Urteile Februar: Polizist tritt Häftling – jetzt selbst verurteilt
Es gibt nicht nur immer mehr Prozesse gegen Demokratiefeinde – es gibt auch immer mehr Urteile. Die Abgrenzung, wer „Querdenker“, Rechtsextremist, Antisemit, AfD-Politiker, Reichsbürger oder alles gleichzeitig ist, fällt immer schwerer. Am Ende wählen die meisten ohnehin die rechtsextreme AfD oder stehen ihr ideologisch zumindest nahe. Die Übergänge verfließen immer weiter. Zugleich haben viele der […] The post Urteile Februar: Polizist tritt Häftling – jetzt selbst verurteilt appeared first on Volksverpetzer.

Es gibt nicht nur immer mehr Prozesse gegen Demokratiefeinde – es gibt auch immer mehr Urteile. Die Abgrenzung, wer „Querdenker“, Rechtsextremist, Antisemit, AfD-Politiker, Reichsbürger oder alles gleichzeitig ist, fällt immer schwerer. Am Ende wählen die meisten ohnehin die rechtsextreme AfD oder stehen ihr ideologisch zumindest nahe. Die Übergänge verfließen immer weiter. Zugleich haben viele der Verurteilten auch deutliche Schnittmengen mit anderen demokratiegefährdenden Gruppen, sodass wir uns entschlossen haben, die „Querdenker“-Urteile umzubenennen.
Seit 2024 schaffen wir die Urteile-Sammlungen leider nur noch monatlich. Letzten Monat berichteten wir unter anderem darüber, dass die AfD Sachsen nun unanfechtbar gesichert rechtsextrem ist. Im Februar gab es vor allem Urteile für Rechtsextremisten, TikTok, einen Polizisten sowie eine einstweilige Verfügung für die Leipziger CDU.
Wegen Häftlingsmisshandlung: Polizist bekommt Haftstrafe auf Bewährung
Weil der zuständige Richter des Amtsgerichts Hamburg-Harburg es als erwiesen ansieht, dass ein Polizist einen Häftling misshandelte, erfolgte Anfang Februar folgende Strafe: Er wird wegen Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung im Amt zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Vorausgegangen war der Mut eines jungen Polizisten, der seinen Kollegen anzeigte. Eigentlich ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass Polizist:innen nicht gegen Kolleg:innen aussagen. Doch zum Glück sah der junge Polizist nicht weg und meldete den Vorfall beim Dienststellenleiter. Dies würdigte sogar der zuständige Richter: „Ich will es wiederholen: Die Ehre der Polizei wurde hochgehalten von einem Beamten, der sich getraut hat, Anzeige gegen einen Vorgesetzten zu erstatten.“
Die Taz berichtete über die Gerichtsverhandlung: “Laut Anklage hat der Polizeibeamte Christian W. im Mai 2024 den Kopf des vorläufig festgenommenen Imants Z. absichtlich gegen einen Türrahmen gestoßen. Danach habe W. dem auf dem Boden liegenden und gefesselten Mann zweimal mit dem Fuß gegen die Stirn getreten.” W. bestritt die Anklagepunkte und sprach von einer “Diensthandlung”.
Haftstrafe für Neonazi, der Umsturz plante
Ein rechtsextremer 20-Jähriger wurde vom Landgericht Limburg zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Anklagepunkte: Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, mehrere Verstöße gegen das Waffengesetz und Verbreitung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Das Gericht sah alle Anklagepunkte als erwiesen an.
“Die Wohnung des jungen Mannes war im November 2023 durchsucht worden, Ermittler konnten damals Waffen, Waffenteile, Briefe und Chats sicherstellen. Mit einem 3D-Drucker hatte sich der Angeklagte bereits Teile einer Maschinenpistole gedruckt”, wie Endstation-Rechts berichtet. Der junge Rechtsextremist radikalisierte sich während der Corona-Zeit, er war ein überzeugter Impfgegner. Den dann folgenden Einstieg in die rechtsextreme Szene legte Report Mainz offen – den Bericht anzusehen, lohnt sich.
