BRIGITTE-Buch der Woche: Ein Roman für alle, die Mütter kennen
Jede Woche kürt die BRIGITTE-Redaktion aus aktuellen Neuerscheinungen auf dem deutschen Markt ein Lieblingsbuch. Diesmal hat uns "Dem Mond geht es gut" von Paulina Czienskowski überzeugt

Jede Woche kürt die BRIGITTE-Redaktion aus aktuellen Neuerscheinungen auf dem deutschen Markt ein Lieblingsbuch. Diesmal hat uns "Dem Mond geht es gut" von Paulina Czienskowski überzeugt
"Ich kann nicht mehr verschwinden. Nie wieder kann ich das. Nie wieder seit fünfhundertvierzig Tagen. Vorhin habe ich wieder gerechnet. Ich denke, irgendwann bestraft man mich, weil ich mir Videos von Müttern, die ihre Familien verlassen, anschaue, weil ich mich manchmal wegwünsche."
An dieser Stelle könnte ungefähr jeder weitere Satz stehen, den Paulina Czienskowski in "Dem Mond geht es gut" schreibt. Es sind Reflexionen wie diese, die ihren Roman so lesenswert machen. Wilde Gedanken am Tag und in der Nacht, wenn die Schlaflosigkeit das Gehirn schwarzsehen oder philosophieren lässt. In einer Geschichte aus vielen kleinen Mosaiken findet die Autorin Worte für das, was man selbst schon häufig gefühlt, aber keine Sprache dafür gefunden hat – oder sich schlicht geschämt hat, es auszusprechen. Beobachtungen, die so manches Mal Tränen in die Augen treiben.
Worum geht es?
Im Zentrum der Erzählung steht eine junge Frau, die zum ersten Mal ein Kind gebärt und dies zum Anlass nimmt, Muttergefühle zu durchleuchten; die eigenen, aber auch die von Mutter und Großmutter. In den Beziehungen der drei Frauen zueinander stößt sie immer wieder auf Unausgesprochenes, auf Konflikte, auf Schweigen.
Es geht ums Älterwerden, um Beziehungen und Werte, um Acrylnägel, Alkoholismus und Halswirbel. Um Freude, Hilflosigkeit und Wut. Und ums – im guten wie im schlechten Sinne – erschütternde Frau- und Muttersein. Die Erzählerin teilt Erinnerungen und Beobachtungen, die nur im ersten Moment profan wirken; hinter beinahe jeder Szene lauert eine Wucht an Gedanken und Regungen.
Wer wird es mögen?
Leser:innen, die sich an poetischer, präziser, manchmal auch brachialer Sprache erfreuen. Menschen, die gerne reflektieren. Jede Frau, die ein Kind geboren hat, jede, die schon mal einen Konflikt mit der eigenen Mutter hatte. Männer, die das Gedankenkarussell der Frauen in ihrem Umfeld besser verstehen möchten. "Dem Mond geht es gut" braucht die volle Aufmerksamkeit des:der Leser:in, es ist kein "easy read", so ganz nebenbei. Dafür hallt der Roman noch ganz lange nach. Versprochen.
Warum ist es das BRIGITTE-Buch der Woche?
Dieser Tage laufen Mütter – wie, wenn man ehrlich ist, das ganze Jahr über – zu Höchstleistungen auf. Nach der Ostereiersuche ist vor der neuen Sommergarderobe für die Kleinen, dem Frühsommerfest in Kita und Schule, den Familien- und Freund:innentreffen, die sich an all den Maifeiertagen ballen. Ein hervorragender Zeitpunkt also, um sich auszuklinken, die eigene Nase in ein Buch zu stecken und über Muttergefühle nachzudenken – um anschließend ins Gespräch zu kommen.