Ausdrucken und unterschreiben adé: Was du über den digitalen Arbeitsvertrag wissen solltest

Der digitale Arbeitsvertrag ist da: Seit Beginn 2025 können Arbeitsverträge auch per E-Mail oder WhatsApp geschlossen werden. Was Arbeitgeber wissen müssen – und wo die Papierform noch notwendig ist. The post Ausdrucken und unterschreiben adé: Was du über den digitalen Arbeitsvertrag wissen solltest appeared first on impulse.

Feb 20, 2025 - 13:02
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Ausdrucken und unterschreiben adé: Was du über den digitalen Arbeitsvertrag wissen solltest
Arbeitsverträge konnten theoretisch schon früher digital oder sogar mündlich geschlossen werden – doch der deutsche Gesetzgeber hatte eine Hürde eingebaut, die eine Unterschrift auf Papier verlangte: Bis zum Jahreswechsel mussten Arbeitgeber Mitarbeitenden wesentliche Vertragsbedingungen wie Arbeitszeit, Gehalt und Urlaub ausgedruckt und unterschrieben nachweisen. Denn für diesen Nachweis galt die sogenannte Schriftform (§126 BGB). In der Praxis bedeutete das in der Regel, dass der Arbeitsvertrag diese Bedingungen auflistete und Unternehmen dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin das gesamte Dokument auf Papier zur Unterschrift vorlegten. Das Bürokratieentlastungsgesetz IV sorgt nun für weniger Papierkram und unkompliziertere Vertragsabschlüsse: Für den Nachweis der Vertragsbedingungen gilt seit dem 1.1.2025 die wesentlich einfachere Textform. Mit wenigen Ausnahmen gehören ausgedruckte und händisch unterschriebene Verträge damit der Vergangenheit an: Arbeitsverträge dürfen jetzt digital geschlossen werden. Hintergründe zur Gesetzesänderung Als die Regierung 2022 eine EU-Richtlinie umsetzte und Regelungen zu Arbeitsverträgen anpasste, schoss sie über das Ziel hinaus: Statt den Weg für digitalere Betriebe zu ebnen, schärfte sie das Nachweisgesetz nach. Paragraph 2 des Nachweisgesetzes sah vor, dass Arbeitgeber Mitarbeitenden die wesentlichen Vertragsbedingungen vorlegen mussten – und zwar explizit nicht in elektronischer Form, sondern in Papierform: ausgedruckt und händisch unterzeichnet. Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV hat der Gesetzgeber vergangenes Jahr nachgebessert. Textform statt Schriftform: das gilt bei digitalen Arbeitsverträgen Im Nachweisgesetz wurde nun überwiegend die Schriftform durch die Textform ersetzt. Das heißt: Statt Dokumente auszudrucken und zu unterschreiben, genügt eine schriftliche Erklärung etwa per E-Mail. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können nun die wesentlichen Vertragsbedingungen digital schicken. Dazu gehören etwa Angaben zu Arbeitszeit, Pausen, Probezeit, Gehalt und Urlaub. Die vollständige Auflistung steht in §2 NachwG Absatz 1, Satz 1-15. Voraussetzung für die Textform ist gemäß §126b BGB: der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin muss Zugriff auf das Dokument haben (was per Mail an seine oder ihre Adresse gegeben ist) er oder sie muss das Dokument speichern und ausdrucken können der Arbeitgeber verlangt einen Empfangsnachweis, etwa per Lesebestätigung oder Bitte um kurze Antwort Albrecht Lauf, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei der Kanzlei white ip|Patent & Legal in Dresden empfiehlt, eine kurze Bitte um Antwort in die E-Mail zu schreiben, da Lesebestätigungen häufig weggeklickt würden. Etwa so: „Bitte bestätigen Sie uns kurz den Empfang dieser E-Mail.“ Erfolgt auch auf eine erneute Bitte keine Antwort, rät der Rechtsanwalt: „Sicher ist sicher, lieber nochmal ausdrucken und per Brief versenden, damit man einen Zugangsnachweis hat.