Das Gericht schreibt in einer Pressemitteilung: “Er plante den Umsturz der demokratischen Grundordnung in der Bundesrepublik Deutschland, auch unter Einsatz von tödlicher Gewalt etwa gegen Polizeibeamte als Teil der vermeintlichen aktuellen staatlichen Willkürherrschaft und traf hierzu Vorbereitungen. Ziel war die Errichtung einer Gesellschaft auf nationalsozialistischem Fundament.” Der Rechtsextremist nutzte Telegram, um seine NS-Propaganda zu verbreiten.
Ein bemerkenswertes Detail der Beschreibung des Verurteilten durch seinen Verteidiger: “Waffen habe er sich aus Angst vor Migranten zugelegt. Durch den Kontakt mit Ausländern im Gefängnis sehe er diese Ängste inzwischen als unbegründet an” (Tagesschau).
Nur Geldstrafen für jugendliche Schläger, darunter mindestens ein Rechtsextremist
Eine Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener verprügelte im Januar 2023 zwei Männer auf dem Görlitzer Marktplatz, bereits alkoholisiert. Wegen Körperverletzung und schwerer Körperverletzung wurden sie vom Amtsgericht Görlitz nun zu verschiedenen Strafen verurteilt.
Warum es überhaupt zur Schlägerei kam, blieb ungeklärt. Fest steht, dass einige der jugendlichen Gruppe auf dem Marktplatz die Männer schlugen und traten, dann zunächst von ihnen abließen, einen weiteren Mann dazuholten und die beiden Männer dann woanders erneut attackierten. “Einer der beiden angegriffenen Männer erlitt dabei unter anderem einen Unterschenkelkopfbruch, der andere war nach Eintreffen der Polizei bewusstlos geworden. Er hatte Rippenprellungen erlitten, Unterleibsverletzungen und einen gelockerten Zahn. Bleibende Schäden gab es wohl nicht”, wie die Sächsische Zeitung schreibt.
Für die meisten Beschuldigten wurde das Jugendstrafrecht angewendet, und auch wegen der unübersichtlichen Lage, wer wie viel in die Schlägerei involviert war, erhielten die Schläger milde Strafen. Ein Angeklagter muss 300 Euro Geldstrafe an einen Jugendhilfeverein zahlen, ein weiterer 400 Euro. Der Mann, der dazugeholt wurde und sich noch in Bewährungszeit wegen einer anderen Straftat befand, erhält 800 Geldstrafe plus sechs Monate Haft auf Bewährung.
Die Neonazi-Gruppe “Elblandrevolte”
Die anderen beiden Männer müssen lediglich gemeinnützige Arbeit leisten. Einer der beiden ist Finley P.. Er soll führendes Mitglied der „Elblandrevolte“ sein, der Dresdner Ableger der rechtsextremen Jungen Nationalisten (NPD-Jugendorganisation). Er sitzt in U-Haft, da er zu den Verdächtigen zählt, kurz vor Weihnachten eine Personengruppe attackiert zu haben, darunter eine Linken-Kommunalpolitikerin.
Und erinnert ihr euch noch an die Attacke auf einen Grünen-Wahlkampfhelfer sowie SPD-Politiker Matthias Ecke im Mai 2024? Recherchen hatten bereits kurz nach den Taten ergeben, dass zwei der mutmaßlichen Täter Verbindungen in die rechtsextreme Szene hatten. Es ging um Kontakte zu genau dieser Elblandrevolte. In dem Fall wurde erst Ende Januar Anklage seitens der Staatsanwaltschaft erhoben.
Die Schlägerei vor zwei Jahren schien keinen politischen Hintergrund zu haben. Alle fünf Angeklagten sind mindestens polizeibekannt, teils vorbestraft. Die Verurteilten und ihre Verteidiger wollen keine Rechtsmittel einlegen, die Staatsanwaltschaft ließ dies offen. Somit sind die Urteile noch nicht rechtskräftig.
Chan-jo Jun siegt vor Gericht gegen TikTok
Der Anwalt Chan-jo Jun erzielt vor Gericht einen Erfolg gegen die Social Media Plattform TikTok. Da auf der Plattform ein Fake-Account mit einem sehr ähnlichen handle wie dem seinen kursierte, meldete er dies. Dieser Fake-Account hatte darüber hinaus auch Juns Inhalte kopiert. Nach erfolgter Prüfung stellte TikTok keinen Verstoß fest.
