Energieversorgung: Wie funktioniert die Strombörse und wann kaufe ich Strom günstig?

Woher der Strom kommt, ist meist nur dann Thema, wenn er mal nicht fließt. Doch gerade Nutzer dynamischer Stromtarife sollten seine Herkunft kennen – sie bestimmt den Preis

Mär 19, 2025 - 12:12
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Energieversorgung: Wie funktioniert die Strombörse und wann kaufe ich Strom günstig?

Woher der Strom kommt, ist meist nur dann Thema, wenn er mal nicht fließt. Doch gerade Nutzer dynamischer Stromtarife sollten seine Herkunft kennen – sie bestimmt den Preis

Wer sein Handyakku laden, Staubsaugen oder Kaffeekochen will, steckt erst mal den Stecker in die Steckdose – so einfach kommt der Strom ins Haus. Die meisten Elektrogeräte im Haushalt wie Waschmaschine, Fernseher und Lampen sind meist sogar dauerhaft angeschlossen. Doch hinter der leicht gezapften Energie steckt eine hochkomplexe Infrastruktur.

Davon bekommt man oft nur etwas mit, wenn der Strom ausfällt. Doch immer mehr Stromlieferanten bieten dynamische Stromtarife an. Damit kann jeder und jede selbst bestimmen, zu welchem Preis er oder sie Energie aus der Steckdose zieht – das allerdings setzt voraus, dass man versteht, wie der Strommarkt funktioniert und wie der Strompreis zustande kommt.

Strommarkt funktioniert wie ein Marktplatz

Die großen Stromerzeuger speisen ihre mit Erdgas, Kohle oder in Windparks erzeugte Energie zunächst in Höchstspannungsnetze ein. Über Stromautobahnen fließt sie über Umspannwerke in die Verteilernetze und schlussendlich in die Steckdosen der Haushalte. Der Strom muss unmittelbar an die Endverbraucher verteilt werden, weil das Netz selbst elektrische Energie nicht speichern kann.

Wie und zu welchem Preis das geschieht, bestimmt sich auf dem Strommarkt. Gehandelt wird an Strombörsen. Es gibt verschiedene, je nachdem, in welchem Zeitraum Angebot und Nachfrage organisiert werden müssen. Sie funktionieren wie ein Marktplatz, auf dem anstelle von physischen Gütern elektrischer Strom gekauft und verkauft wird.

Strombörse Leipzig EEX nur für Großkunden

Eine der europäischen Strombörsen ist die European Energy Exchange (EEX) in Leipzig. Dort handeln die Teilnehmer Großhandelspreise aus. Beteiligt sind neben den Energieerzeugern vor allem große Verbraucher wie Industriebetriebe und Unternehmen, die den Strom an die Haushalte weiterverteilen. Außerdem kaufen spezialisierte Handelshäuser, Broker und Banken an der EEX. Privatpersonen können hier dagegen nicht mitspielen.

Der Handel an der Strombörse erfolgt anonym: Die Energieproduzenten können an der Börse ihre Produkte vermarkten oder dafür einen EEX-anerkannten Händler beauftragen. „Der Handel erfolgt elektronisch“, erklärt Eileen Hieke, Pressesprecherin bei der Leipziger Börse. Die EEX fungiert dann als Vermittler zwischen ihnen. So ist für keine Seite ersichtlich, mit wem sie gehandelt hat. Das garantiert die Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer. Die aufgerufenen Preise veröffentlicht die Strombörse, sodass auch die breite Öffentlichkeit weiß, wie viel Strom aktuell kostet.

Strom wird bis zu zehn Jahre im Voraus gekauft

Die vertragliche Vereinbarung über den Kauf und Verkauf von Strom zu einem bestimmten Preis und in einem festgelegten Zeitraum nennt sich Stromkontrakt. An der Leipziger EEX wird Energie für die Zukunft gehandelt. Damit sichern sich die Handelsteilnehmer gegen Preisänderungsrisiken ab. Anbieter und Abnehmer vereinbaren also Preise für spätere Lieferzeitpunkte, die mindestens zwei Tage, aber auch ein oder bis zu zehn Jahre in der Ferne liegen können.

Was ist ein Spotmarkt?

Das ist nicht nur für Deutschland möglich, sondern für über 20 Länder in Europa. Schließlich ist auch das Stromnetz europäisiert: Die nationalen Stromnetze sind durch grenzüberschreitende Leitungen miteinander verbunden. Wenn mal lokal in einem Land weniger erzeugt als verbraucht wird, kann das europäisch ausgeglichen werden. Strom wird deshalb auch über die Grenzen hinweg gehandelt. 

Strom wird aber auch mit kürzeren Zeithorizonten ge- und verkauft, weil sich im Netz befindliche Energie nicht speichern lässt, sondern verbraucht werden muss. Kurzfristig wird Strom an der Partnerbörse EPEX in Paris gehandelt. Hier liegen die verfügbaren Liefertermine zwischen 15 Minuten und bis zu zwei Tage. Diese Börse wird auch Spotmarkt genannt.

Dynamische Tarife gründen auf Spotmarkt

Die an der EPEX ausgehandelten Preise sind auch für alle Verbraucher relevant, die bei ihrem Stromanbieter einen dynamischen Tarif abgeschlossen haben. Bei diesen zahlen Kunden in der Regel keinen monatlichen Festpreis, sondern der Preis steigt und fällt stündlich. Der Anreiz besteht darin, Strom dann zu verbrauchen, wenn dieser in Mengen im Netz verfügbar und dadurch günstig ist – das ist meist in den frühen Morgenstunden und am späten Abend der Fall. In dieser Zeit sollten Verbraucher dann etwa ihr E-Auto laden, sagt EEX-Sprecherin Hieke. „In Skandinavien und in den Niederlanden gibt es schon viele dieser Tarife.“ Deutschland müsse noch etwas aufholen, aber der Trend wächst.

Voraussetzung für einen dynamischen Tarif sind allerdings digitalisierte Systeme, wie zum Beispiel einen intelligenten Stromzähler, sogenannte Smart Meter. Und eine App, um die Preise beobachten und den eigenen Verbrauch entsprechend anpassen zu können. 

Die Preise, die die jeweilige Strom-App für Verbraucher anzeigt, liegt allerdings deutlich höher als der Börsenpreis. Denn dieser zeigt lediglich an, wie viel die primäre Beschaffung kostet. Für den Endkunden kommen noch verschiedene Komponenten hinzu: die Netzentgelte für den Transport des Stroms bis zur Steckdose, Steuern und Abgaben.