Inselhopping: Karibik und Korsaren: Kreuzfahrt auf den Spuren der Piraten
Palmen, weiße Strände, türkisblaues Meer – so kennt man "Westindien". Aber die Seefahrergeschichte ist düster. Das Erbe von Blackbeard und Co. verspricht heute Vergnügen und gute Geschäfte.

Palmen, weiße Strände, türkisblaues Meer – so kennt man "Westindien". Aber die Seefahrergeschichte ist düster. Das Erbe von Blackbeard und Co. verspricht heute Vergnügen und gute Geschäfte.
Waltie ist dem wohl berühmtesten Piraten aller Zeiten persönlich begegnet: Als junger Mann war der Mittfünfziger Captain Jack Sparrow zu Diensten. Beim Dreh des 2. "Fluch der Karibik"- Films, den weltweit viele Millionen Menschen gesehen haben, half er, die Crew des schrulligen Piraten auszurüsten, Kameras und Kisten an die Drehorte der malerischen Insel St. Vincent zu schleppen – eben als Mädchen für alles für Stars wie Johnny Depp, Keira Knightley und Orlando Bloom da zu sein.
Vergessen wird er die Zeit am Set nie, und das kommt ihm auch bei seinem neuen Beruf zupass: Inzwischen ist Waltie Teil der Crew des Schoners "Scaramouche", der als Versorger und Transporter ebenfalls bei den Dreharbeiten eingesetzt war und heute Kreuzfahrtpassagiere der "Mein Schiff 2" zu einer spaßigen Piratenfahrt entlang der Küste von St. Vincent bringt.
Da ist Waltie dann selbst ein Star, denn die Piraterie ist das inoffizielle Motto der Karibikrundreise: Eine Piratenflagge zieht er auf, Segel setzt er, und er ist der Liebling der "Scaramouche"-Passagiere, weil ihm eine entscheidende Rolle zufällt. Waltie zeigt seinen Gästen Schauplätze des Films.
Zum Beispiel die Hängebrücke zwischen den Felsen, über die Sparrow - übrigens eine fiktive Figur - vor den karibischen Kannibalen flüchten konnte, oder den Berghang, über den der Captain im riesigen Wasserrad heruntergerollt ist. Auch das alte Set an der Wallilabou Bay auf St. Vincent, wo noch immer Requisiten des Films, Riesenskelette und Särge zu sehen sind, gehört zu seinem Repertoire.
Dort, im kleinen Bistro an der Bucht, läuft im Hintergrund ein "Fluch-der-Karibik"-Film als Endlosschleife. Zurück an Bord des Kreuzfahrtschiffs gibt’s an einer der vielen Bars ein kühles Carib-Bier, Rum Punch, Piña Colada und jede Menge anderer Cocktails, die zur Karibik passen. Alles muss stimmig sein.
Raubzüge vom Land aus
Wer Lust auf die traditionelle Kost der Insulaner verspürt, dem servieren die Küchenchefs gern landestypische Gerichte: eine Jambalaya zum Beispiel - das ist ein Reiseintopf, wahlweise mit Fleisch oder Meeresfrüchten geschmort - den wahrscheinlich schon die alten Piraten vertilgten.
Wer durch die Kleinen Antillen zwischen St. Vincent und St. Kitts kreuzt, kommt am Thema Piraten nicht vorbei. Auf der "Mein Schiff" heißt schon der bordeigene Kindergarten "Piratennest", bei der abendlichen Poolparty an Deck lassen sich ein täuschend echter Captain Sparrow (im Film dargestellt von Johnny Depp) und eine fast perfekte Kopie der Gouverneurs-Tochter Elizabeth Swann (Keira Knightley) gern mit den Gästen fotografieren.
Natürlich hält die Schiffsreiseleitung in jedem Hafen ein Bündel von Landausflügen bereit – auch zu den wahren Spuren der alten Korsaren, die vor allem im 17. Jahrhundert die Karibik unsicher machten und Angst und Schrecken verbreiteten.
