Bewerbungsgespräch: „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“ – So sollten Sie antworten
Die Fünf-Jahres-Frage ist der Klassiker im Bewerbungsgespräch, trotzdem tappen Bewerber bei der Antwort immer wieder in Fettnäpfchen. So finden sie die perfekte Antwort.

Die Fünf-Jahres-Frage ist der Klassiker im Bewerbungsgespräch, trotzdem tappen Bewerber bei der Antwort immer wieder in Fettnäpfchen. So finden sie die perfekte Antwort.
Die Frage „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“ gehört zu den Klassikern in Vorstellungsgesprächen. Sie wirkt harmlos, bereitet Bewerberinnen und Bewerbern jedoch oft Schwierigkeiten. Wie ambitioniert soll man auftreten? Welche Antwort ist zu vorsichtig, welche zu überheblich? Und wie vermeidet man es, falsche Erwartungen zu wecken?
Eine gute Vorbereitung hilft nicht nur dabei, die Frage souverän zu beantworten. Sie ist auch eine Chance, sich tatsächlich über die eigenen Wünsche und den Karriereweg klar zu werden.
Mythos Führungsambitionen
Bewerbungscoach Ines Schöffmann glaubt, dass bei der Frage „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“ in Bewerbungsgesprächen am meisten daneben geht. Viele hätten ein falsches Verständnis davon, warum die Frage überhaupt gestellt wird. „Die Verantwortlichen suchen jemanden, der den Job möglichst gerne, möglichst lange und möglichst erfolgreich machen wird“, sagt sie im Gespräch mit Capital. „Die haben keine Lust, die Stelle nach eineinhalb Jahren wieder neu zu besetzen und wollen auch niemanden einstellen, der mit einem Auge schon auf die nächsthöhere Position schielt.“ Bei jemandem, der zu ambitioniert sei, könnte der Arbeitgeber gar die Gefahr sehen, dass er nach zwei Jahren zum Mitbewerber geht, wenn man ihm keine höhere Position anbieten könne.
Auch Karrierecoach Elke Wagenpfeil hält es für einen großen Mythos, dass man auf die Frage mit Führungsambitionen antworten müsse. Schließlich gebe es überhaupt nur zehn bis 15 Prozent Führungspositionen in Unternehmen. „Die Frage zielt nicht darauf ab, dass jeder in eine Führungsposition gehen wollen muss und nur dann eine gute Antwort gegeben hat“, sagt Wagenpfeil zu Capital. „Es geht darum, ob sich jemand Gedanken gemacht hat. Ist die Person motiviert? Vernetzt sie ihre Vorstellungen mit dem Unternehmen?“
Weil die Frage zu den typischen in einem Bewerbungsgespräch gehört, würden einige Personalverantwortliche sie zwar nur standardmäßig stellen und sich deshalb auch mit einer allgemeinen Antwort oder Plattitüden wie „Ich bin mit dem Unternehmen gewachsen“ zufriedengeben. Davon sollte man als Bewerber oder Bewerberin allerdings nicht ausgehen, denn alle anderen würden tatsächlich sehen wollen, wie orientiert und reflektiert ein Kandidat ist und von ihm erfahren, was er mit der Rolle vorhat. „Die Verantwortlichen möchten verstehen, wohin jemand will: Welche Fachexpertise möchte jemand aufbauen? Möchte derjenige Projekt- oder Führungsverantwortung? Möchte sich jemand auf Teilbereiche spezialisieren oder eher Generalist werden?“, sagt Wagenpfeil.
Frage für sich nutzen
Sie will Bewerberinnen und Bewerber dazu ermutigen, sich nicht von der „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“-Frage abschrecken zu lassen, sondern sie viel mehr als Chance zu betrachten, sich tatsächlich Gedanken über die eigene Karriere zu machen, über seine Wünsche und darüber, was man überhaupt konkret mit der Stelle erreichen will. Darüber hinaus sollten Bewerber die Gelegenheit des Gesprächs für sich nutzen, um herauszufinden, wie realistisch es ist, die eigenen Vorstellungen in der Position umzusetzen.
„Wer im digitalen Marketing arbeitet, kann zum Beispiel sagen: Ich habe schon einen großen Erfahrungsschatz im Bereich Lead Generation, da möchte ich meine Kenntnisse auf jeden Fall ausbauen und perfektionieren. Aber es ist mir auch wichtig, über den Tellerrand zu blicken und andere Fachbereiche zu berücksichtigen. Ist das in Ihrem Bereich möglich?“, sagt Wagenpfeil. Fragen darüber hinaus seien zum Beispiel: Wie sehr spezialisiert man sich bei Ihnen? Ist es möglich, in andere Bereiche hineinzuschauen und mit interdisziplinären Teams zusammenzuarbeiten? Ist es möglich, sich international zu vernetzen oder mit Universitäten zu kooperieren? Diese Diskussion sei allerdings nur mit Fachvorgesetzten sinnvoll und nicht mit jemandem aus der Personalabteilung.
Im Bewerbungsgespräch ehrlich sein
Auch wer mittelfristig eine Führungsrolle anstrebt, könne das sagen. Es sei völlig normal, nur zwei bis drei Jahre in derselben Rolle bleiben und sich dann weiterentwickeln zu wollen. „Das kann man zum Beispiel so verpacken: Innerhalb von zwei Jahren will ich die Tiefe der Junior-Rolle durchdrungen haben und mich dann zu einer Senior-Rolle weiterentwickeln, mit mehr Führungs- und Budgetverantwortung. Danach möchte ich mich auf den Weg machen in Richtung Manager-Position.“
Schöffmanns Erfahrung nach kommt es zudem gut an, noch etwas Zwischenmenschliches hinzuzufügen. „In fünf Jahren möchte ich mich angekommen fühlen, ein Teil Ihres Teams sein und jeden Tag gerne zur Arbeit kommen“, schlägt sie als Formulierung vor.
Auf jeden Fall vermeiden, sollte man allerdings flapsige Antworten wie „In fünf Jahren würde ich gerne auf Ihrem Stuhl sitzen“ oder orientierungslose wie „Über die Frage habe ich mir noch nie Gedanken gemacht“. Wenn man sich bei seiner Antwort unsicher sei, sollte man laut Wagenpfeil lieber von seinem aktuellen Stand ausgehen und so formulieren: „Stand heute möchte ich eine Fachkarriere und das bedeutet für mich A, B, C. Ich bin schon sehr gut in diesem Bereich, aber es gibt eine neue Spezialisierung, in der ich gerne mehr wissen würde.“ Zu lügen, sei hingegen keine gute Idee, da man dann meist Unsicherheit ausstrahle.