Dudenhöffer: „Tesla hat an Schwung verloren, die Autos sind langweilig geworden“
Konzernchef Elon Musk ist nicht der einzige Grund für die Krise bei Tesla. Der Elektroautopionier habe den Anschluss gegenüber der Konkurrenz verloren, sagt der Autoexperte Dudenhöffer

Konzernchef Elon Musk ist nicht der einzige Grund für die Krise bei Tesla. Der Elektroautopionier habe den Anschluss gegenüber der Konkurrenz verloren, sagt der Autoexperte Dudenhöffer
Es ist erneut ein katastrophales Bild, das die jüngsten Acea-Zahlen von Tesla zeichnen. Der Absatz des Elektroauto-Pioniers in Deutschland hat sich im Februar im Vergleich zum Vorjahresmonat fast halbiert, wie der Herstellerverband mitteilt. Bei Tesla läuft es nicht – und das schon lange nicht. Wegbrechende Absatzzahlen, Käuferproteste, ein Chef, der kaum mehr die Zeit findet, sich um sein Unternehmen zu kümmern – und zusehends stärker werdende Wettbewerber. Licht am Ende des Tunnels ist für Tesla nicht in Sicht.
Hatte sich der Elektroauto-Pionier einst mit innovativen Modellen einen Namen gemacht, warten die Käufer nun schon lange vergeblich auf etwas Neues. Die Frage ist: warum? Was ist aus dem einstigen Hoffnungsträger geworden? „Tesla hat an Schwung verloren, die Autos sind langweilig geworden“, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer im Interview mit ntv.de. Heute gebe es Besseres. „Die Innovationskraft bei Elektroautos liegt bei BMW, BYD oder Xiaomi.“
Während die Konkurrenten munter an neuen Modellen schrauben, hat Tesla sich auf wenige Autos konzentriert und die Entwicklung neuer Fahrzeuge vernachlässigt. Rund drei Viertel des weltweiten Absatzes entfallen auf das Model Y. Alle anderen Modelle wie das Model 3 sind älter und machen heute nur noch rund ein Prozent des Marktes aus. Vom Model S und X sind im Februar jeweils nur 13 Fahrzeuge in Deutschland zugelassen worden – weniger als an Rolls-Royce-Modellen. „Tesla kämpft mit einem einzigen Modell gegen Anbieter mit kompletten Modellreihen“, sagt der Branchenexperte. „Jedes Auto hat maximal drei Jahre Zeit, um mit einem Innovationsvorsprung am Markt zu punkten. Dann ist der Vorsprung weg.“
Die Konzentration auf praktisch ein Modell hat laut Dudenhöffer fatale Folgen für die Preispolitik. Während Wettbewerber mit einer breiteren Modellpalette schnell auf Marktveränderungen reagieren und die Preise senken könnten, fällt es dem Quasi-Ein-Modell-Hersteller schwer, finanzielle Zugeständnisse zu machen. „Wenn Tesla die Preise senkt, dann für sein Hauptmodell. Die Wettbewerber können die Preissenkungen mit anderen Modellen ausgleichen, Tesla nicht“, sagt der Leiter des CAR-Institutes. Ein Preisvergleich fällt ernüchternd aus: Neue Modelle wie VW ID4 und VW ID5, Cupra Born oder Škoda Enyaq sowie BMW iX1 und BMW i4 sind in den Einstiegsversionen preislich deutlich attraktiver als die in die Jahre gekommenen Tesla-Modelle.
Elon Musk hat ein Cash-Problem
Tesla habe in der Rabattschlacht nur mithalten können, indem es zehn Prozent seiner Belegschaft abgebaut habe. Ein weiterer Sparkurs, um rote Zahlen zu vermeiden, ist aus Dudenhöffers Sicht nicht möglich. Musk stecke in einer Sackgasse. Sollte er rote Zahlen riskieren, werde die Talfahrt an der Börse kein Ende nehmen.
Um das bröckelnde Image von Tesla aufzupolieren, hatte Musk 2023 auf den Cybertruck gesetzt, der aber außerhalb Amerikas floppte. Teslas Wachstumsstrategie geriet ins Stocken, in den Kassen herrschte Ebbe. „Musk fehlte danach das Geld für neue Modelle.“ Er habe sich deshalb auf die Restrukturierung und den Stellenabbau bei Tesla konzentriert, so Dudenhöffer.
Die Entscheidung des Tesla-CEOs, auf Robotaxis zu setzen, anstatt den Druck auf die Konkurrenz mit einem günstigen E-Auto im Preissegment zwischen 20.000 und 25.000 Euro zu erhöhen, hat die Lage nicht besser gemacht. Während Wettbewerber wie Waymo und Baidu bereits seit Jahren im Robotaxi-Geschäft sind, will Tesla nun im Juni mit einigen Autos in Austin im US-Bundesstaat Texas starten. Wenn es denn dazu kommt. Denn für Musk sind Termine erfahrungsgemäß nicht in Stein gemeißelt.
Tesla tritt auf der Stelle, die Konkurrenz holt auf oder zieht bereits vorbei. BYD erhöht in China, dem größten Automarkt der Welt, den Druck mit einer neuen Billigmarke. Und Mercedes und BMW greifen mit zwei neuen Elektro-Fahrzeugen den Bestseller Tesla Y an. Auch technisch ist Tesla nicht mehr der unangefochtene Marktführer.
Die Konkurrenten aus China sind besser als Tesla
„Warum ist Tesla so schlecht? Weil die Wettbewerber besser sind!“ stellt Dudenhöffer nüchtern fest. Der „First Mover“ Tesla sei Geschichte. „Die neuen Pioniere kommen aus China und heißen Xiaomi, BYD oder Li. Unternehmen voller Innovationskraft, die Tesla nicht nur in der Batterietechnik alt aussehen lassen.“
Die umstrittene Führungsfigur Teslas, Elon Musk, mag den Niedergang beschleunigen. Musks verbale Entgleisungen und sein oft unvorhersehbares Verhalten haben das Image des Unternehmens ohne Frage schwer beschädigt und das Vertrauen in die Marke weltweit erschüttert. „Elon Musk tut alles, um die Sympathie von Tesla in eine ganz große Antipathie zu drehen“, sagt Dudenhöffer. Aber letztlich ist es auch nur noch ein weiteres Problem von vielen.
Die Zukunft von Tesla ist damit ungewiss. Mit sinkenden Verkaufszahlen, einer fragwürdigen Modell- und Preispolitik und einem CEO, der mehr Kontroversen auslöst als Innovationen auf den Weg bringt, steht das Unternehmen vor großen Herausforderungen. „Der Niedergang wird zeitnah nicht zu stoppen sein“, ist Dudenhöffer überzeugt. „Tesla wird schrumpfen und nicht wachsen.“
Der Beitrag ist zuerst bei ntv.de erschienen. Das Nachrichtenportal gehört wie Capital zu RTL Deutschland.