Freiberufler oder Gewerbe: Was ist der Unterschied?
Wer sich in Deutschland selbstständig macht, muss sich früher oder später mit der Frage auseinandersetzen, ob die eigene Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich gilt. Diese Unterscheidung hat weitreichende Folgen, insbesondere in steuerlicher, administrativer und rechtlicher Hinsicht. Während Freiberufler von einigen bürokratischen Pflichten befreit sind, müssen Gewerbetreibende sich an strengere Vorschriften halten. Doch die Grenzen sind […] Der Beitrag Freiberufler oder Gewerbe: Was ist der Unterschied? erschien zuerst auf ftd.de.


Freiberufler oder Gewerbe? (Bild: Tim van der Kuip, Unsplash)
Wer sich in Deutschland selbstständig macht, muss sich früher oder später mit der Frage auseinandersetzen, ob die eigene Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich gilt.
Diese Unterscheidung hat weitreichende Folgen, insbesondere in steuerlicher, administrativer und rechtlicher Hinsicht. Während Freiberufler von einigen bürokratischen Pflichten befreit sind, müssen Gewerbetreibende sich an strengere Vorschriften halten.
Doch die Grenzen sind nicht immer eindeutig – und das Finanzamt hat im Zweifelsfall das letzte Wort.
Rechtliche Definition: Wann gilt eine Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich?
Freiberufliche Tätigkeiten: Persönliches Wissen und Qualifikation im Mittelpunkt
Freiberufler üben eine Tätigkeit aus, die auf persönlichem Wissen, Können und Erfahrung basiert. Diese Tätigkeiten werden in § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) definiert und umfassen wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Arbeiten.
Freiberufliche Berufe sind meist durch eine hohe Qualifikation oder schöpferische Begabung geprägt und setzen eine eigenverantwortliche Dienstleistung voraus. Es gibt eine sogenannte Katalogliste freiberuflicher Tätigkeiten, zu denen unter anderem Ärzte, Anwälte, Architekten, Ingenieure, Journalisten und Steuerberater gehören. Darüber hinaus gibt es „katalogähnliche Berufe“, die im Einzelfall geprüft und vom Finanzamt als freiberuflich eingestuft werden können.
Typische Merkmale freiberuflicher Tätigkeiten:
- Erbringung persönlicher Dienstleistungen höherer Art
- Hohe Bildung oder besondere fachliche Qualifikation erforderlich
- Unabhängige und eigenverantwortliche Arbeitsweise
- Keine gewerbliche Struktur (z. B. kein Handel mit Waren, keine standardisierten Produktionsprozesse)
Beispiele für Freiberufler nach Berufsgruppen
Typische Freiberufler-Berufe | Besondere Merkmale | |
---|---|---|
Heilberufe | Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Heilpraktiker, Apotheker, Physiotherapeuten | Hohe Qualifikation, persönliche Dienstleistung, oft berufsrechtliche Regelungen |
Rechts- und Steuerberufe | Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Patentanwälte | Strenge gesetzliche Vorgaben, Pflichtmitgliedschaft in Berufskammern |
Wirtschafts- und Beratungsberufe | Unternehmensberater, Betriebswirte, Buchhalter (vereidigt), Sachverständige | Fachwissen und Beratung im wirtschaftlichen Bereich, meist keine gewerblichen Tätigkeiten |
Technische und wissenschaftliche Berufe | Ingenieure, Architekten, Chemiker, Informatiker (je nach Tätigkeit), Umweltgutachter | Wissenschaftliche oder kreative Tätigkeit, erfordert akademische Ausbildung |
Künstlerische Berufe | Schriftsteller, Journalisten, Designer, Fotografen, Musiker, Bildhauer, Schauspieler | Kreative und künstlerische Arbeit, oft unabhängig und ohne gewerbliche Strukturen |
Pädagogische und unterrichtende Berufe | Dozenten, Lehrer, Coaches, Erzieher, Yogalehrer, Sprachtrainer | Bildungsnahe Tätigkeit, oft freiberuflich tätig in Schulen, Universitäten oder als Selbstständige |
Medien- und Kreativberufe | Texter, Drehbuchautoren, Grafiker, Illustratoren, Übersetzer, Dolmetscher | Individualisierte kreative Dienstleistungen, keine standardisierte Produktion oder Massenware |
Gewerbetreibende: Wirtschaftliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht
Im Gegensatz dazu definiert das Einkommensteuergesetz einen Gewerbebetrieb als eine selbstständige, nachhaltige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht, die am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt. Ein Gewerbe liegt vor, wenn die Tätigkeit nicht als freiberuflich eingestuft werden kann.
