Ulm blieben die Berliner im fünften Zweitliga-Spiel in Serie ohne Niederlage. Torjäger Fabian Reese glänzte einmal mehr mit einem Doppelpack, der direkte Abstieg ist nun endgültig vom Tisch.
So weit, so gut. Hätten nicht zwei Abschiedserklärungen den blau-weißen Freudentaumel nachhaltig gedämpft. Zunächst kündigte Florian Niederlechner (34) nach seinem Siegtor am Sky-Mikrofon sein bevorstehendes Ende in Berlin an und sprach von seinen „wahrscheinlich letzten Spielen für die Hertha“. Sein Vertrag läuft Ende Juni aus, aktuell ist der Bayer nur noch Joker.
Neuendorf: Die letzten Jahre waren herausfordernd
Und als die ersten Spieler um kurz nach 22.00 Uhr wohl schon im Bett lagen, setzte Hertha zum nächsten Paukenschlag an. Der Direktor Akademie und Lizenzspielerbereich, Andreas „Zecke“ Neuendorf, tritt zurück. Mit sofortiger Wirkung und aus persönlichen Gründen. „Die letzten Jahre waren für den Verein und auch mich persönlich sehr herausfordernd. Ab jetzt ohne mich“, zitierte der Verein das bei den Fans beliebte Hertha-Urgestein.
Über die Hintergründe des Oster-Bebens kann derzeit nur spekuliert werden. Ist die mögliche Verpflichtung von Jonas Boldt ein Auslöser? In den vergangenen Tagen verdichteten sich die Medienberichte, wonach der frühere HSV-Sportvorstand als neuer starker Mann an der Spree im Gespräch sei. Womöglich müsse Thomas Herrich seinen Platz in der Geschäftsführung räumen, hieß es. Laut Kicker soll zudem über eine veränderte Rolle für Neuendorf nachgedacht worden sein.
Berichten zufolge sollen auch mögliche Interessenskonflikte ein Thema im Verein gewesen sein. So wechselte zuletzt ein Spieler aus Herthas Akademie zu einer Berater-Agentur, an der Neuendorfs Sohn beteiligt ist.
Neuendorf absolvierte als Spieler zwischen 1998 und 2010 insgesamt 196 Pflichtspiele für den Hauptstadtclub. Nach seinem Karriereende 2010 war er auch als Jugendtrainer bei Hertha BSC tätig und arbeitete seit Januar 2023 als Direktor Akademie und Lizenzspielerbereich. Noch im Herbst hatte er seinen Vertrag bis 2027 verlängert. „Einmal Herthaner, immer Herthaner“, äußerte Präsident Fabian Drescher.
Erst Neuendorf, dann Niederlechner, dann Reese?
Neuendorf also weg, Niederlechner fast weg - und Fabian Reese auf Abschiedstour? Es wirkt fast so, als wolle der von einigen Bundesligisten umworbene Torjäger zum Abschluss jeden einzelnen Hertha-Fan persönlich beschenken. Zwei Tore gegen Karlsruhe, eins gegen Köln, und auch beim umkämpften 3:2 in Ulm war Herthas Publikumsliebling zweimal erfolgreich. Fast im Alleingang schießt Reese den Hauptstadt-Club in seiner womöglich letzten Saison im Hertha-Trikot aus dem Abstiegskampf.
Die Schreckensszenarien aus dem Winter, bei denen Hertha BSC in einem Atemzug mit der 3. Liga genannt worden war, sind nach acht Reese-Toren in den zurückliegenden sechs Spielen längst vergessen. „Fabi ist außergewöhnlich“, betonte Trainer Stefan Leitl erneut in seinem wöchentlichen Lob.
Lukrative Transfers für Hertha unumgänglich
Wo stünde der Hauptstadt-Klub, wenn Reese nicht fast die gesamte Hinrunde verletzungsbedingt verpasst hätte? Die Fans blicken mit Sorge auf den Transfersommer mit dem drohenden Abgang ihrer Identifikationsfigur. Augsburg, Hoffenheim, Freiburg und Wolfsburg sollen Interesse haben. Zwar besitzt Reese noch einen Vertrag bis 2028, doch Herthas angespannte Finanzlage macht lukrative Transfers nahezu unumgänglich.
Gleichzeitig lechzt der Verein nach dem Aufstieg. Und der ist ohne Reese schwer vorstellbar. Ein Argument für einen Verbleib könnte „Lieblingstrainer“ Leitl sein. Der 47-Jährige möchte nicht über mögliche Spielerverkäufe reden. Schon gar nicht, solange der Klassenerhalt noch nicht fix ist. Mit einem Sieg am Freitag gegen Magdeburg wäre aber auch hinter diesem Thema ein Haken. „Wir stehen kurz davor und wollen auch noch durch die Tür gehen. Dann gibt es neue Ziele“, kündigte Leitl ein. Ein Ziel könnte sein, Reese zu halten.