Haushaltspolitik: Endlich ein Wumms, der diesen Namen verdient

Die Schuldenbremse ist Geschichte. Die Pläne von Union und SPD wären das größte Investitions- und Konjunkturprogramm seit der Wiedervereinigung. Das ist richtig und lange überfällig, aber auch eine Verpflichtung – für schmerzhafte Reformen 

Mär 5, 2025 - 14:33
 0
Haushaltspolitik: Endlich ein Wumms, der diesen Namen verdient

Die Schuldenbremse ist Geschichte. Die Pläne von Union und SPD wären das größte Investitions- und Konjunkturprogramm seit der Wiedervereinigung. Das ist richtig und lange überfällig, aber auch eine Verpflichtung – für schmerzhafte Reformen 

Das hätten sich Olaf Scholz und Robert Habeck nicht schöner ausdenken können. Die Ausgaben für die Verteidigung fallen künftig größtenteils nicht mehr unter die Schuldenbremse, für Investitionen gibt es 500 Milliarden extra über zehn Jahre, und die Länder dürfen sich künftig genauso verschulden wie der Bund. Das sind hunderte Milliarden extra an neuen Krediten für die Bundeswehr, für neue Straßen, bessere Energienetze, neue Schulen und eine modernere Bahn – es ist das wohl größte Investitionsprogramm einer Bundesregierung seit der Wiedervereinigung 1990. 

Bei allen berechtigten Bedenken und Einwänden gegen eine schuldenfinanzierte Politik: Dieses Paket ist richtig und angemessen. Richtig, weil Deutschland tatsächlich dringend und schon lange einen massiven Modernisierungsschub für seine öffentliche Infrastruktur braucht. Und angemessen, weil die Umstürze in der Weltpolitik tatsächlich kein Zaudern und Zögern mehr dulden, sondern eine massive Aufrüstung der nationalen und europäischen Verteidigungsfähigkeit. Es ist also gut, dass sich Union und SPD so schnell geeinigt haben.

Friedrich Merz macht auf Scholz und Habeck

Natürlich hat es eine besondere Ironie, – man könnte auch sagen: Dreistigkeit –, dass ausgerechnet ein angehender CDU-Kanzler eine Politik verkündet, die SPD und Grüne über Jahre erfolglos durchzusetzen versucht haben. Schließlich war es vor allem Friedrich Merz, der im Wahlkampf alles gleichzeitig versprach: endlich wieder Wachstum, gleichzeitig große Steuerentlastungen, und das alles ohne höhere Schulden. Nun ist er es, der jene Regel im Grundgesetz aushebelt, die er angeblich noch so beherzt verteidigen wollte. Gerne würde man heute Morgen die Tischkanten in den Büros des Noch-Kanzlers und des scheidenden Wirtschaftsministers sehen.

Doch man muss Merz gratulieren und ihm E­rfolg wünschen: Wohl jeder Kanzler stand im Laufe seiner Amtszeit vor der Aufgabe, mit alten Überzeugungen und Tabus zu brechen – Merz musste das nun sogar vor Amtsantritt tun. Es ist gut, dass er nicht gezögert hat. 

Ende der Schuldenbremse gibt Spielraum für Steuersenkungen

Ebenso wichtig wäre, dass er in den nun kommenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD an seinen ambitionierten Plänen für Steuerentlastungen festhält. Der Kompromiss zur Schuldenbremse enthält auch dafür Spielräume. Wenn die Wirtschaft auch jenseits der Bau- und Rüstungsbranche in den kommenden Jahren wieder wachsen soll, wenn Verbraucher und Unternehmen wieder konsumieren und investieren sollen, dann muss der Faktor Arbeit entlastet werden. Leistung und Arbeit müssen sich lohnen, nur so entsteht auch in der Breite der Gesellschaft eine neue wirtschaftliche Dynamik.

Elterngeld und Bürgergeld reformieren

Allerdings, die vielen Milliarden auf Pump sind auch eine Verpflichtung – gerade für einen Kanzler Merz, der sich auf die Fahnen geschrieben hatte, unpopuläre Reformen angehen zu wollen. Wer sich so viel Geld leiht, wird jetzt umso mehr den Kernhaushalt in Ordnung bringen müssen – die Balance aus Einnahmen und Ausgaben. Eine schnellere und straffere Verwaltung sowie zielgenauere Sozialtransfers (etwa eine Reform des Bürgergelds oder einen Neuzuschnitt des Elterngelds) müssen jetzt erst recht kommen. Solche Strukturreformen sind notwendig, damit das zusätzliche Geld für die Modernisierung des Landes nicht einfach versickert oder am Ende über Umwege doch vor allem in konsumtive Ausgaben und höhere Rentenzahlungen fließt.

Wahrscheinlich werden Union und SPD in den kommenden Wochen noch harte Diskussionen ausfechten. Der Kompromiss zur Schuldenbremse ist nur ein erster, wichtiger Schritt – das konkrete Programm zur Erneuerung des Landes, auf das so viele warten, muss die angehende Koalition noch entwerfen.