Gewerbliche Tätigkeiten sind unter anderem:
- Handwerksbetriebe (z. B. Schreiner, Friseure, Bäckereien)
- Handelsbetriebe (Einzelhandel, Online-Shops, Großhandel)
- Produktionsbetriebe und Industrieunternehmen
- Gastronomiebetriebe
- Vermittlungstätigkeiten wie Makler oder Handelsvertreter
Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG gelten per Definition immer als Gewerbebetriebe, unabhängig davon, welche Dienstleistungen oder Produkte sie anbieten.
Die Einstufung ist nicht immer eindeutig – oft kommt es auf die genaue Ausgestaltung der Tätigkeit an. Wer beispielsweise als Informatiker oder Designer arbeitet, kann sowohl freiberuflich als auch gewerblich tätig sein, je nachdem, ob die Arbeit eher individuell oder standardisiert erfolgt.
Freiberufler vs. Gewerbetreibender: Die wichtigsten Unterschiede
Freiberufler | Gewerbetreibender | |
---|---|---|
Gesetzliche Grundlage | § 18 EStG | § 15 EStG |
Beispiele | Ärzte, Anwälte, Architekten, Journalisten, Designer, Berater | Einzelhandel, Handwerk, Gastronomie, Online-Shops, Produktionsbetriebe |
Anmeldung | Beim Finanzamt (formlose Meldung) | Beim Gewerbeamt (Pflicht) |
Gewerbesteuer | Keine | Pflicht ab 24.500 € Gewinn pro Jahr |
IHK-/HWK-Mitgliedschaft | Nicht erforderlich | Pflichtmitgliedschaft mit Beiträgen |
Buchhaltung | Immer Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) möglich | EÜR bis 800.000 € Umsatz / 80.000 € Gewinn, danach doppelte Buchführung |
Rechtsform | Immer eine natürliche Person (Einzelunternehmer, Freiberufler) | Kann Einzelunternehmen oder Kapitalgesellschaft (GmbH, UG) sein |
Tätigkeitsmerkmale | Wissenschaftlich, kreativ, beratend, persönlich erbrachte Dienstleistungen | Wirtschaftlich orientierte Tätigkeiten, Handel, Produktion, standardisierte Dienstleistungen |
Wachstum & Skalierung | Begrenzte Möglichkeiten, oft an die eigene Person gebunden | Leichtere Expansion, Skalierbarkeit möglich |
Kontrolle durch das Finanzamt | Finanzamt entscheidet über die Einstufung | Gewerbe ist klar geregelt, Kontrolle durch IHK und Finanzamt |
Woher weiß ich, ob ich Freiberufler bin oder ein Gewerbe habe?
Sind Sie unsicher, ob Sie Freiberufler oder Gewerbetreibender sind? Diese Fragen helfen bei der Einordnung:
- Verkaufen Sie Waren, z. B. in einem Laden oder Online-Shop? → Gewerbe
- Arbeiten Sie im Handwerk, der Industrie, Gastronomie oder im Handel? → Gewerbe
- Bieten Sie unterrichtende, beratende, planende oder künstlerische Leistungen an? → Freiberufler
- Ähnelt Ihre Tätigkeit einem Katalogberuf nach § 18 EStG? → Freiberufler
Im Zweifel gibt das Finanzamt oder ein Steuerberater eine rechtsverbindliche Einschätzung.
Wer entscheidet, ob ich Freiberufler bin oder ein Gewerbe habe?
Ob eine Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich eingestuft wird, entscheidet letztendlich das Finanzamt. Bei der Anmeldung Ihrer Selbstständigkeit prüfen die Finanzbehörden, ob Ihre Tätigkeit in die Kategorie der Freien Berufe nach § 18 EStG fällt oder ob ein Gewerbebetrieb nach § 15 EStG vorliegt.
Wenn Ihre Tätigkeit klar in die Liste der Katalogberufe (z. B. Ärzte, Anwälte, Architekten, Journalisten) fällt, wird sie in der Regel als freiberuflich anerkannt. Schwieriger wird es bei katalogähnlichen Berufen oder Tätigkeiten mit gemischten Elementen. Hier entscheidet das Finanzamt anhand der konkreten Arbeitsweise, ob Sie als Freiberufler oder Gewerbetreibender gelten.
