Expedition 33 ist so gut, weil es sich fast alle Inhalte „zusammengeklaut“ hat

Expedition 33 ist ein starker Anwärter auf das Spiel des Jahres 2025. Dabei hat es sich sehr viel zusammengeklaut – aber das extrem gut. Der Beitrag Expedition 33 ist so gut, weil es sich fast alle Inhalte „zusammengeklaut“ hat erschien zuerst auf Mein-MMO.

Mai 6, 2025 - 11:37
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Expedition 33 ist so gut, weil es sich fast alle Inhalte „zusammengeklaut“ hat
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Expedition 33 ist ein starker Anwärter auf das Spiel des Jahres 2025. Dabei hat es sich sehr viel zusammengeklaut – aber das extrem gut.

Clair Obscur: Expedition 33 hat die Welt der RPG-Fans im Sturm erobert und ist ein richtig dicker Hit geworden. Besonders, wenn man bedenkt, dass das Spiel das Erstlingswerk von Sandfall Interactive und vielen der Mitarbeiter ist. Dabei scheint Expedition 33 in den Spielerinnen und Spielern eine Menge Emotionen auszulösen und flüssiges Gameplay mit toller Story und wunderbarem Art-Style zu vereinen.

Der Grund, warum das alles so gut funktioniert, ist der Umstand, dass so ziemlich jede Mechanik im Spiel „zusammengeklaut“ ist – allerdings auf die bestmöglichste Art und Weise.

Spoiler-Warnung: In dem Artikel werde ich auch etwas auf die Story von Clair Obscur: Expedition 33 eingehen. Wenn ihr die noch nicht abgeschlossen habt, kann es Spoiler geben.

Frei nach den Prinzen „Alles nur geklaut“, werden Gaming-Veteranen in Clair Obscur: Expedition 33 eine nahezu erdrückende Menge an Parallelen und Inspirationen erkennen, an denen sich das Spiel bedient hat. Besonders Final Fantasy und die Persona-Reihe kann man nicht von der Hand weisen.

Das grundsätzliche Design der Spielwelt, also dass es eine „Overworld“ gibt, auf der man herumreisen kann, um dann einzelne Orte zu besuchen, erinnert ebenfalls an RPGs von vor über 2 Jahrzehnten. Die ganze Final-Fantasy-Reihe hat das bis Teil 9 genutzt und auch sehr viele andere JRPGs haben sich daran bedient. Auch dort ist es so, dass man zu Beginn zu Fuß unterwegs ist und dann erst mit einem Schiff und später einem Luftschiff immer mehr Gebiete zur Auswahl hat und versteckte Orte entdecken kann.

Ungewöhnlich ist, dass Expedition 33 auf ein rundenbasiertes Kampfsystem setzt. Das gilt als „aus der Zeit gefallen“, sodass selbst Final Fantasy sich mit den letzten Teilen davon verabschiedet hat und lieber auf Action setzt. Eine Sache, die vielen Fans missfällt.

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Aber Clair Obscur hat sich nicht darauf ausgeruht, sondern das Ganze mit einem anderen System kombiniert, das extrem erfolgreich ist: Die Souls-Spiele. Mit knackigen Zeitfenstern von nur 150 Millisekunden zum Parieren, braucht man Geduld, Geschick und muss Kampfmuster auswendig lernen. Das ist anspruchsvoll, aber niemals überfordernd und immer fair.

Dabei hat Expedition 33 penibel darauf geachtet, all das zu beseitigen, was bei Metaphor oder Persona genervt hat. Ein Kampf läuft nicht nach Plan? Dann muss man nicht umständlich sterben, sondern kann direkt neu laden und erneut beginnen.

Speicherpunkte sind nicht selten verteilt, sondern das Spiel speichert jedes Mal, nachdem man die Ausrüstung der Charaktere im Menü auf irgendeine Weise angepasst hat.

Auch das Skill-System ist aus Final Fantasy IX übernommen. Die Lumina sind im Grunde 1:1 das Ability-System. Man legt Gegenstände an, bekommt dadurch passive Effekte und wenn man den Gegenstand lange genug getragen hat, „lernt“ man den passiven Effekt und kann ihn durch verteilbare Punkte aktivieren oder deaktivieren. Nur muss man das in Clair Obscur nicht für jeden Charakter wiederholen.

Selbst die Story hat stark bei Final Fantasy abgeschaut

Zuletzt möchte ich auf die Story eingehen. Denn auch wenn die absolut überragend, komplex und herzzerreißend ist, kann man hier ebenfalls eine Menge Inspiration aus Final Fantasy X finden. Ein paar Beispiele gefällt?