Auch nach mehrfacher Einspruchseinlegung wurde der Fake-Account von TikTok nicht gelöscht. Erst als Jun per E-Mail einen Schriftsatz an TikTok schickte, wurde der Account gelöscht. Die Kritik Juns: TikTok müsste auch über das Portal gemeldete Fake-Accounts löschen. Es könne nicht sein, dass man Jurist:in sein muss, um zu wissen, dass TikToks Vorgehen (bzw. Nichthandeln) rechtswidrig ist.
Hintergründe des Falls und wie sich TikTok aus der Verantwortung zieht, erfährst du in diesem Video:
Das Landgericht München I entschied per einstweiliger Verfügung, dass TikTok möglicherweise 250.000 Euro Ordnungsgeld zahlen muss, sollte auch zukünftig ein Fake-Account mit Juns Namen auftauchen – unabhängig davon, ob ein solcher Account gemeldet wurde oder nicht.
Gemeinsam mit Chan-jo Jun verklagen wir vom Volksverpetzer übrigens gerade Twitter. Denn auch Twitter kommt seiner Pflicht, rechtswidrige und gemeldete Inhalte zu prüfen und ggf. von der Plattform zu entfernen, nicht ausreichend nach:
Habeck – “Plagiatsjäger” wegen übler Nachrede verurteilt
Erinnerst du dich noch an die versuchte Schmutzkampagne gegen Robert Habeck im Wahlkampf? Der selbst ernannte “Plagiatsjäger” Stefan Weber – medial unterstützt zum Beispiel von NIUS und Ex-BILD-Chef Julian Reichelt – konnte aber keinen Erfolg mit seinen offenbar falschen Anschuldigungen feiern. Habeck und sein Team hatten aus vergangenen Angriffen gelernt und kamen der geplanten Veröffentlichung mit einem eigenen Video zuvor. Die Uni Hamburg stellte prompt klar: Kein wissenschaftliches Fehlverhalten in Habecks Dissertation. Auch wir berichteten:
Was dagegen nicht viel diskutiert wurde: Stefan Webers Methode der offenbar gezielten Diffamierung hat anscheinend System. Erst im Februar wurde er in zweiter Instanz wegen übler Nachrede rechtskräftig verurteilt, nachdem er einen österreichischen Universitätsrektor mit falschen Vorwürfen diffamiert hatte. Das Oberlandesgericht Linz bestätigte damit die Entscheidung des Landesgerichts Salzburg. Weber muss eine Entschädigung in Höhe von 4.000 Euro zahlen. Außerdem muss Weber das Urteil veröffentlichen und die Kosten des Verfahrens tragen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Mutmaßlicher Bombenbauer jetzt freier Mann
Ein mutmaßlicher Bombenbauer aus Halle wurde vom Landgericht Halle zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt. Da ihm die Zeit in U-Haft angerechnet wird, konnte er nach dem Urteilsspruch nach Hause gehen. Ihm konnte nicht nachgewiesen werden, eine schwere Gewalttat vorbereitet zu haben. Verurteilt wurde er wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten und die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie Verstoß gegen das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz. Dass er eine Bombe gebaut habe, die Menschen töten sollte, konnte ihm nicht nachgewiesen werden.
Der MDR schreibt: “In seiner Wohnung seien „sehr starke, rechtsradikale, rassistische Inhalte“ gefunden worden, sagte der Richter. Die Kammer sei demnach „sehr entsetzt“ von dem menschenverachtenden Inhalt gewesen. Jedoch sei der gefundene Sprengsatz in der Wohnung des Mannes keine Kofferbombe gewesen. Es sei ein Koffer mit einem Böller gewesen, jedoch von vornherein nicht geeignet einen Menschen zu töten, so der Richter.”
Der Mann war wegen diverser Taten vorbestraft, vor allem wegen Vermögens- und Gewaltdelikten.
Leipziger CDU unterliegt im Rechtsstreit mit Campact
Der CDU Leipzig wurde per einstweiliger Verfügung vom Landgericht Leipzig untersagt zu behaupten, dass der Verein “Campact” Demonstrationen gegen die CDU unter anderem mit staatlichen Hilfen finanzieren würde. Campact finanziert sich nach eigener Aussage ausschließlich über Spenden.