Next-Level-Kopfrechnen bei Penny: Wie einfach müssen Bonusprogramme sein?
Rabatt hier, Coupon da, Sparaktion dort: Mit neu strukturierter App versucht Penny, die zunehmende Komplexität digitaler Treueprogramme zu reduzieren. Das gelingt nur teilweise. Konsequent wäre ein zweistufiges System: volle Rabatte für Sparfüchse. Und einfaches Punktesammeln für alle anderen. Der Beitrag Next-Level-Kopfrechnen bei Penny: Wie einfach müssen Bonusprogramme sein? erschien zuerst auf Supermarktblog.

Trotz spektakulärem Drohnen-Showdown über Köln und massiver Plakatwerbung („die lauteste Kampagne, die es je gab“) stand der Start des neuen digitalen Programms zur Kund:innenbindung bei Penny zu Beginn des Jahres etwas im Schatten von Bo & Co.: dem neuen „Rewe Bonus“ der Schwester Rewe (siehe Supermarktblog). Das mag auch daran gelegen haben, dass Penny sich keinen neuen Namen für seine Rabatt-Anstrengungen ausgedacht, sondern einfach die bereits existierende App umgebaut hat.
Die ist nun zentrale Schaltstelle für alle „Angebote“, „Vorteile“ und „Sparaktionen“, wie die zentralen Elemente darin heißen.
Um möglichst viele Kund:innen zur Anmeldung und Nutzung zu locken, ließ der kleinste der vier größten deutschen Discounter im Januar Woche für Woche einen neuen 10-Prozent-Gutschein auf App-Mitglieder hinabregnen, der auf den kompletten Einkauf angewendet werden konnte.
Bitte beehren Sie uns bald wieder
Seit Februar muss dieser Vorteil aber hart erarbeitet werden: mit großer Einkaufstreue im Monatstakt. Während das ausgetüftelte Sparprogramm endgültig unter Beweis zu stellen hat, dass es dem vorherigen Partner ebenbürtig sein kann.
In Köln scheint man aber zuversichtlich zu sein: Man komme mit der App „sehr bald bereits auf den gleichen Kundenanteil“ wie einst mit Payback, mit dem sich zuletzt keine größeren Steigerungen mehr realisieren ließen, erklärte Penny-Marketingchef Jan Flemming gegenüber „W&V“ im Januar (Abo-Text):
„Obwohl wir erst vor wenigen Wochen mit dem Kundenkonto in der Penny-App gestartet sind, haben sich bereits mehrere Millionen Menschen registriert. Damit haben wir auch unsere ambitionierten Ziele deutlich übertroffen. (…) Die Kunden nutzen unsere App viel intensiver als erwartet.“
Kritik kam zuletzt vorwiegend deshalb, weil es jetzt an der Möglichkeit fehlt, mit Einkäufen bei Rewe und Penny Boni im selben Programm zu verdienen. Stattdessen belohnt jedes Handelsformat nun für sich selbst. (Was es im Zweifel schwieriger macht, Rabatte zu generieren.) Aber das dürfte auch der Tatsache geschuldet sein, dass Penny mit seiner App versucht, Komplexität aus dem immer verschachtelteren Einkaufsrabattuniversum zu nehmen. Auch bei der Anmeldung, für die nur Vorname und E-Mail-Adresse verpflichtend sind.
„Unsere Kunden schauen auf ihren Bon und wollen ganz einfach direkt an der Kasse bares Geld sparen“, so Flemming. „Unsere App soll einfach sein und bleiben.“
Das klappt – aber nur in Teilen.
Und ginge, ganz genau betrachtet, noch viel konsequenter. Nämlich so (gleich mehr dazu):
Krönchen, Geldbörse, „WOOOW“
Im Mittelpunkt der Penny-Werbung für die neue Bonussystematik standen zuletzt allerdings – außer einer dynamisch-entzückten Fantasiekundin – fliegende Prozente, Krönchen, Geldbörsen und „WOOOW“s. Und man kann sagen, dass sich im deutschen Einzelhandel bislang niemand sonst so plakativ der Gamification beim Lebensmitteleinkauf verschrieben hat, wie Penny mit seinem „Next Level Sparen“-Versprechen.
Der spielerische Ansatz ist zweifellos Basis der Sparsystematik für wiederkehrende Penny-Kund:innen. Registrierte App-Mitglieder müssen sich beim „Rabattsammler“ von Level 1 bis zum Final Boss (Level 4) durchkämpfen, um stufenweise einmalig Rabatt auf einen Einkauf im darauffolgenden Monat zu erhalten, der abhängig vom Einkaufswert im aktuellen Monat ist. (Ähnlich wie bei Rewe.)
Parallel dazu gilt es, Spar-Aktions-Quests zu erfüllen (Sammle 20 Euro Obst & Gemüse für einen Extra-Leben-Coupon!) und Bonus-Items in Form von Vorteilscodes einzusammeln.
Wer dabei vergisst, seinen aktuellen Coupon zu aktivieren, muss womöglich wieder von vorne anfangen: Game Over an der Discounter-Kasse sozusagen. Nur dass es hier nicht um virtuelle Goldmünzen geht, sondern um echtes Geld. (In überschaubarem Maße.)
