Erythrit: Gesund oder gefährlich? Fakten & Studien im Check
„Süßstoff Erythrit erhöht Herzinfarkt-Risiko!“ Diese Schlagzeile hat Dir vielleicht auch einen kleinen Schock versetzt. Du stehst vor Deinem Küchenschrank, hältst die Packung Xucker Light in der Hand und fragst Dich: „Ist das jetzt gefährlich?“ Ich kenne das Gefühl. Wirklich. Jahrelang greifst Du zu einem Produkt, das Dir beim Abnehmen hilft, das Deinen Protein-Quark süßt ohne […] Bist Du RSS-Feed Leser? Dann geh' sicher, dass Du Dir den Bonus auf meinem Blog nicht entgehen lässt: Klicke hier und anschließend auf den Button "Ja, ich will dranbleiben!".

„Süßstoff Erythrit erhöht Herzinfarkt-Risiko!“
Diese Schlagzeile hat Dir vielleicht auch einen kleinen Schock versetzt. Du stehst vor Deinem Küchenschrank, hältst die Packung Xucker Light in der Hand und fragst Dich: „Ist das jetzt gefährlich?“
Ich kenne das Gefühl. Wirklich.
Jahrelang greifst Du zu einem Produkt, das Dir beim Abnehmen hilft, das Deinen Protein-Quark süßt ohne Deinen Blutzucker zu crashen – und plötzlich soll es Dein Herz gefährden?
Genau solche Meldungen haben vor einiger Zeit die Runde gemacht. „Erythrit ist doch nicht unbedenklich“, „Risiko süßer Erythrit“ und sogar „Erhöhte Gesundheitsgefahr durch Zuckeraustauschstoff Erythrit“ titelten die Medien.
Das Problem: Diese Schlagzeilen erzählen nur die halbe Geschichte.
Die Wissenschaftsredaktion von Examine hat sich die Studie genauer angeschaut, und ich habe ihre fundierte Analyse gelesen. Das Ergebnis ist erhellend.
Denn hier passiert wieder mal etwas, das in der Ernährungswissenschaft leider Alltag ist: Eine einzelne Studie wird aus dem Kontext gerissen und plötzlich steht ein Lebensmittel am Pranger, das vielleicht völlig unschuldig ist.
Nach diesem Artikel wirst Du die Studienlage endlich richtig einordnen können.
Und vielleicht – nur vielleicht – legst Du die Xucker-Light-Packung entspannt zurück in Deinen Schrank, anstatt sie vorschnell in den Müll zu werfen.
Let’s go!
Themenübersicht
- Was ist Erythrit überhaupt?
- Die Schlagzeilen, die (mal wieder) für Verunsicherung sorgen
- Der Blick hinter die Kulissen: Was die Studie wirklich untersucht
- Korrelation vs. Kausalität – ein wichtiger Unterschied
- Die Reagenzglas- und Tierstudien
- Was sagt die Forschung insgesamt?
- Fazit: Entspann Dich – und bleib kritisch
Podcast zum Artikel bei Fitness mit M.A.R.K.
Was ist Erythrit überhaupt?
Erythrit ist ein Zuckeraustauschstoff, der nicht ganz so süß ist wie Zucker, aber genauso hitzebeständig und dadurch ziemlich praktisch.
Das Besondere: Erythrit kommt in ganz natürlicher Form vor – zum Beispiel in Obst, in Pilzen, in Käse oder auch in Pistazien.
Und Dein Körper, ob Du es glaubst oder nicht, stellt Erythrit auch selbst her.12
Das macht Erythrit so praktisch:
- Kalorienfrei
- Hitzebeständig – ideal zum Backen und Kochen
- In natürlicher Form vorkommend
Die Schlagzeilen, die für Verunsicherung sorgen
Der Hintergrund dieser Berichte ist eine Studie, die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, und zwar im Jahr 2023.3 Dabei wurden die Erythrit-Spiegel im Blut von Hochrisikopatienten erforscht.
Wenn Du zu Hause Erythrit als Süßungsmittel verwendest, bist Du jetzt vielleicht verunsichert. Zucker-Light ist zum Beispiel so eine Handelsmarke von Erythrit.
Die Frage ist berechtigt: Kannst Du so einen Stoff noch zum Süßen verwenden oder riskierst Du damit Deine Gesundheit?