“ Dieses Vorgehen empfiehlt der Arbeitsrechtler generell, sobald die Textform verlangt wird – denn im Zweifelsfall, etwa bei einem Rechtsstreit, muss der Arbeitgeber nachweisen können, dass der Arbeitnehmer die Nachricht empfangen hat. Digitale Arbeitsverträge oder Vertragsänderungen per Mail oder WhatsApp Wer die Vertragsbedingungen im Arbeitsvertrag auflistet, kann den Vertrag nun auch über ein HR-System, per E-Mail (zum Beispiel mit angehängtem PDF-Dokument) oder theoretisch auch über Messengerdienste wie WhatsApp abschließen. Das gilt auch für Vertragsänderungen. „Gerade kleine Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern machen Vertragsänderungen wie Gehaltsanpassungen oder Arbeitszeitänderungen häufig über WhatsApp“, sagt Rechtsanwalt Lauf. Wichtig: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben das Recht, einen Nachweis ihrer wesentlichen Vertragsbedingungen in Schriftform zu fordern. Arbeitsvertrag digital unterschreiben: Ist das überhaupt notwendig? Sofern Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bestätigen, dass sie die wesentlichen Vertragsbedingungen empfangen haben und einverstanden sind, ist eine Unterschrift unter diese nicht notwendig – auch keine digitale. In der Praxis verschicken allerdings die wenigsten Arbeitgeber solch ein gesondertes Schreiben mit den Vertragsbedingungen. Meist stehen diese Lauf zufolge direkt im Arbeitsvertrag und Arbeitgeber lassen sie von Arbeitnehmern gegenzeichnen. Erforderlich ist diese Unterschrift aber nicht. Unternehmen steht es dennoch frei, Arbeitsverträge trotzdem auszudrucken, zu unterschreiben und eingescannt zu verschicken. Oder aber eine digitale Unterschrift etwa per DocuSign zu nutzen. Auch der alte Weg ist nach wie vor gültig: das Dokument unterschrieben per Post zu verschicken. Sind Kündigungen per Mail oder WhatsApp rechtens? Für eine Kündigung gilt weiterhin die Schriftform: Sie muss ausgedruckt und unterschrieben werden. Kündigungen per E-Mail oder Messenger sind nicht rechtswirksam. „Die Schriftform wird bei Kündigungen vorausgesetzt, damit es keine Schnellschüsse gibt“, sagt Arbeitsrechtler Lauf. So etwa wie in einem Fall, in dem ein Arbeitnehmer seine Kündigung schon ausgedruckt, unterschrieben und abfotografiert per WhatsApp geschickt hatte. „Nur um zwei Tage später zu sagen, dass er es sich anderes überlegt hat. Solche Schnellschüsse sollen verhindert werden, wenn man es ausdrucken, unterschreiben, zur Post bringen muss. Da hat man nochmal Zeit, es sich zu überlegen. Dementsprechend ist ein solcher Schnellschuss des Arbeitnehmers auch unwirksam und dieser nach wie vor bei seinem Arbeitgeber beschäftigt.“ Mehr zum Thema Kündigung des Arbeitsvertrags per Email Lieber Chef, ich kündige. Gesendet von meinem iPhone Befristeter Arbeitsvertrag Vertrag läuft aus? So vermeiden Sie Fehler in dieser heiklen Phase Welche Ausnahmen gibt es? Der ganz große Wurf ist das neue Gesetz auf dem Weg zu Bürokratieabbau und Digitalisierung noch nicht, meint Arbeitsrechtler Lauf. „Aber das ist ein Schritt in die richtige Richtung, der erste seit einigen Jahren. Und es ist tatsächlich eine Entlastung. Auch wenn man kritisieren kann, dass es nicht weit genug geht“. Denn es gibt weitere Ausnahmen: Befristete Arbeitsverträge Für befristete Arbeitsverträge gilt weiterhin die Schriftform. Allerdings dürfen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber diese Rechtsanwalt Lauf zufolge nun durch die elektronische Form ersetzen – das war zuvor in der Rechtsprechung umstritten. Das heißt: „Man kann Befristungen jetzt auch mit rechtlicher Sicherheit per elektronischer Form über eine qualifizierte elektronische Signatur (qeS) regeln, beispielsweise DocuSign bietet entsprechende Möglichkeiten