Neobanken: „Revolut wird eine riesige Gewinnmaschine“

Mit glänzenden Zahlen überrascht die Neobank Revolut die Szene. Ist der jahrelange Konkurrenzkampf mit N26 entschieden? Nein, meint Fintech-Experte Georg Hauer 

Apr 25, 2025 - 16:44
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Neobanken: „Revolut wird eine riesige Gewinnmaschine“

Mit glänzenden Zahlen überrascht die Neobank Revolut die Szene. Ist der jahrelange Konkurrenzkampf mit N26 entschieden? Nein, meint Fintech-Experte Georg Hauer 

Herr Hauer, die britische Neobank Revolut hat spektakuläre Zahlen vorgelegt: 72 Prozent mehr Umsatz auf 3,7 Mrd. Euro, dazu eine Milliarde Gewinn – hat Sie das überrascht?
GEORG HAUER:  Nein, überhaupt nicht. Die Frage war eher: Wann werden Digitalbanken wie Revolut richtig profitabel? Dass die Marge bei Revolut dann gleich so gut ausfällt – also über 1 Mrd. Euro Gewinn bei 3,7 Milliarden Umsatz – ist natürlich beeindruckend. Vor fünf Jahren hätte das noch kaum jemand für möglich gehalten. 

Damals fuhr Revolut noch dreistellige Millionenverluste ein.
Nicht nur das. Ich war damals auf vielen Panels mit Vorständen traditioneller Banken. Die meinten oft, Neobanken knabbern ein bisschen am Retailgeschäft, aber das sei ohnehin nicht der lukrativste Bereich. Die eigentliche Marge liege in anderen Geschäftsfeldern. Revolut zeigt jetzt: Mit Endkunden kann man sehr wohl gutes Geld verdienen.

Profitiert Revolut nicht bloß von den gestiegenen Zinsen? Die Einlagen der Kunden bringen schließlich wieder Geld. 
Im Gegenteil: Traditionelle Banken verdienen daran viel mehr. Viele Neobanken geben einen Großteil der Zinsen an ihre Kunden weiter – Trade Republic etwa den vollen Einlagenzins. Und die durchschnittlichen Einlagen bei Neobanken sind deutlich geringer. Meist liegen da nur ein bis drei Monatsgehälter – klassische Banken verwalten oft Lebensersparnisse.

Was sorgt dann für das enorme Wachstum bei Revolut?
Anfangs beschränkten sich viele Neobanken auf das Transaktionsgeschäft – also Gebühren für Kartenzahlungen. Aber das allein ist nicht profitabel. Heute verdient Revolut etwa an Premium-Konten, die einen stabilen und gut skalierbaren Einnahmestrom bringen. Weitere wichtige Erlösquellen sind Investmentprodukte, wie Trading und Krypto zum Beispiel. Diese sind allerdings zyklisch …

… Sie meinen: Wenn an den Märkten viel passiert, wird auch mehr getradet.
Ganz genau, die letzten Monate war an den Börsen extrem viel los. Erst gab es die Trump-Rally, dann den Crash infolge der Strafzölle. Und nebenbei ist auch der Bitcoin zuletzt wieder gut gelaufen. Davon profitiert natürlich auch Revolut. Das aus meiner Sicht größte Wachstum findet aber in einem anderen Bereich statt.

Welcher?
Im Geschäft mit Firmenkunden. Da greifen sie Commerzbank, Qonto oder Holvi an – mit einem Produkt, das für kleine Unternehmen eine echte Alternative zu traditionellen Geschäftskonten geworden ist. Revolut nutzt das geschickt: Sie schaffen Lock-in-Effekte – also binden Firmen mit guten Funktionen ans Konto – und erhöhen dann peu à peu die Preise. 

Haben Sie mal ein Beispiel?
Das kostenlose Freelancer-Konto wurde kürzlich stillschweigend gestrichen, für Zusatzfunktionen wie digitale Beleganhänge verlangt Revolut inzwischen bis zu acht Euro pro Monat. Früher haben Neobanken mit Transparenz und günstigen Preisen geworben – heute bedient sich Revolut hier eher den Tricks klassischer Banken von früher.

Auch andere Neobanken wie N26 oder Bunq haben jüngst erste Profite vermeldet. Wird das von Dauer sein?
Ich sehe die Neobanken heute dort, wo Amazon ungefähr zehn Jahren war. Das Unternehmen hat damals den größten Verlust seiner Geschichte eingefahren, weil man zuvor massiv investiert hat. Wenig später explodierten die Gewinne. Ähnlich ist es bei Neobanken …

… der letzte Quartalsgewinn von N26 zum Beispiel war aber noch eher homöopathisch: 2,8 Mio. Euro.
Davon darf man sich nicht blenden lassen. Neobanken haben hohe Fixkosten – etwa für Compliance, IT und Lizenzen –, aber wenn sie einmal die Schwelle zur Profitabilität überschritten haben, skalieren die Gewinne überproportional. Revolut schrieb auch lange Verluste – erst als sie etwa 15 Millionen Kunden hatten, wurde es nachhaltig profitabel. Seitdem wachsen Umsatz und Gewinn schneller als die Kosten. In ein paar Jahren wird Revolut eine riesige Gewinnmaschine sein. Nubank in Brasilien ist übrigens noch größer und profitabler.

Ist der Kampf der Neobanken damit entschieden? Ähnlich wie Netflix die Streaming-Wars für sich entschieden hat?
Nein. Der Vergleich hinkt, weil Banking nach anderen Regeln abläuft. Den Kampf um Marktanteile gewinnt man national, nicht global. Revolut ist stark in Polen, Irland oder Rumänien. In Großbritannien ist Monzo mindestens ebenbürtig. In Deutschland führt N26, Revolut ist dort noch verhältnismäßig klein. Es gibt aber viele lokale Champions – etwa Bunq in den Niederlanden oder Lunar in Skandinavien.

Das heißt, den einen großen Neobank-Giganten wird es nicht geben?
Wir werden keine Monopol-Situation sehen. Auch aus regulatorischer Sicht wäre das nicht wünschenswert. Und genau deshalb ist auch der Druck auf große Neobanken zuletzt gestiegen – etwa durch verzögerte Lizenzen oder stärkere Aufsicht, wie in Großbritannien oder Litauen.

Was glauben Sie: durch welche Neuerungen werden sich Neobanken als nächstes hervortun?
Ich sehe vor allem zwei Bereiche. Erstens Private Banking: Die Neobanken werden mehr Services für wohlhabende Kunde anbieten – etwa Zugang zu Private Equity, Hedgefonds, oder umfassende Portfolio-Analysen. Ich kann mir sogar vorstellen, dass diese Kunden in turbulenten Börsenphasen beim Handeln priorisiert werden, sodass sie nicht von Störungen wie jüngst bei Trade Republic betroffen sind. 

Und der zweite?
Betrifft Unternehmensfinanzierungen. Gerade im KMU-Bereich braucht es gute Kreditangebote. Bisher haben sich Neobanken hier schwergetan – auch, weil das Zinsumfeld lange unattraktiv war. Aber das hat sich ja gerade geändert.