Der Blick hinter die Kulissen: Was die Studie wirklich untersucht
Am besten werfen wir mal einen Blick auf die Originalstudie. Was wurde konkret untersucht und welche Ergebnisse kamen dabei wirklich raus?
Die zentrale Frage der Studie war: Ob der Blutspiegel von Erythrit mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammenhängt und falls ja, woran das liegt.
Die Forscher haben drei verschiedene Kohorten untersucht:
- Die Entdeckungs-Kohorte: 1157 Probanden mit einem Durchschnittsalter von 65 Jahren, die alle aufgrund von Symptomen, die auf eine Herz-Kreislauf-Erkrankung hindeuteten, untersucht wurden. 75,5% litten an einer koronaren Herzerkrankung, 16,7% an Herzinsuffizienz und 46,3% hatten bereits einen Herzinfarkt erlitten.
- Die US-Kohorte: Etwa 2150 Probanden mit einem Durchschnittsalter von 63 Jahren, von denen 75% eine koronare Herzkrankheit, knapp 20% Herzinsuffizienz und knapp 40% einen Herzinfarkt hatten.
- Die Europa-Kohorte: 833 Probanden mit einem Durchschnittsalter von 75 Jahren, davon knapp 70% mit koronarer Herzerkrankung, 18% mit Herzinsuffizienz und knapp 50% hatten bereits einen Herzinfarkt erlitten.
Das Wichtigste zuerst: Es waren keine gesunden Kohorten, sondern Menschen mit Symptomen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen!
Korrelation vs. Kausalität – ein wichtiger Unterschied
Bevor wir tiefer einsteigen, müssen wir einen wichtigen Unterschied klären: Korrelation versus Kausalität.
Diese beiden Punkte werden häufig verwechselt – nicht in der Studie, aber oft in Medien, die darüber berichten.
Hier ist ein Beispiel für eine Korrelation: Wenn viele Menschen Eis essen, dann steigt die Anzahl an Diebstählen. Das ist tatsächlich ein Zusammenhang, der so stattfindet. Eisverzehr und Diebstähle korrelieren also.
Aber das eine führt nicht zwangsläufig zum anderen!
Der tatsächliche Kausalzusammenhang ist ein anderer: Die Sonne scheint. Weil die Sonne scheint, gibt es mehr Diebstähle. Und zufällig führt der Sonnenschein eben auch dazu, dass Menschen mehr Eis essen.
In der öffentlichen Berichterstattung werden solche Korrelationen nur allzu häufig zu Kausalitäten verwandelt.
Die Ergebnisse der Studie
In der Entdeckungs-Kohorte korrelierten die Blutspiegel von Erythrit stark mit dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Interessanterweise hatten in den US- und Europa-Kohorten die Probanden im obersten 25. Perzentil (also mit dem höchsten Erythrit-Spiegel) ein größeres Erkrankungsrisiko als die im untersten 25. Perzentil – und zwar um 80% höher in der US-Kohorte und um 121% höher in der EU-Kohorte.
Die Reagenzglas- und Tierstudien
Die Forscher haben auch Reagenzglas-Studien durchgeführt und Studien an Mäusen.
In den Reagenzglas-Studien stellten sie fest, dass Vollblut mit Erythrit zur Verklumpung der Blutplättchen neigte.45
Bei Mäusen, denen Erythrit injiziert wurde, stoppten Blutungen schneller als bei einer Kontrollgruppe6, die nur eine Kochsalzlösung erhielt. Das deutet auf eine stärkere Blutgerinnungstendenz durch Erythrit hin.
Was sagt die Forschung insgesamt?
Die zentrale Frage bleibt: Erhöht der Verzehr von Erythrit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen?
Die Antwort lautet: nicht unbedingt.
Denn die Forscher haben lediglich Erythrit-Spiegel im Blut untersucht. Wir wissen also nicht, wie viel Erythrit die Teilnehmer tatsächlich zu sich genommen haben.
Der Blut-Erythrit-Spiegel hängt nicht allein vom Verzehr ab, sondern hier spielen auch andere Faktoren eine Rolle:12
- Dein Körper stellt selbst Erythrit her. Diese körpereigene Produktion von Erythrit beeinflusst den Erythrit-Spiegel im Blut. Wie? Über einen biochemischen Vorgang namens Pentosephosphatweg (PPP), der bei oxidativem Stress aktiviert wird. Ein höherer Erythrit-Spiegel muss nicht die Ursache für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Er könnte vielmehr auf einen generell schlechten Gesundheitszustand hindeuten.
