News: Rummenigge, Bordeaux, Valentinstag

Karl-Heinz Rummenigge drischt auf geldgierige Spieler ein und legt sich im selben Atemzug Gianni Infantino devot zu Füßen. Was ist sein Geheimnis, dass er diese Verrenkung mit 69 Jahren noch hinbekommt?

Feb 14, 2025 - 09:46
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News: Rummenigge, Bordeaux, Valentinstag

Rummenigge + Infantino = <3

Der niederländische Historiker Rutger Bregman hält das Gefühl von Scham für ein essenzielles Instrument, um ein zivilisiertes Miteinander zu gewährleisten. Würden wir uns nicht vor unseren Mitmenschen schämen, wäre ein moralisches, anständiges Handeln kaum möglich. Das Schamgefühl ist wie ein Schutzmechanismus. Auch, so sagt Bregman, um Macht zu kontrollieren. Die Kunst des Mächtigen ist es, dieses Gefühl mit der Zeit so weit zu unterdrücken, dass selbst klarste Regelverstöße das eigene Handeln nicht beeinträchtigen. Markus Söder kann sich am Ort eines Anschlags inszenieren, dort mit feschem Hut ablichten lassen und keinerlei Gewissensbisse dabei verspüren. Genauso kann Gianni Infantino ein Fantasieturnier namens Klub-WM aus dem Boden stampfen, über das sich die ganze Fußballwelt echauffiert. Und obendrein noch dummdreist seinen eigenen Namen nicht bloß einmal in den vergoldeten Siegerpokal eingravieren lassen. Sondern in aller Bescheidenheit gleich zweimal.

Manchmal ist man fast geneigt, diese Art der Unverfrorenheit sogar eindrucksvoll zu finden. Im nächsten Moment wiederum fragt man sich wutschnaubend, wie dieser fleischige Zwerg eigentlich mit alldem, was er der Fußballwelt seit Jahren antut, durchkommen kann. Bis man ein Interview mit Karl-Heinz Rummenigge in der Sportbild liest und sich die Wut zumindest ein klein wenig verlagert. Der langjährige Bayern-Vorstand, übrigens auch einer, der das mit der Schamgefühlunterdrückung perfekt beherrscht, nannte die Klub-WM dort in dieser Woche ein „Weltwunder“ und motzte, dass die Spieler „aufhören sollen zu jammern“. Schließlich seien sie es, die immer mehr Geld haben wollen – dann müssten sie auch gefälligst mehr spielen. Eine beeindruckende körperliche Verrenkung, zumal für einen 69-Jährigen: In einem Atemzug auf die geldgierigen Spieler eindreschen und sich Gianni Infantino devot zu Füßen legen. Das schafft eigentlich nur, wer regelmäßig zum Yoga geht. Und jedes Schamgefühl abgelegt hat. Aber das geht ja in der Regel einher.

Girondins auf die 1

„Von einem Team kann keine Rede sein“, sagte Dado Prso, als wir im Spätsommer nach Bordeaux gereist waren, um Girondins beim Neustart in der 4. Liga zu begleiten. Der stolze und vor allem bettelpleite Verein war von einem auf den anderen Tag auf null gesetzt. Ohne Spieler, ohne Staff, ohne Lizenz. Apokalyptische Stimmung machte sich in der Stadt und unter den Fans breit. Der ehemalige Mittelstürmer Prso war als Co-Feuerwehrmann installiert und, wie die gesamte Mannschaft, in einem Misch aus Panik, Willkür und Pragmatismus zu einem Rettungskommando ernannt worden. Ein halbes Jahr später darf Dado Prso seine Aussage aus dem August revidieren. In Bordeaux ist sehr wohl ein Team entstanden. Aus der Not heraus und von einer Schicksalhaftigkeit getrieben, haben sich Spieler und Fans so sehr ineinander verhakt, dass sie ihre Gegner reihum niederwalzen. Seit fünf Monaten hat Girondins in der Liga kein Spiel mehr verloren, die letzten sechs allesamt gewonnen. Der Lohn: Seit letzter Woche steht die Mannschaft an der Tabellenspitze. Jede Woche kommen 10.000 Fans ins Matmut Atlantique. Kurz vor Weihnachten war sogar Erstligist Stade Rennes im Pokal zu Besuch und es roch mal wieder nach Profifußball. 22.000 Fans strömten ins Stadion. Und auch wenn die Marineblauen mit 1:4 baden gingen, war sich danach jeder sicher: Girondins Bordeaux gehört zurück in die Ligue 1. Gerade stimmt zumindest der Kurs.

Liebe Liebe

Auch uns, von innen erkalteten Seelen, überkommt es ab und an dann doch noch. Bei einem Flugball, der nur wenige Zentimeter über dem Rasen schwebt und dabei entgegen der Flugrichtung rotiert zum Beispiel. Oder einem Last-Minute-Winkelkracher im Goodison Park. Oder, manchmal auch ganz simpel, bei einem wunderschönen Schnappschuss, aufgenommen im Fratton Park von Portsmouth. Ein Ort, der in dieser Sekunde, in der die Fans gemeinsam im Lichtkegel stehen und sich die Kehlen heiser singen, mit ziemlicher Sicherheit der allerschönste Fleck Erde überhaupt war. Kollege Alex Raack hat sich zum Valentinstag auf Antwortsuche begeben, warum wir diesen verscheuerten Sport, der uns mit jedem Jahr und jedem neuen Auswuchs der Moderne nur noch mehr Schmerzen bereitet, eigentlich noch immer so sehr lieben. Er wird, so viel vorweggenommen, natürlich dort fündig, wo es am schönsten wehtut: im eigenen Herzen.

Eine Liebeserklärung:
Fußball ist immer noch wichtig

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Romantisch veranlagte Fußballer

Enrico Valentini
Wagner Love
Thorsten Lieberknecht
Guillermo Amor
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Uwe Herz
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Richmond Tachie
Rainer Poppen
Theo Puff

Erdkoundé

Weil sich laufend Leser beschweren, dass die Rätsel zu einfach seien, kommt hier mal eins der Marke Freitagabend auswärts in Augsburg. Wir wollen wissen: Was zeigt diese Karte an? Lösungen an newsletter@11freunde.de. Gestern bildeten wir die Aufstellung des FC Valencia ab, die 2001 im Finale der Champions League an den Start ging. Auf der anderen Seite natürlich: KAHN! DIE BAYERN!

Wie geht’s weiter?

Der FC muss zum Start des 22. Spieltags in der 2. Liga nach Magedburg. Parallel spielt Paderborn gegen Münster. In der 3. Liga reisen die Aachener zu Viktoria Köln. In der Regionalliga empfängt Spitzenreiter Duisburg die Zweite aus Paderborn. Später am Abend kommt es in der Premier League noch zum Duell zwischen Brighton und Chelsea.

Habt ein schönes Wochenende!