Fram2: Tut nicht so selbstlos! Warum die private Raumfahrt reguliert gehört

Bei aller Freude über den Start von Rabea Rogge als erste deutsche Astronautin: Das dahinterstehende Business schadet mehr als es nützt

Mär 31, 2025 - 17:42
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Fram2: Tut nicht so selbstlos! Warum die private Raumfahrt reguliert gehört

Bei aller Freude über den Start von Rabea Rogge als erste deutsche Astronautin: Das dahinterstehende Business schadet mehr als es nützt

Ein Gutes hat die Reise ja: Mit Rabea Rogge wird erstmals eine deutsche Frau in den Weltraum starten. Dass in den 47 Jahren seit dem ostdeutschen Kosmonauten Sigmund Jähn einzig Männer im All waren, ist eine Peinlichkeit für die Raumfahrt unseres Landes. 

Und diese Blamage tilgt auch Rogges Flug nicht. Denn die Berlinerin wird nicht vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR oder der Europäischen Weltraumorganisation ESA auf die Reise in den Erdorbit geschickt. Stattdessen hat sie selbst einen Platz auf dem Privatflug "Fram2" ergattert. Bezahlt wird er von dem in China geborenen Chun Wang, der seine Milliarden mit Kryptowährungen gemacht hat. Bei SpaceX hat der Weltraumenthusiast nicht nur ein Flugticket, sondern gleich ein ganzes Raumschiff gebucht. Da noch drei Plätze auf dem viertägigen Flug um die Erde frei waren, lud er unter anderem die Robotikforscherin Rogge ein, die er bei einem Polartraining kennengelernt hatte. 

So irre das Zustandekommen dieses Flugs ist, es birgt eine wunderbare Pointe: DLR mitsamt der ESA wird die Gelegenheit genommen, in einigen Jahren mit Pomp die erste deutsche Astronautin zu präsentieren und sich dann dafür feiern zu lassen, was sie in den Jahrzehnten zuvor verbockt haben. 

Das ist das einzig Gute an "Fram2". Denn der Flug normalisiert, was keine Normalität sein dürfte. Aberwitzig reiche Menschen erkaufen sich ein Erlebnis, das bislang nur einer handverlesenen Schar von Menschen offen stand, die im Gegenzug enorme private Einschränkungen sowie eine langjährige Ausbildung auf sich nehmen mussten und im All dann harte Arbeit leisteten. Zwar gibt es auch in der staatlich betriebenen Raumfahrt Probleme, wie die Nichtberücksichtigung von Frauen beweist. Aber mit einem gewissem Recht konnten die Astronauten und Astronautinnen für sich in Anspruch nehmen, ihren Job im Dienste der Menschheit, des Erkenntnisgewinns oder zumindest ihres Heimatlandes zu tun. 

Die privaten Flüge sind aber ein rein privates Vergnügen. Und sie werden nicht dadurch besser, dass die reichen Überflieger "Forschung" und "Wissenschaftskommunikation" im Orbit betreiben wollen. Ja, so richtig ärgerlich wird der Trip der Milliardäre erst durch ihren Versuch, ihre Selbsterfüllung auch noch als Wohltat für die Menschheit zu verkaufen. 

Ein paar Monate Training macht die vier Reisenden nicht zu professionellen Astronauten und Astronautinnen. Und ein Flug von vier Tagen ermöglicht keine komplexeren und aussagekräftigen Experimente. Kaum haben sich die Weltraumneulinge an die anfängliche Übelkeit gewöhnt, hat sich die Nervosität gelegt, haben sie schöne Fotos geschossen und mit Kindern auf der Erde gechattet, geht es schon wieder zurück. 

Röntgen, Austern, Hormonapp – das soll es rechtfertigen?

Während Fram2 soll erstmals ein medizinisch-diagnostisches Röntgenbild in der Schwerelosigkeit aufgenommen werden. Aber wozu ein Gerät testen und die Reisenden so einer zusätzlichen Strahlengefahr aussetzen, wenn keineswegs abgemacht ist, dass dieses Gerät jemals auf einer Marsreise mitfliegen soll?

In einem anderen Experiment soll die Crew Austernpilze als alternative Nahrungsquelle für Langzeitmissionen erforschen. Dabei werden die Pilze erst richtig sprießen, wenn der Flug längst vorbei ist. Und ungeklärt wird bleiben, wie gut die Raumfahrenden die Nährstoffe langfristig aufnehmen und ob sich die organischen Abfälle wiederverwerten lassen. 

Eine Hormon-App soll den weiblichen Zyklus untersuchen, dabei sind nur zwei Frauen an Bord und eine volle Zyklusperiode dauert rund 28 Tage. Ein Ring soll die Schlafqualität untersuchen, obwohl die Reisenden sich in der kurzen Zeit kaum an das Schlafen in Schwerelosigkeit adaptieren können. 

Welchen Effekt die Schwerelosigkeit kurzfristig auf den Körper hat, hat die Nasa in den vergangenen Dekaden bereits untersucht. Viel zu holen ist da also an neuer Forschung nicht. Spannender und für zukünftige Missionen relevanter sind die Langzeitfolgen der Schwerelosigkeit für den Körper, aber solche lassen sich nach wenigen Tagen eben nicht beobachten.

Interessant an Fram2 ist lediglich die ungewöhnliche Flugbahn: Erstmals fliegen Menschen über die Erdpole. Doch sollte das tatsächlich einen wissenschaftlichen Wert bergen, ließe sich dieser Schatz besser durch Profi-Astronauten*innen und eine längere Missionsdauer heben. 

Kritisch ist zudem, dass hinter vielen Forschungsprojekten von Fram2 Unternehmen stehen, die die erhobenen Daten wohl nicht veröffentlichen werden. Und was an Forschungsergebnissen von Privatflügen veröffentlicht wird, das zeigen frühere Beispiele, durchläuft oft keinen Peer-Review-Prozess, wird also nicht von unabhängigen Fachleuten kritisch beleuchtet. Deswegen sind die Ergebnisse für weiterführende Forschung wertlos. 

Die angekündigte Wissenschaft hat also vornehmlich den Zweck, gute PR für die Mission abzuwerfen. Höchstens ist sie noch ein willkommener Zeitvertreib für die Reisenden. 

Angebliche Klimaforschung auf Kosten des Klimas

Den im besten Fall geringen Erkenntnissen durch den Flug stehen seine enormen Kosten für die Umwelt entgegen. Ein Raketenstart verursacht hunderte Tonnen an Kohlenstoffdioxid-Emissionen. Es wirkt wie Hohn, dass jede und jeder auf der Erde angehalten ist, den eigenen Arbeitsweg für das Klima zu optimieren, während einige Reiche aus Lust und Laune mit solchen Flügen Unmengen Klimagase in die Atmosphäre pusten – vor allem in deren sensible obere Schichten. Und dann auch noch behaupten, auf ihren Flügen entstünden hilfreiche Erkenntnisse im Kampf gegen den Klimawandel. 

Solange Raketenstarts derart klimaschädlich sind, sollte jeder einzelne wohlbegründet sein. Statt vieler Kurztrips mit vielen Starts sollten weiterhin ausschließlich monatelange Reisen mit optimal ausgebildeter Crew erlaubt sein. Ein erster Schritt wäre, dass die Medien das Spiel der Reichen nicht mitspielen, deren PR nicht übernehmen und Egoismus klar als solchen benennen.