Verhalten: Selbst auf den Galápagos-Inseln macht Verkehrslärm Vögel aggressiv
Goldwaldsänger auf den Galápagos-Inseln reagieren ähnlich wie Vögel in Städten: Sie singen bei Verkehrskrach höher. Und manche von ihnen werden aggressiv

Goldwaldsänger auf den Galápagos-Inseln reagieren ähnlich wie Vögel in Städten: Sie singen bei Verkehrskrach höher. Und manche von ihnen werden aggressiv
Die Galápagos-Inseln liegen etwa 1000 Kilometer westlich der Küste Ecuadors im Pazifik. Eigentlich sollten sie eine Oase der Ruhe sein. Sind sie aber nicht. Mittlerweile gibt es – nicht zuletzt wegen der zahlreichen Touristen, die jedes Jahr den Archipel besuchen –, zahlreiche Ortschaften und ein ausgedehntes Straßen- und Wegenetz, das sie verbindet. Auch die ständige Bevölkerung wächst jedes Jahr um etwa sechs Prozent.
Wie reagieren Vögel darauf? Diese Frage stellte sich ein Forschungsteam von der britischen Anglia-Ruskin-Universität und dem Konrad Lorenz Research Centre an der Universität Wien. Wie die Forschenden im Fachjournal "Animal Behaviour" berichten, singen Männchen des Goldwaldsängers (Setophaga petechia aureola) vor allem, um ihr Revier zu markieren.
Um den Effekt von Verkehrslärm auf ihren Gesang zu untersuchen, beschallte das Team Vögel mit dem Gesang von männlichen Artgenossen – und mit Verkehrslärm. Dafür wählten sie 38 Stellen auf den Inseln Floreana und Santa Cruz aus – mit unterschiedlicher Entfernung zu Straßen. 20 Stellen befanden sich in einer Entfernung von 50 Metern zur nächsten Straße, 18 Messstellen in einer Distanz von 100 Metern.
Das Ergebnis der Doppelbeschallung: Diejenigen Vögel, die in der Nähe von Straßen leben, zeigten ein deutlich aggressiveres Verhalten, indem sie zum Beispiel auf den vermeintlichen Eindringling zuflogen. Demgegenüber war bei "verkehrsfernen" Vögeln nicht derselbe Anstieg aggressiven Verhaltens zu beobachten. Diese Korrelation war sogar auf der Insel Floreana nachweisbar – auf der es insgesamt nur zehn Autos gibt.
Wenn Gesang allein nicht mehr hilft
"Vögel setzen ihren Gesang bei der Revierverteidigung als aggressives Signal ein", sagt der Verhaltensökologe und Co-Autor der Studie, Dr. Caglar Akcay. "Wenn jedoch externe Geräusche wie der Verkehr die Signalgebung stören und diesen Kommunikationskanal blockieren, ist eine verstärkte physische Aggression eine angemessene Reaktion." Auf der vergleichsweise dicht besiedelten Insel Santa Cruz sangen die Vögel zudem länger, wenn sie mit Verkehrslärm beschallt wurden. Die Forschenden deuten dieses Verhalten als das Ergebnis von "langfristiger Selektion auf der Grundlage von Lärmerfahrungen".
Allen belauschten Sängern gemeinsam war, dass sie die Frequenz ihres Gesangs bei Verkehrslärm erhöhten – um jegliche akustische Überschneidung mit tief frequentem Motorenkrach zu vermeiden. Eine Anpassung, die Forschende auch schon bei Singvögeln in europäischen Städten nachweisen konnten.
Die Studie zeige die "erheblichen Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf das Verhalten von Wildtieren" – selbst an so abgelegenen Orten wie den Galápagos-Inseln, sagt Caglar Akcay.
Die Fauna und Flora der Inselgruppe gehört zum Weltnaturerbe der UNESCO. Etwa 97 Prozent der Inselfläche und 99 Prozent der umgebenden Gewässer stehen unter strengem Naturschutz. Berühmtheit erlangten die Inseln durch den "Erfinder" der Evolutionstheorie, Charles Darwin, der nach einem Besuch im Jahr 1835 erstmals die Entstehung der Arten durch natürliche Selektion beschrieb. Zu einer Zeit also, als es auf den Inseln weder Motorenlärm noch Abrollgeräusche gab.