Wenn es mal wieder länger dauert : Schon wieder erkältet? Das solltest du tun!
Eigentlich sollten wir eine Erkältung ziemlich schnell überstanden haben, doch immer häufiger werden Husten oder Schnupfen zum Dauerthema.

Eigentlich sollten wir eine Erkältung ziemlich schnell überstanden haben, doch immer häufiger werden Husten oder Schnupfen zum Dauerthema.
Wann sollte ich mit einem Infekt normalerweise durch sein?
Kommt drei Tage, bleibt drei Tage, geht drei Tage: An dieser Faustregel für Erkältungen ist tatsächlich etwas dran. "Sogenannte IgM-Antikörper, das sind die schnellen Antikörper, brauchen drei bis zehn Tage, bis sie gebildet werden und Erreger abfangen", sagt Dr. Bernhard Junge-Hülsing, HNO-Mediziner aus Starnberg und Landesvorsitzender des HNO-Berufsverbandes in Bayern. "Ein gesundes Immunsystem sollte also mit allen ihm bekannten Infekten innerhalb von zehn Tagen durch sein."
Ich huste schon über eine Woche. Muss ich zur Ärztin gehen?
Nicht zwangsläufig. Denn Husten ist ein Symptom, das oft länger bleibt. Nach einer aktuellen kanadischen Studie leiden elf bis 25 Prozent der Erkälteten sogar drei bis acht Wochen an sogenanntem postinfektiösem Husten, weil die Entzündungskaskade, die der Infekt auslöst, dazu führt, dass noch eine ganze Weile mehr Schleim produziert wird und die Bronchien empfindlicher reagieren. Trotzdem klingt der Husten meist von selbst ab. "In der Regel selbstlimitierend" nennt es die Leitlinie.
Erst wenn die Beschwerden länger als acht Wochen anhalten (ab dieser Dauer spricht auch die Medizin nicht mehr von akutem Husten), sollte unbedingt genauer untersucht und behandelt werden. Und natürlich immer dann, wenn weitere Symptome wie Fieber und schweres Krankheitsgefühl, Atemnot, Schluckbeschwerden oder blutiger Auswurf dazukommen, oder individuelle Risiken wie vorangegangene Lungenentzündungen bestehen.
Ich habe das Gefühl, dass mein Körper so was früher schneller bewältigt hat. Kann das sein?
"Es ist nicht nur mein Eindruck, sondern der aller Mediziner – ob Haus-, HNO- oder Kinderärzte –, die damit zu tun haben: Infekte sind häufiger geworden und dauern länger", sagt Dr. Bernhard Junge-Hülsing und berichtet von Komplikationen wie Streptokokken-Infektionen, die man in Kliniken schon seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hatte. "Die Menschen sind wirklich anfälliger geworden." Der Grund dafür sind immer noch Nachholeffekte aus den Pandemie-Jahren, in denen wir durch Masken und Kontaktbeschränkungen deutlich weniger Kontakt zu Erregern hatten. "Unserem Immunsystem fehlt es deswegen an Schulung", so der Mediziner. "Außerdem hat Corona selbst unsere Atemwege, also etwa die Nasenschleimhäute, anfälliger gemacht." Es ist jedoch davon auszugehen, dass wir wieder abwehrbereiter werden: "Das Immunsystem lernt permanent und so, wie es schlechter werden kann, kann es auch wieder besser werden."
Und wenn mein Dauerschnupfen überhaupt keine Erkältung ist?
Das ist tatsächlich gar nicht so selten der Fall: "Viele Menschen mit einer Allergie wissen nichts von ihrer Erkrankung", so HNO-Arzt Junge-Hülsing. Er beobachtet auch hier einen Effekt der Pandemie: "Ich habe zum Beispiel Patienten, deren Allergietest zwar irgendwann mal positiv war, die aber nie große Beschwerden hatten und nun plötzlich wochenlang unter heftigen Symptomen leiden." 20 bis 40 Prozent der erwachsenen Bevölkerung haben mittlerweile mindestens eine Allergie, auch im Alter können erstmals Beschwerden auftreten oder sich in die unteren Atemwege ausbreiten, also zu Asthma werden. Junge-Hülsing rät darum Menschen mit Dauerschnupfen oder -husten zu einem Allergietest beziehungsweise zu einem aktuellen, wenn der letzte aus der Zeit vor der Pandemie stammt.
Während der Wintermonate macht der klassische Heuschnupfen im Allgemeinen weniger Probleme, doch Pollen von Erle und Hasel können, je nach Witterung, schon im Januar fliegen. Und eine Hausstauballergie hat eh immer Saison. Zwar fühlen sich Milben am wohlsten bei Wärme und hoher Luftfeuchtigkeit, vermehren sich vor allem von Mai bis Oktober und sterben danach in Massen. Ihr Kot – und in dem befinden sich die Allergene – ist aber noch da und wird in der trockenen Heizungsluft oft besonders gut verteilt. Viele Betroffene leiden deswegen besonders im Winter, wenn man sich noch dazu viel in geschlossenen Räumen aufhält.
