E-Patientenakte: Was erwartet mich?

Die ePA für alle ist da. Was genau steht in meiner Akte – und was nicht? Und was kann ich an Zugriffsrechten einstellen? Eine Expertin beantwortet die wichtigsten Fragen.Laborwerte, Arztbriefe, OP-Berichte: Vor allem Menschen mit einer längeren Krankengeschichte tragen eine wahre Zettelwirtschaft von Arztpraxis zu Arztpraxis. Das soll die elektronische Patientenakte (ePA) Patienten und Praxen künftig ersparen. Seit dem 29. April ist sie bundesweit im Einsatz: Praxen, Apotheken und Kliniken können die ePA jetzt nutzen. Bereits seit Jahresbeginn haben die gesetzlichen Krankenkassen für alle Versicherten eine solche digitale Gesundheitsakte angelegt – sofern sie nicht widersprochen haben. Doch bei vielen Menschen gibt es Unsicherheiten, wie Sabine Wolter von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in ihren Kursen zur ePA immer wieder feststellt. "Viele Menschen haben die Vorstellung, dass der Arbeitgeber, die Krankenkasse oder sonstige Versicherungen wie die Lebensversicherung Zugriff auf die ePA nehmen können", sagt sie. Bedenken, die sich ausräumen lassen: Denn es ist gesetzlich geregelt, dass nur Leistungserbringer wie Arztpraxen oder Apotheken Zugriff auf die Akte haben – und das auch nur im Zusammenhang mit einer Behandlung oder Versorgung. Wer die Anwendung einrichtet, kann die Zugriffsrechte anpassen. Sie sind bereit? Das sollten Sie jetzt wissen: Die App ist eingerichtet. Finde ich jetzt alle alten Arztbriefe in meiner ePA?  Nein. Wer erwartet, alle Laborbefunde und Arztbriefe aus der Vergangenheit in der Akte zu finden, wird enttäuscht. "Grundsätzlich werden nur Dokumente eingestellt, die in einem aktuellen Behandlungszusammenhang anfallen", sagt Sabine Wolter. Ganz leer ist die ePA zu Beginn aber nicht: Gut möglich, dass man eine Liste der zuletzt verordneten Medikamente findet. "Diese Medikationsliste ist eine der ersten Funktionen der ePA. Dort sehen Sie alle verschriebenen und eingelösten E-Rezepte", erklärt Sabine Wolter. Der Vorteil dieser Funktion: Ärzte können künftig besser prüfen, ob sich die verordneten Medikamente miteinander vertragen. "Schließlich hat nicht jeder seinen aktuellen Medikationsplan in Papierform immer dabei – und manchmal fehlen Eintragungen", sagt Sabine Wolter. Möglicherweise finden sich auch Abrechnungsdaten der Krankenkasse in der ePA-Anwendung. Wenn nicht, kann es noch eine Weile dauern, bis sie auftauchen – das hängt vom Tempo der jeweiligen Krankenkasse ab. Wolters Erfahrung aus den ePA-Kursen: "Viele finden gut, dass sie endlich einen Einblick bekommen, was zwischen Arzt und Krankenkasse abgerechnet wird." Kann ich Dokumente selbst in meine ePA hochladen?  Ja, das ist möglich – und zum Teil sehr komfortabel. Je nach Anwendung reicht es, das entsprechende Dokument mit der Smartphone-Kamera zu fotografieren. Wer seine ePA selbst mit älteren Befunden, Arztbriefen und Co. befüllt, sollte die Dateien aber unbedingt aussagekräftig benennen, rät Sabine Wolter. Denn: "Es gibt momentan noch keine Volltextsuche. Um das Dokument wiederzufinden, muss man sich an dem orientieren, was man als Überschrift gesetzt hat." Am besten vermerkt man im Titel nicht nur, um was für ein Dokument es sich handelt, sondern auch das Datum und den Arzt.Wer die Möglichkeiten der elektronischen Patientenakte voll nutzen will, braucht die dazugehörige App. Doch mit dem Herunterladen ist es längst nicht getan. Eine Übersicht.Stichwort Zugriffsrechte: Wer kann wie lange auf meine ePA zugreifen?  Wenn Sie nichts ändern, bleiben die voreingestellten Zugriffsrechte erhalten. Standardmäßig haben dann Arztpraxen im Behandlungszusammenhang 90 Tage lang Zugriff auf Ihre ePA und alle darin enthaltenen Dokumente, die nicht ausgeblendet sind. "Der Behandlungszusammenhang wird dabei mit dem Einstecken der Gesundheitskarte eröffnet", erläutert Sabine Wolter. Für Apotheken ist ein Zeitraum von drei Tagen voreingestellt. Diese voreingestellten Zeiträume können in der ePA-Anwendung verlängert oder verkürzt werden. So lässt sich zum Beispiel einstellen, dass eine bestimmte Arztpraxis nur am Tag des Behandlungstermins auf die ePA zugreifen kann. Sie möchten wissen, welche Einrichtung wann genau auf Ihre ePA zugegriffen hat? Die Anwendung gibt Ihnen im Nachhinein in einem Protokoll mit Datums- und Zeitstempel darüber Auskunft. Ich habe eine psychische Erkrankung und möchte nicht, dass z.B. mein Zahnarzt davon erfährt. Was kann ich tun?  Es gibt die Möglichkeit, einzelne Dokumente in der ePA zu verbergen. Was man dabei aber wissen muss: "Wenn ich ein bestimmtes Dokument verberge, dann sieht es der Zahnarzt nicht – allerdings auch kein anderer Arzt, nur ich selbst kann es sehen", sagt Sabine Wolter.  Mit anderen Worten: Es ist nicht möglich, einzelne Dokumente gezielt für bestimmte Behandler zu sperren. Ein Ausweg kann sein, die entsprechenden Dokumente vor dem Zahnarztbesuch zu verbergen – und sie danach wieder freizugeben.  Wer sich bei dem Gedanken unwohl fühlt, dass künftig besonders sensible Gesundheitsinformat

