VDA: Lage des automobilen Mittelstands verschlechtert sich weiter

Eine aktuelle Umfrage des VDA verweist auf die Herausforderungen des automobilen Mittelstands. Und schickt Warnsignale an die künftige Regierung. Der Beitrag VDA: Lage des automobilen Mittelstands verschlechtert sich weiter erschien zuerst auf Elektroauto-News.net.

Mär 14, 2025 - 12:02
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VDA: Lage des automobilen Mittelstands verschlechtert sich weiter

Die Investitionstätigkeit in Deutschland hat sich weiter abgeschwächt: Angesichts der Geschäftserwartungen halten sich die Unternehmen des automobilen Mittelstandes mit Investitionen in Deutschland zunehmend zurück. Das ist eines der Ergebnisse einer aktuellen Umfrage, die der Automobilverband VDA unter den Automobilzulieferern (Herstellergruppe III) sowie den mittelständisch geprägten Herstellern von Anhängern, Aufbauten und Bussen (Herstellergruppe II) seit dem Frühjahr 2020 regelmäßig durchführt. Die aktuelle Befragung wurde vom 11. bis 26. Februar unter Beteiligung von 150 Unternehmen durchgeführt. Damit liegen repräsentative Aussagen zur aktuellen Lage und den Perspektiven der deutschen Automobilindustrie vor.

75 Prozent der Unternehmen gaben in der aktuellen Umfrage an, eigentlich geplante Investitionen in Deutschland zu verschieben, zu verlagern oder ganz zu streichen. Bei der vorherigen Umfrage im Oktober war dieser Wert gesunken und lag bei 69 Prozent, jetzt ist er wieder deutlich gestiegen. Ebenso gestiegen ist die Investitionsverlagerung ins Ausland, die der neuen Umfrage nach rund jedes dritte (29 Prozent) Unternehmen plant (Oktober 2024: 23 Prozent). Weitere 14 Prozent planen eine Streichung von Investitionen und lediglich 1 Prozent der Unternehmen gab an, seine Investitionen in Deutschland angesichts der aktuellen Lage erhöhen zu wollen.

Beeinträchtigt wird die Investitionstätigkeit in Deutschland demnach vor allem durch die Arbeitskosten (58 Prozent). Auch die Absatzlage/Absatzerwartung für den deutschen und europäischen Automobilmarkt spielt für 56 Prozent eine Rolle. Die Aussichten für den deutschen und europäischen Automobilmarkt machen vor allem Erweiterungsinvestitionen nicht erforderlich, das Marktwachstum findet andernorts statt.

Weiteres Ergebnis: Der automobile Mittelstand bewertet das bisherige Jahr 2025 mehrheitlich negativ. Während bei der vorherigen Umfrage im Oktober des vergangenen Jahres noch 17 Prozent der befragten Unternehmen davon ausgingen, dass sich ihre Geschäftstätigkeit im Jahr 2025 gegenüber dem Vorjahr verbessert, gehen davon in der aktuellen Umfrage nur noch 13 Prozent aus. 43 Prozent nehmen an, dass sich ihre wirtschaftliche Entwicklung in diesem Jahr verschlechtern wird. 45 Prozent gehen davon aus, dass die Situation in etwa gleich bleibt wie im vergangenen Jahr.

Überbordende Bürokratie ist die größte Herausforderung

Die größte Herausforderung für den automobilen Mittelstand ist der Umfrage zufolge weiterhin die überbordende Bürokratie: 90 Prozent der Unternehmen geben an, durch Bürokratie stark oder sehr stark belastet zu sein. Dazu passt, dass 93 Prozent der Unternehmen angaben, die nächste Bundesregierung solle sich den Bürokratieabbau zum Schwerpunkt ihrer Arbeit machen. Die Umfrage zeigt außerdem: Die Bürokratie- und Regulierungsdichte beeinflusst auch die Investitionstätigkeit der Unternehmen negativ, jedes zweite Unternehmen (50 Prozent) gab an, dass sie die Investitionstätigkeit in Deutschland beeinträchtige.