Vier verschiedene Sparfunktionen
Im App-Menü wirkt das alles einigermaßen aufgeräumt: geordnet in „Angebote“ und „Vorteile“, wobei erstere „Exklusive App-Preise“ auf bereits regulär in Aktion gestellte Artikel versprechen: z.B. 4,99 Euro für ein Kilo Nutella; der zweite Reiter vereint derweil Rabattsammler, Coupons und Sparaktionen.
Gleichwohl verschwimmt dadurch etwas die Tatsache, dass Penny-Kund:innen mit mindestens vier verschiedenen Sparfunktionen rechnen müssen, wenn sie das meiste aus dem Programm rausholen wollen:
- sofort für den jeweiligen Einkauf gewährte Cent-Ersparnisse auf reguläre Aktionsartikel ohne Zusatzaktivierung;
- sofort für den jeweiligen Einkauf gewährte prozentuale Rabatte auf ganze Sortimente oder Einzelmarken per aktiviertem Coupon (zuletzt z.B.: 10% auf Obstkonserven, verpackte Kuchen & Zwiebeln), teilweise mehrfach anwendbar;
- 2-Euro-Rabatt-Coupons, die im darauffolgenden Monat erscheinen, wenn im vorigen für 10 bis 20 Euro Artikel einer bestimmten Eigenmarke bzw. Warengruppe eingekauft wurden, Aktivierung vorausgesetzt;
- Rabatt-Coupons zu 3, 5, 7 oder 10 Prozent auf einen gesamten Einkauf, die im darauffolgenden Monat freigeschaltet werden, wenn im vorigen für 30, 100, 200 bzw. 300 Euro eingekauft wurde, ebenfalls mit Aktivierung.
Erster Superspartag steht kurz bevor
Dann sind auch noch „Superspartage“ angekündigt. Auf Supermarktblog-Anfrage konkretisiert ein Penny-Sprecher:
„Bei den Superspartagen handelt es sich um ausgewählte Aktionstage, an denen es einen attraktiven Rabatt auf den gesamten Einkauf geben wird. Diese Tage werden mehrfach über das Jahr verteilt stattfinden. Der erste Superspartag wird in absehbarer Zeit noch im ersten Quartal ausgespielt werden.“
Diese punktuellen Rabattaktionen ergänzen die langfristig angelegten „Sparaktionen“, die am stärksten auf das spielerische Element setzen. Hier müssen Kund:innen über einen ganzen Monat bestimmte Einkaufsziele erreichen – quasi als digitale Schnitzeljagd durch den Discounter. Dazu erklärt Penny:
„Bis auf Weiteres werden die Sparaktionen an den Kauf von Produkten in bestimmten Warengruppen / Marken / Eigenmarken geknüpft sein. Der Zeitraum wird einen Monat betragen, um auch hier gerade zum Start einfach und verständlich zu sein. Zukünftig kann es in Bezug auf die Laufzeit oder Rabattart der Coupons zu Variationen kommen.“
Und so ausgetüftelt das – zumindest nach einiger Beschäftigung mit der Materie – auch wirken mag: Stolperfallen gibt es trotzdem.
Das Discount-Versprechen verschwimmt
Zum einen die Beschränkung von Rabattsammler und Sparaktionen auf feste Kalendermonate: Wer zu spät einsteigt oder zum Monatswechsel kurz vor dem Erreichen einer Rabatt-Schwelle steht, wird bestraft, indem er z.B. bei „Sparaktionen“ komplett leer ausgeht – weil der Zähler mit jedem neuen Monat wieder genullt wird.
Wer allerdings zum wiederholten Mal seine in Aussicht stehende 2-Euro-Couponbelohnung wegen ein paar fehlenden Umsatz-Cents verpasst, wird nur sehr eingeschränkt Freude an diesem Spiel haben. Oder wegen des Frustrationspotenzials beim nächsten Mal halt gleich ganz darauf verzichten.

Gleichzeitig wird zunehmend unübersichtlicher, was im Discount doch lange selbstverständlich schien: das Versprechen vermeintlich gleich günstiger Preise für alle. Stattdessen müssen Kund:innen inzwischen mit vielen verschiedenen Preisebenen für Artikel navigieren:
- dem regulären Verkaufspreis,
- dem Aktionspreis,
- dem zusätzlich rabattierten Aktionspreis für App-Nutzer:innen,
- dem Preis mit individuellem Coupon-Rabatt
- und dem Preis nach Verrechnung der zuvor gesammelten Monatsprozente.
Deutschlands ehrlichster Preis (mit Sternchentext)
Wie verwirrend diese Preisstaffelung für Kund:innen sein kann, demonstriert Lidl Plus regelmäßig in seinen Werbe-Mails, etwa für Häagen-Dazs Eis. Da ist zunächst der reguläre Aktionspreis von 3,99 Euro statt 6,99 Euro (-42%). Nutzt man die Lidl-Plus-App, sinkt der Preis auf 3,33 Euro (-52%). Und wer dann noch den richtigen Coupon aktiviert hat, zahlt womöglich nochmal weniger bei „Deutschlands ehrlichstem Preis“ (mit Sternchentext)?
Das Bonusprogramm als erweiterte Mathematikstunde – eigentlich kann das nicht im Sinne der Verursacher sein.
Oder?