Bei mir setzt sich jeder Infekt in den Nebenhöhlen fest. Was hilft?
Der Sache zusammen mit Ärztin oder Arzt auf den Grund gehen. "Allergien zum Beispiel verursachen eine chronische Schwellung der Schleimhaut, sodass der Ventilationsmechanismus der Nebenhöhlen nicht mehr richtig funktioniert", sagt der HNO-Experte. Diese werden deshalb schneller zur Brutstätte für Erreger – zur viralen Erkältung kann eine sogenannte Superinfektion mit Bakterien kommen. Auch eine schiefe Nasenscheidewand erhöht unter Umständen die Infektanfälligkeit und das Risiko für Komplikationen, ebenso wie Nasenpolypen, also Wucherungen der Schleimhaut. Letztere können durch Kortison-Spray oder moderne Biologicals behandelt werden oder – wie die Korrektur der Nasenscheidewand – operativ.
Aber auch das Naseputzen erhöht das Risiko dafür, dass sich eine Erkältung in den Nebenhöhlen festsetzt. Physiologisch sei es, das Sekret hochzuziehen, damit es in den Rachen und bis in den Magen fließt, um dort verdaut zu werden, erklärt Dr. Junge-Hülsing: "Wenn man sich die Nase putzt, sollte man es nur vorsichtig tun – durch festes Pressen oder Schnauben drückt man den Schleim in Mittelohr und Nebenhöhlen."
Medikamente sollen Symptome lindern. Gibt’s da auch ein Zuviel?
Ja! Besonders mit abschwellendem Nasenspray. Wirkstoffe wie Xylometazolin, Oxymetazolin oder Phenylephrin, die die Blutgefäße in der Schleimhaut verengen und diese so zum Abschwellen bringen, sind eine große Erleichterung, vor allem nachts, weil sie uns schnell und für mehrere Stunden freier atmen lassen. Außerdem sorgen sie für eine bessere Belüftung der Nebenhöhlen. Allerdings gewöhnt sich die Nasenschleimhaut bei längerer Anwendung an den Effekt – und schwillt umso heftiger an, wenn ihr der Wirkstoff vorenthalten wird, sodass man schnell wieder zum Spray greift.Um das zu vermeiden, sollten die Präparate nicht häufiger als dreimal täglich und nicht länger als sieben Tage verwendet werden. Alternativen ohne Gewöhnungseffekt sind Sprays mit hypertoner Salzlösung, deren Wirkung allerdings deutlich kürzer anhält.
Auch Husten, der sich als Reizhusten festsetzt, könne von einem Zuviel an Medikamenten rühren, so Dr. Junge-Hülsing: "Oft steckt dann Magensäure dahinter, die vermehrt produziert wird, wenn Schleimlöser wie ACC genommen werden oder gegen die Erkältung ständig etwas gelutscht wird." Viele Mittel seien für eine begrenzte Zeit sinnvoll, aber nicht als Dauertherapie oder vorbeugend.
Eine weitere Medikamentenklasse, mit der man es bei Erkältungen übertreiben kann, sind Antibiotika. Obwohl sie gegen Viren – und genau die sind für die allermeisten Erkältungen verantwortlich – nichts bringen und Nebenwirkungen haben, erhielten laut Techniker Krankenkasse 2023 etwa 15 Prozent derjenigen, die sich wegen einer Erkältung krankschreiben ließen, ein Antibiotika-Rezept. Es wurden sogar mehr der Mittel verordnet als im Jahr zuvor. Warum das kritisch zu sehen ist, erläutert HNO-Arzt Junge-Hülsing: "Sie töten auch Bakterien, die uns gesund halten, und deregulieren die Schleimhautflora, die Teil unseres Immunsystems ist." Und das kann wiederum anfälliger für Infekte machen.
Seit ich älter werde, läuft meine Nase oft auch ohne Infekt oder Allergie. Was steckt dahinter?
Auch unsere Nasenschleimhaut kommt in die Jahre. Die Nase beginnt deshalb bei manchen Menschen mit zunehmendem Alter schneller und heftiger zu laufen, etwa bei Temperaturveränderungen oder wenn man etwas Warmes isst, scheinbar aber oft auch ohne konkreten Anlass. Dieser Altersschnupfen beginnt meist zwischen 50 und 70, schätzungsweise jede/jeder Vierte ist davon betroffen.
"Das Einzige, was dann hilft, ist, die Nase zu befeuchten", sagt Bernhard Junge-Hülsing. Denn wenn die ständig tropft, deutet das darauf hin, dass die Schleimhäute zu trocken sind. "Ich würde empfehlen, die Nase tagsüber mit Hyaluronspray zu befeuchten und morgens und abends mit isotoner Kochsalzlösung zu spülen, zum Beispiel mit einer Nasendusche." Übrigens gibt es eine Reihe von Medikamenten, die ebenfalls auf die Nasenschleimhaut wirken, sie austrocknen oder schädigen können – so stecken manchmal Mittel wie Acetylsalicylsäure (ASS) oder Blutdrucksenker hinter einer verstopften beziehungsweise dauerlaufenden Nase oder verstärken diesen Effekt.