„In puncto Bürokratie ist für die Zulieferindustrie und insbesondere die zahlreichen mittelständischen Unternehmen der deutschen Automobilindustrie die Belastungs- und Schmerzgrenze längst überschritten – so kann und darf es nicht weitergehen. Echter, konsequenter Bürokratieabbau muss ganz oben auf der Agenda einer neuen Bundesregierung stehen“, sagt VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Wichtig dabei sei: „Maßnahmen zum Bürokratieabbau müssen deutlich stärker als bisher das Rückgrat unserer Industrie berücksichtigen, den industriellen Mittelstand.“ Steuere die künftige Bundesregierung beim Thema Bürokratie nicht gegen, wachse die Gefahr weiter, dass sich der automobile Mittelstand noch weiter vom deutschen Standort abwenden müsse – mit „entsprechend negativen Folgen für Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung.“

Standortnachteil Energiepreise

Die hohen Energiepreise stellen weiterhin einen erheblichen Standortnachteil dar: 61 Prozent der Unternehmen seien stark oder sogar sehr stark durch den Strompreis belastet und 50 Prozent durch die Gaspreise. Dazu passt: Acht von zehn Unternehmen (79 Prozent) sprechen sich für eine Senkung der Energiekosten als politischen Schwerpunkt aus. In der Umfrage gaben außerdem 75 Prozent der Unternehmen an, stark oder sehr stark durch Steuern und Abgaben belastet zu sein. 78 Prozent der Unternehmen sprechen sich für Erleichterungen bei Berichtspflichten und Statistiken aus, 69 Prozent für die Senkung von Arbeitskosten und 65 Prozent für die Senkung von Steuern und Abgaben.

„Während sich der internationale Standortwettbewerb zunehmend verschärft und der geopolitische Druck immer weiter zunimmt, erodiert die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Standorts – das setzt insbesondere dem Mittelstand spürbar zu. Die herausfordernde Lage ist politisch aber viel zu lange folgenlos geblieben“, so Müller weiter.

Für das Programm einer neuen Bundesregierung sowie die Koalitionsverhandlungen müsse deshalb gelten: „Wir brauchen ein ambitioniertes Programm für Standortattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit mit konkreten Reformen. Auch angesichts der sich rapide wandelnden Weltlage und vielfältiger globaler Herausforderungen muss die Politik in Berlin alles in den Fokus nehmen, was Wachstum schafft. Denn wirtschaftliche Stärke ist Grundlage und Basis, um die vielfältigen globalen Herausforderungen bewältigen und langfristig bestehen zu können“, betont Müller.

US-Zollpolitik: Mehr als die Hälfte befürchtet negative Wirkung bei Umsatz und Gewinn

86 Prozent der befragten Unternehmen gehen davon aus, dass die Zölle der USA gegen zahlreiche Staaten und Regionen auch sie betreffen werden. Dabei geht etwa jedes zweite Unternehmen (54 Prozent) davon aus, indirekt betroffen zu sein, zum Beispiel durch Lieferanten und Kunden. Rund jedes dritte Unternehmen (32 Prozent) sieht sich direkt betroffen.

Mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Unternehmen, die davon ausgehen, direkt oder indirekt betroffen zu sein, rechnet damit, dass Zölle der USA und mögliche Gegenmaßnahmen der betroffenen Staaten und Regionen eine negative Wirkung auf Umsatz und Gewinn haben werden. Zudem befürchten 25 Prozent der betroffenen Unternehmen eine Störung von Lieferketten und Lieferantennetzwerken, während weitere 17 Prozent als mögliche Folge die Verlagerung eigener Standorte und Produktionskapazitäten in Betracht ziehen.

Die Umfrage zeigt also deutlich, dass sich die Unsicherheit durch die Zollpolitik der USA spürbar auf die strategische Planung und das Risikomanagement der Unternehmen auswirkt.

Unternehmen reduzieren Beschäftigung

Aktuell beklagen 41 Prozent der Unternehmen, unter einem Mangel an Fach- und Arbeitskräften zu leiden. Das ist zwar ein leichter Anstieg im Vergleich zur letzten Umfrage. (Oktober: 37 Prozent), dennoch ist der Wert vergleichsweise niedrig. Zum Vergleich: Im Frühjahr 2023 lag er noch bei 85 Prozent. Auch der Anteil der Unternehmen, die angaben, Schwierigkeiten zu haben, den kurz- und mittelfristigen Fachkräftebedarf zu decken, ist mit 33 Prozent vergleichsweise gering.

Die Zahlen sind dem VDA zufolge ein weiteres Alarmsignal, zeigen sie doch, dass sich die schwache gesamtwirtschaftliche Entwicklung, insbesondere in der Industrie, immer stärker auch auf dem Arbeitsmarkt zeigt. Mehr als jedes zweite befragte Unternehmen (56 Prozent) gab zudem an, aktuell Beschäftigung in Deutschland abzubauen (Oktober: 54 Prozent), während nur 11 Prozent aktuell Beschäftigung in Deutschland aufbauen.

Quelle: VDA – Pressemitteilung vom 14.03.2025

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