Fürs Archiv: Bundestag macht mit Verfassungsänderung Weg für Wehr-Schulden frei

Über das, was an diesem 18. März 2025 vom Bundestag beschlossen wurde, ist in allen Medien genug zu lesen – deshalb vor allem fürs Archiv: Noch vor dem Zusammentreten des neu gewählten Parlaments hat der bisherige Bundestag mit Zweidrittelmehrheit das Grundgesetz geändert, um mit Schuldenaufnahme in praktisch unbegrenzter Höhe ausreichende Verteidigungsausgaben zu ermöglichen. Allerdings muss der Bundesrat ebenfalls noch zustimmen, ehe das in Kraft treten kann. Die Grundgesetzänderung (neben der Aussetzung der Schuldenbremse für den Verteidigungsetat ist auch ein Infrastruktur-Sondervermögen

Mär 18, 2025 - 19:29
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Fürs Archiv: Bundestag macht mit Verfassungsänderung Weg für Wehr-Schulden frei

Über das, was an diesem 18. März 2025 vom Bundestag beschlossen wurde, ist in allen Medien genug zu lesen – deshalb vor allem fürs Archiv: Noch vor dem Zusammentreten des neu gewählten Parlaments hat der bisherige Bundestag mit Zweidrittelmehrheit das Grundgesetz geändert, um mit Schuldenaufnahme in praktisch unbegrenzter Höhe ausreichende Verteidigungsausgaben zu ermöglichen. Allerdings muss der Bundesrat ebenfalls noch zustimmen, ehe das in Kraft treten kann.

Die Grundgesetzänderung (neben der Aussetzung der Schuldenbremse für den Verteidigungsetat ist auch ein Infrastruktur-Sondervermögen darin enthalten) legten die voraussichtlich künftigen Koalitionspartner Union und SPD vor; die künftig oppositionellen Grünen sorgten für die nötige Zweidrittelmehrheit, setzten aber auch Änderungen in den Formulierungen durch.

Die für die Leser*innen entscheidende Passage in der Bundestagsdrucksache 20/15096 dürfte die zu den Verteidigungsausgaben sein, deshalb aus der Begründung im Wortlaut:

Limitierte Bereichsausnahme für Verteidigungsausgaben im Rahmen der Schuldenregel
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert nunmehr bereits über drei Jahre und hat die Sicherheitslage in Europa dramatisch verändert. Der Amtsantritt der neuen US-Regierung lässt darüber hinaus nicht erwarten, dass sich die existierenden geoökonomischen und sicherheitspolitischen Spannungen in der internationalen Politik verringern. Die Erwartung, dass man in Europa nach einer temporären Phase zur sicherheitspolitischen Normalität der früheren Jahre zurückkehren könne, hat sich nicht bewahrheitet. Die neu gewählte US-Regierung hat ihre
Vorstellungen zu Verantwortung und Lastenverschiebung in der künftigen Sicherheitsarchitektur für Europa dargestellt. Zurzeit überprüfen die USA ihr sicherheitspolitisches Engagement in Europa. Die USA haben zudem ihre Ukraine-Politik neu ausgerichtet und die militärische Unterstützung der Ukraine unterbrochen. Auf Deutschland und Europa können daher größere finanzielle Lasten zukommen. In den kommenden Jahren wird die Bundesregierung vor der Herausforderung stehen, die Fähigkeiten der Landes- und Bündnisverteidigung deutlich zu stärken und ihrer Mitverantwortung für Sicherheit in Europa nachzukommen.
Die mit der „Zeitenwende“ eingeleitete Stärkung der Fähigkeiten der Bundeswehr muss daher vertieft und fortgeführt werden. Die durch das „Sondervermögen Bundeswehr“ begonnene Modernisierung der Bundeswehr mit dem Ziel voll ausgestatteter und voll einsatzbereiter Streitkräfte muss konsequent weiter vorangetrieben werden.
Weiterhin bestehende Fähigkeitslücken sind umgehend zu schließen und Investitionen in den Truppenaufwuchs entsprechend zu tätigen. Das „Sondervermögen Bundeswehr“ mit einer Kreditermächtigung in Höhe von 100 Milliarden Euro ist bereits zum 31. Dezember 2024 zu rund 82 Prozent gebunden. Der fiskalische Spielraum für zusätzliche Verteidigungsausgaben im Einzelplan 14, bei Einhaltung der Schuldenregel des Grundgesetzes in seiner bisherigen Form, ist gering. Es ist abzusehen, dass das „Sondervermögen Bundeswehr“ in seinem derzeitigen Volumen und die geltende Finanzplanung nicht ausreichen werden, um bestehende Fähigkeitslücken der Bundeswehr zu schließen. Die Gewährleistung der äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ist eine staatliche Kernaufgabe, deren Bedeutung durch die verschiedentlich herausgehobene Erwähnung der staatlichen Verteidigungsfähigkeit im Grundgesetz (vgl. Artikel 45a Absatz 1, Artikel 87a Absatz 1, Artikel 115a ff. GG)
unterstrichen wird. Ein langsamer, inkrementeller Aufwuchs im Zuge von verstärkter Priorisierung im Bundeshaushalt ist sicherheitspolitisch nicht tragbar und könnte erhebliche Risiken mit sich bringen.

In der namentlichen Abstimmung (s. Grafik oben) sprachen sich SPD, Union und Grüne fast geschlossen für die Grundgesetzänderung aus. Ebenfalls fast geschlossen stimmten FDP, AfD, BSW und Linke dagegen – die letzte Abstimmung in dieser Zusammensetzung; ab nächste Woche sieht der Bundestag anders aus.

Interessant wird jetzt, wie der Verteidigungshaushalt mit den neuen Spielräumen gestaltet wird. Aber da müssen wir vermutlich noch eine kleine Weile warten – noch ist ja nicht mal klar, wer demnächst IBUK sein wird.

(Grafik: Bundestag)