Mal auf eigene Rechnung, mal im Auftrag der englischen oder französischen Krone plünderten die Kapitäne mit dem Totenkopf am Hut hunderte mit Silber, Edelsteinen und Gewürzen beladene Galeonen, massakrierten deren Besatzung und fielen über wehrlose Ortschaften an der Küste her.
Die Namen berüchtigter Piraten und Freibeuter wie des grausamen Blackbeard, des klugen Henry Morgan (der es später zum Sir und Gouverneur von Jamaika brachte) oder des brutalen Captain Kidd kennt jeder, der Piratengeschichten gelesen und geliebt hat. Claudette Levi-Farnum kennt noch andere, eher ungewöhnliche Figuren, von denen die studierte Historikerin ihren Gästen bei einer Fahrt durch Barbados erzählt.
Da ist etwa der trickreiche Plantagenbesitzer Sam Lord, der nie zur See fuhr, sondern seine höchst erfolgreichen Raubzüge vom Land aus unternahm. Lord ließ, so schildern es zeitgenössische Berichte, am Strand seiner Plantage große, helle Lichter anzünden, um die Kapitäne von Handelsschiffen zu täuschen und zu sich zu locken – die fanden bei ihm freilich keinen sicheren Hafen, sondern strandeten als sichere Beute an vorgelagerten Riffen.
Ein Pirat und Gentleman
Und dann ist da auch der "Gentlemen-Pirat" Stede Bonnet, Sohn eines vornehmen Zuckerbarons, der nach dem Tod des Vaters ums Erbe gebracht wurde, und sich mit seinem Schiff "Revenge" (Rache) als Pirat bei reichen Handelsherren möglichst viel zurückzuholen versuchte. Reste der Plantagengebäude der Bonnets sind noch heute nahe der Hauptstadt Bridgetown erhalten. Im schmucken Arlington-House des Städtchens Speightstown hat das Museum Stede Bonnet eine kleine Ausstellung gewidmet.
Sich gegen Piraten zu wehren, war meist vergeblich. Im Fischerdorf Oistins auf Barbados, das immer wieder mal überfallen und ausgeplündert wurde, zeigt Claudette im Meer versunkene, nur bei Ebbe sichtbare Kanonen, die auch nichts gegen die Angreifer ausrichten konnten. Immerhin hat das Örtchen mit seinen Bars und Fischrestaurants im Gegensatz zu den Piraten bis heute überlebt und sich zu einem beliebten Ausflugsziel von Einheimischen und Touristen entwickelt.
Eine Schiffsreise durch die Karibik ist spannend und schön wie die Inseln selbst. Nach einer langen Tagestour an Land im schicken Bord-Spa zu entspannen, im Liegestuhl am Pool zu dösen und am Abend in einem der Restaurants mal ganz fein, mal ein wenig rustikal zu dinieren - auch das macht den Reiz der Kreuzfahrt aus.
Auch, dass das schwimmende Hotel seine Gäste quasi im Schlaf von Ort zu Ort transportiert, abends eine Insel verlässt und morgens eine neue ansteuert, ist typisch für Karibikreisen. Morgens bei Sonnenaufgang mit einer Tasse Kaffee auf dem Privatbalkon zu sitzen und die Einfahrt in den nächsten Hafen zu genießen, macht Lust auf neue Begegnungen und Erlebnisse.
Die wohl ursprünglichste Insel weit und breit
Palmen und Strände sind die Aushängeschilder der Karibik, doch auch Wälder mit Flüssen und Wasserfällen, Dschungel, Zuckerrohr- und Kokosplantagen zählen dazu. Eine so vielseitige Insel in den Kleinen Antillen ist Dominica.
Kaum verändert hatte sie sich in den vergangenen zwei Jahrhunderten. Nicht zufällig haben die Macher von "Fluch der Karibik" sie deshalb zu einem zentralen Schauplatz ihrer Filme gemacht – und dafür sind die Taxifahrer am Hafen von Roseau dankbar. Für 50 bis 60 Dollar pro Nase kutschieren sie Touristen zu den spektakulärsten Drehorten.