Apr 29, 2025 - 17:38
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E-Patientenakte: Was erwartet mich?

Die ePA für alle ist da. Was genau steht in meiner Akte – und was nicht? Und was kann ich an Zugriffsrechten einstellen? Eine Expertin beantwortet die wichtigsten Fragen.

Laborwerte, Arztbriefe, OP-Berichte: Vor allem Menschen mit einer längeren Krankengeschichte tragen eine wahre Zettelwirtschaft von Arztpraxis zu Arztpraxis. Das soll die elektronische Patientenakte (ePA) Patienten und Praxen künftig ersparen.

Seit dem 29. April ist sie bundesweit im Einsatz: Praxen, Apotheken und Kliniken können die ePA jetzt nutzen. Bereits seit Jahresbeginn haben die gesetzlichen Krankenkassen für alle Versicherten eine solche digitale Gesundheitsakte angelegt – sofern sie nicht widersprochen haben.

Doch bei vielen Menschen gibt es Unsicherheiten, wie Sabine Wolter von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in ihren Kursen zur ePA immer wieder feststellt. "Viele Menschen haben die Vorstellung, dass der Arbeitgeber, die Krankenkasse oder sonstige Versicherungen wie die Lebensversicherung Zugriff auf die ePA nehmen können", sagt sie.

Bedenken, die sich ausräumen lassen: Denn es ist gesetzlich geregelt, dass nur Leistungserbringer wie Arztpraxen oder Apotheken Zugriff auf die Akte haben – und das auch nur im Zusammenhang mit einer Behandlung oder Versorgung.

Wer die Anwendung einrichtet, kann die Zugriffsrechte anpassen. Sie sind bereit? Das sollten Sie jetzt wissen:

Die App ist eingerichtet. Finde ich jetzt alle alten Arztbriefe in meiner ePA? 

Nein. Wer erwartet, alle Laborbefunde und Arztbriefe aus der Vergangenheit in der Akte zu finden, wird enttäuscht. "Grundsätzlich werden nur Dokumente eingestellt, die in einem aktuellen Behandlungszusammenhang anfallen", sagt Sabine Wolter.

Ganz leer ist die ePA zu Beginn aber nicht: Gut möglich, dass man eine Liste der zuletzt verordneten Medikamente findet. "Diese Medikationsliste ist eine der ersten Funktionen der ePA. Dort sehen Sie alle verschriebenen und eingelösten E-Rezepte", erklärt Sabine Wolter.

Der Vorteil dieser Funktion: Ärzte können künftig besser prüfen, ob sich die verordneten Medikamente miteinander vertragen. "Schließlich hat nicht jeder seinen aktuellen Medikationsplan in Papierform immer dabei – und manchmal fehlen Eintragungen", sagt Sabine Wolter.

Möglicherweise finden sich auch Abrechnungsdaten der Krankenkasse in der ePA-Anwendung. Wenn nicht, kann es noch eine Weile dauern, bis sie auftauchen – das hängt vom Tempo der jeweiligen Krankenkasse ab. Wolters Erfahrung aus den ePA-Kursen: "Viele finden gut, dass sie endlich einen Einblick bekommen, was zwischen Arzt und Krankenkasse abgerechnet wird."

