Horsegirl – Phonetics On and On
Horsegirl beweisen mit ihrem zweiten Album Phonetics On And On, dass sie sich nicht mit bloßer Wiederholung zufriedengeben. Statt sich auf dem Erfolg ihres Debüts Versions of Modern Performance auszuruhen, wagt sich das Trio aus Chicago in neue klangliche Gefilde. Dabei wird deutlich: Die Band ist gereift und formt einen Sound, der trotz minimalistischer Ansätze […]

Horsegirl beweisen mit ihrem zweiten Album Phonetics On And On, dass sie sich nicht mit bloßer Wiederholung zufriedengeben. Statt sich auf dem Erfolg ihres Debüts Versions of Modern Performance auszuruhen, wagt sich das Trio aus Chicago in neue klangliche Gefilde. Dabei wird deutlich: Die Band ist gereift und formt einen Sound, der trotz minimalistischer Ansätze reich an Experimentierfreude ist.
Die Platte klingt luftig und reduziert, aber keineswegs uninspiriert. Die Songs kreisen um schlichte, aber effektive Strukturen. Anstelle von dichten Texten dominiert eine spielerische Sprachlichkeit: da da da da und la da da da übernehmen ganze Refrains und erzeugen einen fast hypnotischen Sog. Besonders Julie und 2468 verdeutlichen diesen Ansatz und wirken dabei erstaunlich lebendig.
Doch hinter der klanglichen Reduktion verbirgt sich ein sorgfältig arrangiertes Album. Cate Le Bon hat die Produktion in eine Richtung gelenkt, die Horsegirls rohe DIY-Wurzeln bewahrt, ihnen aber gleichzeitig eine neue Eleganz verleiht. Überraschend ist der Einsatz von Violine durch Nora Cheng, obwohl sie das Instrument vorher nie gespielt hat. In In Twos entstehen durch rudimentäres Zupfen brüchige, fast naive Klänge, die dem Song eine eigene Tiefe verleihen.
Textlich vermittelt das Album ein Gefühl von Übergang. Kein Wunder – nach dem Schulabschluss sind die drei Bandmitglieder von Chicago nach New York gezogen. Entfremdung, Orientierungssuche und jugendliche Unruhe schwingen in Songs wie Where’d You Go? mit, deren Texte oft fragmentarisch und offen bleiben. Statt klassischer Songstrukturen gibt es lose Gedankenfetzen, die sich zu Bildern verdichten.
Nicht jeder Song zündet sofort. Einige Passagen wirken etwas zu skizzenhaft und könnten dynamischer ausfallen, wie etwa Rock City, das ein wenig verloren zwischen den stärkeren Stücken steht. Doch solche kleineren Schwächen werden durch Highlights wie I Can’t Stand To See You oder Switch Over ausgeglichen, die beweisen, dass die Band trotz aller Reduktion immer noch Melodien mit Sogwirkung schreiben kann.
Phonetics On And On ist kein Album, das sich beim ersten Hören aufdrängt. Es ist ein Album, das wächst, das sich entfaltet, je mehr man sich darauf einlässt. Horsegirl haben keinen radikalen Bruch vollzogen, aber sie haben ihren Sound geschärft, verfeinert und mutig weitergedacht. Ein Album, das mit seiner eigenwilligen Mischung aus Reduktion und Verspieltheit überzeugt.
8/10