Zum Indian River beispielsweise, wo Einheimische mit ihren Ruderbooten wildromantische Fahrten über den Dschungelfluss anbieten – ein Stopp an der verwunschenen Hütte, in der Captain Sparrow mit der Filmhexe Calypso verhandelt hat, gehört immer dazu.
20 Kilometer weiter folgt das nächste Highlight: Der Wasserfall in der Titou Gorge; die Schlucht war ebenfalls Teil des Films und zieht täglich hunderte Besucher. Die kämpfen sich mit viel Muskelkraft durch die starke Strömung der Schlucht oder lassen sich von kräftigen Burschen für ein paar Dollar auf Gummireifen zum tosenden Wasserfall ziehen.
Ein Schatz darf nicht fehlen
Selbstredend sollen die echten, alten Piraten auf Dominica auch einen Schatz versteckt haben. Rund drei Millionen Pesos, die in Höhlen versteckt und nie gefunden wurden. Ebenso wenig wie das Gold des grausamen Blackbeard, das er angeblich irgendwo auf der Trauminsel Saona vor der Küste der heutigen Dominikanischen Republik vergraben hat.
Die Touristen, die täglich über Saona herfallen, buddeln zwar nicht nach Schätzen, doch mit ihrem Ansturm sind sie drauf und dran, das Bilderbucheiland zu entzaubern. Es erscheint nur gerecht, wenn sie dort Inselbewohnern auf den Leim gehen, die ihnen überteuerte Zigarren, T-Shirts und Drinks andrehen oder ihnen am Strand Zehn-Minuten-Massagen für 50 Dollar aufschwatzen.
Viele Insulaner leben bis heute relativ gut von den Hinterlassenschaften der echten Piraten und ihren Filmkopien: Dutzende kommerzielle Ausflugsanbieter, ein kleines Heer von Taxifahrern und Tour-Guides, Veranstalter von Piratenfahrten und Korsaren-Shows mit wilden Kämpfen und Überfällen genieren so ihre Einnahmen.
Eine geschäftstüchtige "Bruderschaft der Korsaren" möchte auf Guadeloupe sogar ein ganzes Piratendorf nachbauen – als Denkmal an die einstigen Herren der Karibik und als Kassenschlager für die heimische Tourismusindustrie.
Links, Tipps, Praktisches:
Lage: Die Karibik mit den Großen Antillen im Westen und den Kleinen Antillen im Osten besteht aus einer Vielzahl von Inseln zwischen Florida und Venezuela. Sie sind zum Teil unabhängige Staaten, zum Teil britisches, französisches und niederländisches Staatsgebiet.
Reisezeit: Es herrscht ganzjährig ein gemäßigtes tropisches Monsunklima. Die beste Reisezeit liegt zwischen Dezember und April bei Tageshöchstwerten um 30 Grad. Die Wassertemperatur pendelt ständig zwischen 27 und 29 Grad. Von Juni bis November ist in der Karibik Hurrikan-Saison.
Kreuzfahrten: Der Preis für eine 14-tägige Rundreise mit der "Mein Schiff 2" ab La Romana (Dominikanische Republik) liegt im November bei 3.179 Euro (Innenkabine) und 3.909 Euro (Balkonkabine), jeweils pro Person und inklusive Flug. Weitere Anbieter von Karibikkreuzfahrten sind unter anderem die Reedereien von Aida und MSC Cruises.
Währung: Gezahlt wird in der Karibik, je nach Insel, mit Ostkaribischen Dollars, Barbados-Dollars oder Euro. US-Dollars werden überall akzeptiert.
Einreise und Impfungen: Deutsche Staatsbürger brauchen einen Reisepass, der bei Einreise noch mindestens sechs Monate gültig ist.
Gesundheit: Impfungen sind nicht vorgeschrieben.
Weiterführende Informationen zu den Destinationen: visitbarbados.org; discoverdominica.com; godominicanrepublic.com; guadeloupe-islands.com; visitstkitts.com; visitantiguabarbuda.com