Falls das Finanzamt Ihre Tätigkeit als gewerblich einstuft, obwohl Sie sich als Freiberufler sehen, können Sie Einspruch einlegen. In manchen Fällen muss dann ein Gericht klären, wie die Tätigkeit einzuordnen ist. Ein Steuerberater oder das Finanzamt selbst kann im Vorfeld helfen, Unsicherheiten zu vermeiden.
Steuerliche Unterschiede: Welche Auswirkungen hat die Einstufung als Freiberufler oder Gewerbe?
Der wohl größte Unterschied zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden liegt im Steuerrecht.
Gewerbesteuer: Ein wesentlicher Kostenfaktor für Gewerbetreibende
Während Freiberufler von der Gewerbesteuer befreit sind, müssen Gewerbetreibende diese an die Gemeinde zahlen, in der ihr Betrieb ansässig ist. Der Gewerbesteuer-Hebesatz variiert je nach Stadt oder Region.
Allerdings gibt es für Einzelunternehmer und Personengesellschaften einen Freibetrag von 24.500 Euro. Erst wenn der Gewinn diese Grenze übersteigt, wird Gewerbesteuer fällig. Für Kapitalgesellschaften gibt es diesen Freibetrag nicht, sie müssen vom ersten Euro an Gewerbesteuer zahlen.
Ein Teil der gezahlten Gewerbesteuer kann auf die Einkommensteuer angerechnet werden, sodass die Belastung nicht doppelt anfällt. Dennoch kann die Gewerbesteuer ein erheblicher Kostenpunkt sein, insbesondere in Gemeinden mit hohen Hebesätzen.
Art der Einkünfte: Unterschiedliche steuerliche Behandlung
- Freiberufler erzielen „Einkünfte aus selbstständiger Arbeit“ nach § 18 EStG.
- Gewerbetreibende erzielen „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ nach §§ 15–17 EStG.
Diese Unterscheidung beeinflusst auch weitere steuerliche Regelungen, etwa die Pflicht zur Gewerbesteuer oder die Möglichkeiten zur Abschreibung von Betriebsausgaben.
Administrative Unterschiede: Welche Pflichten gibt es?
Die gewerbliche Tätigkeit ist mit mehr Verwaltungsaufwand verbunden als eine freiberufliche Tätigkeit.
Gewerbeanmeldung oder steuerliche Anmeldung?
- Gewerbetreibende müssen ihr Gewerbe beim Gewerbeamt der Stadt oder Gemeinde anmelden. Dies ist Pflicht und führt automatisch zur Mitgliedschaft in der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK).
- Freiberufler müssen kein Gewerbe anmelden, sondern lediglich eine Steuernummer beim Finanzamt beantragen.
Buchführungspflichten: Erleichterungen für Freiberufler
- Freiberufler dürfen unabhängig von Umsatz und Gewinn immer die vereinfachte Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) nutzen.
- Gewerbetreibende dürfen die EÜR nur nutzen, solange ihr Umsatz unter 800.000 Euro oder ihr Gewinn unter 80.000 Euro liegt. Wird diese Grenze überschritten, besteht die Pflicht zur doppelten Buchführung mit Bilanzierung.
Die Buchhaltung kann für Gewerbetreibende also aufwendiger werden, insbesondere wenn die Firma wächst.
Wie melde ich eine freiberufliche Tätigkeit an?
Wer als Freiberufler arbeiten möchte, muss kein Gewerbe anmelden, sondern lediglich seine Tätigkeit beim Finanzamt anzeigen.
Die Anmeldung erfolgt formlos per Brief oder über das entsprechende Online-Portal des zuständigen Finanzamts:
- Formlose Mitteilung ans Finanzamt: Geben Sie an, welche Tätigkeit Sie ausüben und ab wann Sie starten.
- Fragebogen zur steuerlichen Erfassung ausfüllen: Diesen erhalten Sie nach der Anmeldung oder können ihn direkt über das ELSTER-Portal online ausfüllen.
- Steuernummer erhalten: Nach der Prüfung durch das Finanzamt bekommen Sie eine Steuernummer, die Sie für Rechnungen und Steuererklärungen benötigen.