In Final Fantasy X versuchen die Menschen gegen eine Bedrohung anzukämpfen, die in regelmäßigen Abständen ganze Städte auslöscht. Das ist hier die Bestie „Sin“, was in Expedition 33 die Malerin ist.

Am Ende stellt sich heraus, dass Sin nicht einfach ein Bösewicht ist (genau wie die riesige Malerin), sondern Sin im Auftrag einer anderen Person handelt – so wie die Malerin auch.

Vernichtet man Sin, besiegt man nicht einfach nur die Bedrohung für die Welt, sondern gleich eine ganze Welt und alle die dort leben. Exakt das gleiche trifft auf die Malerin zu, deren Bezwingen (beinahe) sämtliche Menschen auf der Welt auslöscht.

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Deepe Monologe, die man erst nach dem Ende versteht, gibt’s natürlich auch. Wie es sich gehört.

Der Vater des Protagonisten, also Renoir für Verso und Jekkt für Tidus, ist am Anfang ein Bösewicht, der irrational, selbstgefällig und bösartig wirkt. Erst am Ende wird klar, wie sehr ihm die eigene Familie am Herzen liegt.

Einer der Protagonisten in beiden Spielen (Tidus und Verso) existiert gar nicht. Während Tidus nur ein „Traum der Vergangenheit“ ist, ist Verso nur das gemalte Abbild einer Erinnerung an den echten Verso, der gestorben ist. Den Kreislauf zu durchbrechen und den Antagonisten zu vernichten, führt zum Tod des Protagonisten.

Ich könnte damit noch lange weitermachen. Fast jeder große „Story Beat“ kam in abgewandelter Form in Final Fantasy X ebenfalls vor.

Geklaut, verbessert und ein Meisterwerk erschaffen

Dabei meine ich all diese Punkte gar nicht als Kritik. Denn die Art, wie Clair Obscur all diese Elemente miteinander kombiniert – von der Story über das Kampfsystem und die Atmosphäre – und daraus etwas Neues erschafft, ist nicht weniger als phänomenal. Ich würde hier sogar fast von dem „Blizzard-Prinzip“ sprechen, bei dem man erfolgreiche Systeme übernimmt und verfeinert, bis sie nahezu perfekt sind. Das ist Sandfall Interactive mit Clair Obscur: Expedition 33 ganz eindeutig gelungen.

Ich bin dem Entwickler-Team sehr dankbar, dass sie Inspiration aus so vielen alten JRPGs der Final-Fantasy-Reihe gezogen haben und diese mit modernen Mechaniken aus Action-Games wie Dark Souls oder Elden Ring kombiniert haben.

Ich habe mich während der rund 50 Stunden Spielzeit wieder gefühlt, als wäre ich 20 Jahre jünger. Als würde ich eine Welt erkunden, die mich so sehr in den Bann gezogen hat, wie Final Fantasy X es damals getan hat. Bei der jedes einzelne Level ein Kunstwerk war, voller Geheimnisse, die man ergründen und begreifen will.

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Die Cutscenes sind allesamt ein Kunstwerk.

Clair Obscur: Expedition 33 hat diese Nostalgie genommen, sie in ein neues Antlitz gegossen und damit ein Kunstwerk geschaffen, von dem ich dachte, dass es in der heutigen Gaming-Welt gar nicht mehr vorkommen würde. Es hat nur sehr wenig Ideen, die wirklich „neu“ sind. Lediglich die Kombination all der Spielelemente gab es in dieser Form noch nicht. Genau das reicht aus. Das und die aus jeder Minute spürbare Leidenschaft der Entwickler, dass sie ein Spiel erschaffen haben, das sie selbst gerne spielen wollen.

Expedition 33 ist für mich schon jetzt das Spiel des Jahres und eines, zu dem ich noch sehr, sehr, sehr oft zurückkehren würde. Das wird mein neues „Wohlfühl“-Spiel, auf das ich alle 1-2 Jahre zurückgreife, wenn ich mal ein Wochenende für mich sein will und einfach eine gute Zeit haben will und mich nicht darüber aufrege, wie ätzend moderne Spiele doch in vielen Belangen sind. Danke dafür. Dieses Spiel ist eine wahre Bereicherung für mein Leben gewesen.
Auch, wenn ich viele Geheimnisse am Anfang übersehen habe …

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