- Die Ausscheidung über den Urin beeinflusst den Erythrit-Spiegel im Blut. Erythrit wird hauptsächlich über den Urin ausgeschieden. Eine eingeschränkte Nierenleistung kann also zu höheren Erythrit-Spiegeln im Blut führen.7 Eine Studie an chronisch nierenkranken Kindern deutet tatsächlich darauf hin, dass die Ausscheidung von Erythrit bei eingeschränkter Nierenfunktion abnimmt.89
Es gibt also überzeugende theoretische Erklärungen dafür, warum Erythrit im Blut mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen korreliert, ohne dabei ursächlich zu sein.
Was wir von TMAO lernen können
Es gibt ein interessantes Beispiel, das zeigt, wie eingeschränkt solche Beweise für mögliche Auswirkungen von Erythrit sein können: TMAO.
TMAO ist eine Chemikalie, die Dein Körper selbst herstellt.10 Größere Mengen entstehen normalerweise, wenn man Lebensmittel mit viel Cholin und Carnitin isst – wie Eier und rotes Fleisch.
2016 hat eine Forschungsgruppe (zu der auch mehrere Forscher aus der aktuellen Erythrit-Studie gehören) festgestellt, dass mehr TMAO im Blut mit einem höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergeht.
Das führte damals dazu, dass rotes Fleisch in Verruf geriet.
Seitdem traten jedoch mehrere Ungereimtheiten auf:
- Wenn Du Fisch isst, steigt Dein TMAO-Spiegel im Blut mehr an als bei jedem anderen Lebensmittel.1112 Gleichzeitig bekommen Menschen, die viel Fisch essen, seltener Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
- Menschen mit bestimmten Genvarianten haben einen erhöhten TMAO-Spiegel, aber kein allgemein höheres Risiko für Herzkrankheiten.13
Viele Forschende gehen inzwischen davon aus, dass TMAO selbst überhaupt nicht schädlich ist, sondern eher ein gutartiger Indikator für einen generell schlechten Gesundheitszustand sein kann.
Hinweise, die darauf hindeuteten, dass Erythrit Herzerkrankungen begünstigt, galten früher auch für TMAO. Aber nachfolgende Untersuchungen haben diese Zusammenhänge in Frage gestellt.
Fazit: Entspann Dich – und bleib kritisch
Letztlich liefert diese Studie keine überzeugenden Belege dafür, dass der Konsum von Erythrit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht.
Trotzdem gibt es bisher keine Langzeitstudien, in denen der Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Erythrit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht wurde. Daher fällt es schwer, einen möglichen negativen Einfluss vollständig auszuschließen.
Die Frage war: Verursacht Erythrit Herz-Kreislauf-Erkrankungen? Wir können recht klar sagen, darüber sagt die genannte Studie nichts aus.
Was wir wissen ist, dass der Erythrit-Spiegel im Blut mit dem Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen korreliert – und zwar bei Menschen, die einer Hochrisikogruppe angehören.
Was wir auch mit ziemlicher Sicherheit sagen können: Der Weg vom Zuckeraustauschstoff zurück zum Zucker ist höchstwahrscheinlich NICHT die gesündere Alternative.
Die wahrscheinlichste Erklärung ist: Der Erythrit-Spiegel ist vermutlich einfach ein gutartiges Signal für einen schlechten Gesundheitszustand.
Meine Empfehlung: Bleib entspannt.
Ich war auch mal an der Stelle vor zehn, 15 Jahren, wo ich dachte: „Oh Gott, dieses Lebensmittel darf ich jetzt nicht mehr essen.“ Wenn Du mich fragst, ich bleibe da immer ganz entspannt.
In meiner Vorratskammer wirst Du auf absehbare Zeit weiterhin Zucker-Light und andere Erythrit-Produkte finden, die ich auch nutze, gerade wenn es mal heiß hergehen soll beim Backen.
Ich hoffe, das war nicht zu wissenschaftlich und doch ein bisschen interessant.
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Bleib gesund, bleib kritisch – und vor allem: bleib dran!
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