für eine qeS an“, so Lauf. Fotos von Unterschriften genügen nicht. Ohne qualifizierte elektronische Signatur gilt nach wie vor: Arbeitgeber müssen händisch unterschreiben, dem Arbeitnehmer den Vertrag zustellen, etwa persönlich oder per Post, und ihn unterzeichnen lassen. Für sogenannte Rentenaustrittsklauseln gilt seit 1.1.2025 die Textform: Das betrifft Vertragsinhalte, in denen geregelt ist, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Firma verlassen, wenn sie das Rentenalter erreichen. Zu Schwarzarbeit geneigte Branchen Für Branchen, die unter §2a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz fallen, gelten weiterhin die alten Regelungen: Sie müssen die wesentlichen Arbeitsbedingungen in Schriftform aushändigen. Diese Branchen sind: das Baugewerbe das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, das Personenbeförderungsgewerbe, das Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, das Schaustellergewerbe, Unternehmen der Forstwirtschaft, das Gebäudereinigungsgewerbe, Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen, die Fleischwirtschaft, das Prostitutionsgewerbe, das Wach- und Sicherheitsgewerbe. Rechtsanwalt Lauf: „Damit soll bewirkt werden, dass man in den Branchen, die besonders von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung betroffen sind, nicht im Nachhinein etwas fingieren kann. Sondern einen Nachweis hat, dass ein Arbeitsverhältnis von Anfang an vorhanden war.“ Praktikanten Für Praktikanten, die Mindestlohn erhalten, gilt für den Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen weiterhin die Schriftform (§ 2 NachwG Absatz 1a). Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Erhält eine Praktikantin keinen Mindestlohn – etwa, weil sie ein dreimonatiges Pflichtpraktikum im Rahmen ihres Studiums absolviert (weitere Ausnahmen in §22 Abs. 1 MiLoG) – besteht Lauf zufolge auch keine Pflicht zum Nachweis der Vertragsbedingungen. Lauf: „Unterfallen die Praktikanten also nicht dem Mindestlohngesetz, dann unterfallen sie auch nicht Paragraph 2 Absatz 1a Nachweisgesetz und dann ist für den Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen keine Schriftform vorgesehen.“ Weitere wichtige Änderungen für Arbeitgeber Arbeitszeugnisse Sofern das Teammitglied damit einverstanden ist, dürfen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auch Arbeitszeugnisse elektronisch ausstellen. Aushangpflichtige Gesetze Bestimmte Gesetze wie etwa das Gleichbehandlungsgesetz oder das Arbeitszeitgesetz mussten bislang physisch im Unternehmen vorhanden sein. Seit dem 1.1.2025 entfällt diese Vorschrift: Aushangpflichtige Gesetze gibt es zwar nach wie vor, sie müssen Mitarbeitenden nun allerdings nur noch digital zur Verfügung gestellt werden. Arbeitnehmerüberlassungsverträge Auch für Arbeitnehmerüberlassungsverträge gilt jetzt die Textform. Vereinbarungen zur Leiharbeit können also per Mail geschlossen werden. Elternzeit und Elternteilzeit Auch für Elternzeit und Elternteilzeitanträge gilt die Textform – sowohl für den Antrag als auch die Antwort des Arbeitgebers. Achtung: „Die Textform gilt nur für Kinder, die ab dem 1.5.2025 geboren werden“, sagt Lauf. „Bei einer Geburt bis zum 30.4. muss man auf die Schriftform bestehen, auch wenn der Antrag nach dem 01.05.2025 gestellt wird.“ Dies ergibt sich laut Lauf aus dem neuen § 28 Abs. 1b Bundeselterngeld- und Elternteilzeitgesetz (BEEG), der neben den weiteren Änderungen zum 01.05.2025 in Kraft tritt. Pflegezeit und Familienpflegezeit Wer Pflegezeit für Angehörige beantragt, kann dies künftig digital tun. Gleiches gilt für die Antwort des Arbeitgebers.

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