Beirut – A Study of Losses
Zach Condon war nie jemand, der sich mit Erwartbarem zufriedengibt. Und doch klingt A Study of Losses selbst für Beirut-Verhältnisse überraschend. 18 Stücke, geschrieben als Auftragsarbeit für das schwedische Zirkusensemble Kompani Giraff, inspiriert von Judith Schalanskys Verzeichnis einiger Verluste – einem Buch über das, was verloren ging, bevor wir es ganz erfassen konnten. Was sich […]

Zach Condon war nie jemand, der sich mit Erwartbarem zufriedengibt. Und doch klingt A Study of Losses selbst für Beirut-Verhältnisse überraschend.
18 Stücke, geschrieben als Auftragsarbeit für das schwedische Zirkusensemble Kompani Giraff, inspiriert von Judith Schalanskys Verzeichnis einiger Verluste – einem Buch über das, was verloren ging, bevor wir es ganz erfassen konnten.
Was sich nach Konzeptkunst anhört, entpuppt sich als ein zartes, oft wunderschönes, manchmal auch rätselhaftes Album über das Verschwinden.
Die Hälfte der Stücke kommt ohne Gesang aus. Doch auch dort, wo Condon singt, ist seine Stimme oft nur ein weiteres Instrument, das sich in die Streicherflächen, das Glockenspiel, das brüchige Banjo einfügt.
Manchmal murmelt er nur, manchmal schwebt ein einzelnes Wort durch den Raum, als würde es gleich wieder verschwinden. Alles wirkt flüchtig, kaum greifbar – aber immer durchdacht.
Tracks wie The Tuanaki Atoll oder Villa Sacchetti könnten auch aus Beirut’s Frühphase stammen: melancholisch und folkloristisch. Für mich die beiden Highlights des Albums.
Und dann gibt es da Guericke’s Unicorn – eine strahlende Synthpop-Perle, die klingt wie ein zu lang belichtetes Foto aus den 80ern. Hier blitzt etwas auf, das auf dem Rest des Albums oft fehlt: ein Moment der Verspieltheit, der sich nicht nur mit Verlust, sondern auch mit dem Wunder beschäftigt, dass überhaupt etwas bleibt.
Instrumentale Stücke wie Mare Serenitatis oder Mare Crisium klingen dagegen wie stille Andachten – in sich gekehrte Miniaturen, die eher in Stimmungen als in klassischen Songstrukturen funktionieren.
Dass diese Musik für eine Zirkusshow entstand, merkt man kaum. Oder nur dann, wenn man sich Zirkus als Ort der Schwebe, der Balance, der flüchtigen Schönheit vorstellt.
A Study of Losses ist kein klassisches Beirut-Album, aber genau das macht seinen Reiz aus. Es ist eine Sammlung von musikalischen Erinnerungen, Skizzen und Atmosphären – ein stilles Archiv des Verschwindens. Manchmal fast zu schön, manchmal etwas zu glatt, aber immer mit einem offenen Herzen komponiert.