Kann ich Dokumente selbst in meine ePA hochladen? 

Ja, das ist möglich – und zum Teil sehr komfortabel. Je nach Anwendung reicht es, das entsprechende Dokument mit der Smartphone-Kamera zu fotografieren.

Wer seine ePA selbst mit älteren Befunden, Arztbriefen und Co. befüllt, sollte die Dateien aber unbedingt aussagekräftig benennen, rät Sabine Wolter. Denn: "Es gibt momentan noch keine Volltextsuche. Um das Dokument wiederzufinden, muss man sich an dem orientieren, was man als Überschrift gesetzt hat." Am besten vermerkt man im Titel nicht nur, um was für ein Dokument es sich handelt, sondern auch das Datum und den Arzt.

Wer die Möglichkeiten der elektronischen Patientenakte voll nutzen will, braucht die dazugehörige App. Doch mit dem Herunterladen ist es längst nicht getan. Eine Übersicht.

Stichwort Zugriffsrechte: Wer kann wie lange auf meine ePA zugreifen? 

Wenn Sie nichts ändern, bleiben die voreingestellten Zugriffsrechte erhalten. Standardmäßig haben dann Arztpraxen im Behandlungszusammenhang 90 Tage lang Zugriff auf Ihre ePA und alle darin enthaltenen Dokumente, die nicht ausgeblendet sind. "Der Behandlungszusammenhang wird dabei mit dem Einstecken der Gesundheitskarte eröffnet", erläutert Sabine Wolter. Für Apotheken ist ein Zeitraum von drei Tagen voreingestellt.

Diese voreingestellten Zeiträume können in der ePA-Anwendung verlängert oder verkürzt werden. So lässt sich zum Beispiel einstellen, dass eine bestimmte Arztpraxis nur am Tag des Behandlungstermins auf die ePA zugreifen kann.

Sie möchten wissen, welche Einrichtung wann genau auf Ihre ePA zugegriffen hat? Die Anwendung gibt Ihnen im Nachhinein in einem Protokoll mit Datums- und Zeitstempel darüber Auskunft.

Ich habe eine psychische Erkrankung und möchte nicht, dass z.B. mein Zahnarzt davon erfährt. Was kann ich tun? 

Es gibt die Möglichkeit, einzelne Dokumente in der ePA zu verbergen. Was man dabei aber wissen muss: "Wenn ich ein bestimmtes Dokument verberge, dann sieht es der Zahnarzt nicht – allerdings auch kein anderer Arzt, nur ich selbst kann es sehen", sagt Sabine Wolter. 

Mit anderen Worten: Es ist nicht möglich, einzelne Dokumente gezielt für bestimmte Behandler zu sperren. Ein Ausweg kann sein, die entsprechenden Dokumente vor dem Zahnarztbesuch zu verbergen – und sie danach wieder freizugeben. 

Wer sich bei dem Gedanken unwohl fühlt, dass künftig besonders sensible Gesundheitsinformationen in der eigenen E-Patientenakte landen, sollte wissen: "Man kann beim Arztbesuch sagen: Ich möchte nicht, dass dieses Dokument in die ePA wandert", sagt Sabine Wolter. Wenn es etwa um HIV-Infektionen, psychische Erkrankungen oder Schwangerschaftsabbrüche geht, muss der Arzt sogar darauf hinweisen, dass man der Aufnahme in die ePA widersprechen kann.

Wie schnell wird sich meine Akte füllen? 

Die ePA geht jetzt in die so genannte Hochlaufphase. Ärzte, Kliniken und andere Leistungserbringer müssen die ePA aber erst ab dem 1. Oktober verpflichtend nutzen. Bis dahin stellen sie wichtige Gesundheitsdokumente auf freiwilliger Basis ein.

Für die kommenden Wochen und Monate gilt daher: "Es kommt darauf an, wie schnell sich die Praxen, Apotheken und Krankenhäuser mit ihren Systemen daran beteiligen", sagt Sabine Wolter. Ihre Einschätzung: "Bei vielen Patienten wird in der ePA-App erst einmal nichts passieren."

Es kann aber auch anders kommen: Wenn man zum Beispiel eine Ärztin hat, die technisch schon in den Startlöchern für die ePA steht, "dann habe ich in den nächsten Wochen vielleicht schon Laborbefunde oder Arztbriefe, die neu hereinkommen".

Daten zu psychiatrischen oder psychotherapeutischen Diagnosen und Behandlungen sind besonders sensibel. Sie landen die nun in der elektronischen Patientenakte. Ist das sinnvoll?

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