- (Optional) Umsatzsteuer-ID beantragen: Falls Sie Rechnungen ins EU-Ausland schreiben oder von der Kleinunternehmerregelung keinen Gebrauch machen wollen.
- (Bei bestimmten Berufen) Anmeldung bei einer Berufskammer: Einige freie Berufe, wie Ärzte oder Rechtsanwälte, haben eine Pflichtmitgliedschaft in einer Kammer.
Nach der Anmeldung kann die Tätigkeit sofort aufgenommen werden. Es gibt keine Gewerbeanmeldung, keine IHK-Mitgliedschaft und keine Gewerbesteuerpflicht.
Wie melde ich ein Gewerbe an?
Wer ein Gewerbe betreiben will, muss es beim Gewerbeamt der Stadt oder Gemeinde anmelden.
Dieser Schritt ist Pflicht und sollte vor Aufnahme der Tätigkeit erfolgen.
- Gewerbeamt aufsuchen oder online anmelden: Die Anmeldung kann oft online erfolgen, alternativ vor Ort oder schriftlich per Formular.
- Gewerbeanmeldungsformular ausfüllen: Hier müssen Angaben zur Person, zum Unternehmensnamen, zur Tätigkeit und zur Betriebsstätte gemacht werden.
- Gebühr bezahlen: Je nach Stadt oder Gemeinde kostet die Gewerbeanmeldung zwischen 15 und 65 Euro.
- Gewerbeschein erhalten: Nach erfolgreicher Anmeldung wird der Gewerbeschein ausgestellt, mit dem das Geschäft offiziell betrieben werden kann.
- Finanzamt informiert sich automatisch: Nach der Gewerbeanmeldung meldet sich das Finanzamt und fordert den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung an.
- (Falls erforderlich) Anmeldung bei IHK oder HWK: Gewerbetreibende werden automatisch Mitglied in der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder der Handwerkskammer (HWK) und müssen dort Beiträge zahlen.
- (Optional) Handelsregistereintrag: Für Kleingewerbetreibende nicht erforderlich, aber für größere Unternehmen oder Kapitalgesellschaften Pflicht.
Erst nach der Gewerbeanmeldung darf offiziell mit dem Geschäft gestartet werden. Gewerbetreibende müssen außerdem Gewerbesteuer zahlen, sofern der Gewinn über 24.500 Euro pro Jahr liegt.
Fazit: Was ist besser – freiberuflich oder gewerblich?
Ob eine freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit besser ist, hängt stark von der Art des Geschäfts und den individuellen Zielen ab. Beide Formen haben Vor- und Nachteile, die sich vor allem in der steuerlichen Behandlung, den bürokratischen Pflichten und der rechtlichen Einordnung unterscheiden.
Freiberufler genießen einige erhebliche Vorteile: Sie müssen kein Gewerbe anmelden, zahlen keine Gewerbesteuer und sind nicht IHK-pflichtig. Auch die Buchhaltung ist einfacher, da sie unabhängig vom Umsatz immer die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) nutzen können. Wer also in einem Bereich arbeitet, der auf Wissen, Kreativität oder persönliche Dienstleistung basiert, sollte – wenn möglich – als Freiberufler starten.
Wer eine Tätigkeit ausübt, die nicht als Freier Beruf gilt, kommt um ein Gewerbe nicht herum. Gewerbetreibende müssen ein Gewerbe anmelden, Gewerbesteuer zahlen (ab 24.500 Euro Gewinn) und Mitglied in der IHK oder HWK sein. Dafür bietet ein Gewerbe oft mehr Wachstumschancen – insbesondere, wenn Mitarbeiter eingestellt, Produkte verkauft oder größere Strukturen aufgebaut werden sollen.
Was ist nun besser?
- Freiberuflich ist ideal für alle, die persönliche Dienstleistungen, kreative oder beratende Tätigkeiten ausüben und den bürokratischen Aufwand möglichst gering halten wollen.
- Ein Gewerbe ist die bessere Wahl für alle, die Handel betreiben, Dienstleistungen standardisiert anbieten oder ein skalierbares Geschäftsmodell aufbauen möchten.
Letztlich entscheidet jedoch nicht die eigene Präferenz, sondern das Finanzamt, welche Einstufung gilt. Wer unsicher ist, sollte sich vorab beraten lassen – denn eine falsche Einordnung kann später teuer werden
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