Die OKR-Methode einfach erklärt
OKR ist ein Akronym. Das O steht für „Objectives“, auf Deutsch Ziele. KR steht für „Key Results“, auf Deutsch Kern- oder Schlüsselergebnisse. Die zentrale Idee ist: Unternehmen oder einzelne Teams setzen sich für einen Zeitraum von beispielsweise drei Monaten bestimmte Ziele (Objectives) und können am Ende anhand vorher festgelegter Kriterien (Key Results) genau messen, wie gut sie diese erreicht haben.
Das klingt zunächst einfach, wenn nicht gar unspektakulär. Doch OKR ist mehr als eine Methode zur gemeinsamen Zielsetzung. „Der Zweck von OKR ist es, Unternehmens-, Team- und persönliche Ziele mit messbaren Ergebnissen zu verknüpfen, während alle in eine einheitliche Richtung arbeiten“, sagt Stefan Strecker, Unternehmensberater und OKR-Master aus München. Deshalb wird OKR insbesondere als ein agiles Führungsinstrument verstanden.
Der Experte
Stefan Strecker aus München arbeitet als Businesscoach und hilft Unternehmen dabei, die OKR-Methode einzuführen.
Woher kommt die OKR-Methode?
Erfunden wurde die OKR-Methode Mitte der 1970er Jahre von Andy Grove, Mitbegründer des amerikanischen Mikroprozessorherstellers Intel. Bekannt wurde das Führen mit „Objectives and Key Results“ aber erst durch Google.
Ein Investor brachte OKR 1999 zu Google. Damals war das Unternehmen etwa ein Jahr alt und mit rund 40 Mitarbeitenden noch recht klein. Mithilfe der Methode wurde unter anderem das Mailprogramm Gmail entwickelt.
Rick Klau, Partner bei Google Ventures, erklärt in einem Video, wie Google OKR nutzt:
Der Streamingdienst Netflix und die Social-Media-Plattform Pinterest schwören ebenfalls auf die Methode. Doch OKR eignet sich nicht nur für Milliarden-Konzerne – die Methode hilft auch kleinen und mittelständischen Unternehmen, die wachsen und besser werden wollen.
Die Methode ist für alle Betriebe interessant, die kurz- und mittelfristige Ziele erreichen wollen. Die Branche und Größe des Unternehmens sind dabei zweitrangig. OKR eignet sich für jeden Betrieb. „Wenn es richtig angewandt wird, dann ist es beeindruckend wirkungsvoll“, sagt Stefan Strecker.
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Voraussetzung für OKR
Die Anwendung von OKR ist kein Selbstzweck. Sie dient vielmehr dazu, übergeordnete Ziele zu erreichen. „OKR ist ein Hilfsmittel, um eine Vision zu erreichen“, erklärt Stefan Strecker. Wie beides zusammenhängt, zeigt folgende Grafik:
© Stefan Strecker, nachgebaut von impulse
Ganz oben steht die Unternehmensvision. Sie zeichnet ein Bild der Zukunft: Wo wollen wir hin? Wofür stehen wir?
Die Mission beschreibt, was das Unternehmen im Kern tut: Warum gibt es uns? Wie machen wir es?
Zusammen bilden sie die Leitplanken des Unternehmens, aus denen sich die Strategie ableitet. Diese wiederum beschreibt den Weg, wie das Unternehmen Vision und Mission erreichen will.
Wer also OKR einführen will, braucht erstens ein klares Unternehmensleitbild und zweitens eine Strategie. Erst daraus lassen sich Ziele (also Objectives), messbare Ergebnisse (Key Results) sowie die dazugehörigen Aufgaben ableiten. „Wer keine Idee davon hat, wo das Unternehmen hinsoll, wird es schwer haben, OKRs zu formulieren“, erklärt der Experte Stefan Strecker.
„Entscheidend ist in jedem Fall, dass es im Unternehmen jemanden gibt, idealerweise in der Führungsebene, die oder der OKR gewissermaßen zur Chefsache macht und die Umsetzung leidenschaftlich begleitet“, sagt Strecker
Mehr dazu: Unternehmensleitbild erstellen: So haben Sie immer ein klares Ziel vor Augen
Ein passendes OKR-Set formulieren
Während die Strategie oft von den Chefs und Chefinnen vorgegeben wird, ist die Idee hinter OKR, dass das Team selbst seine Ziele definiert: Mitarbeiter und Mitarbeiterin fragen sich, wie sie am besten zum Unternehmenserfolg und zu den übergeordneten Zielen der Firma beitragen können und wie sie ihren Erfolg messen können.
Das Ziel ist, ein sogenanntes OKR-Set zu formulieren. Ein OKR-Set besteht aus einem Objective mit drei bis vier Key Results. Ein OKR-Set sollte immer fest terminiert und für einen überschaubaren Zeitraum von drei bis vier Monaten festgelegt sein.
Als Erstes werden die Objectives formuliert, indem sich das Team fragt: Was wollen wir erreichen? Idealerweise enthält die Formulierung keine Zahl, sondern sollte qualitativ sein und zur Firmenstrategie passen.
Laut Stefan Strecker ist ein gutes Objective:
herausfordernd,
ambitioniert
und anspruchsvoll.
Beispiel für ein gutes Objective: Wir wollen als nachhaltiges Unternehmen wahrgenommen werden.
Für jedes Objective werden dann die Key Results festgelegt, pro Objective etwa drei oder vier. Sie beschreiben, wie die einzelnen Ziele erreicht werden sollen. Anders als Objectives sind sie messbar. Das Team fragt sich: „Woran erkennen wir, dass das Ziel erreicht wurde?“
Gute Key Results beschreiben genau, was man messen will und wo der Wert landen soll.
Zum Beispiel: Wir haben die Verkaufsabschlüsse von x Prozent auf y Prozent gesteigert.
Um gute OKRs zu formulieren, kann man sich auch diesen Satz sagen: „Wir wollen (Objective), gemessen anhand (Key Results)“.
Beispiel: Wir wollen einen Ort schaffen, an dem produktiv im Team gearbeitet werden kann, gemessen anhand der Zahl der Kolleginnen und Kollegen, die ins Büro kommen.
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4 Beispiele für OKR-Sets
OKR-Methode Beispiel 1
Ein Automobilzulieferer will Innovationsführer für nachhaltige Komponentenfertigung und als Förderer einer grünen Automobilindustrie anerkannt werden.
Objective: Wir fördern unsere Innovationskraft durch gezielte Projekte.
Key Results: Wir steigern das Budget für Forschung und Entwicklung um 10 Prozent bis zum Ende des Quartals. Wir beginnen mit der Entwicklung eines neuen nachhaltigen Materials, mit der Absicht, bis Quartalsende einen Prototypen zu erstellen.
OKR-Methode Beispiel 2
Ein Restaurant möchte seinen Umsatz durch ein verbessertes Gästeerlebnis steigern.
Objective: Wir schaffen ein außergewöhnliches kulinarisches Erlebnis, das Gäste begeistert und sie dazu bringt, uns weiterzuempfehlen.
Key Results: Die durchschnittliche Verweildauer der Gäste steigt von 60 auf 90 Minuten. Die Wiederbesuchsrate innerhalb von drei Monaten erhöht sich von 25 % auf 50 %. Die Anzahl der positiven Google-Bewertungen mit 5 Sternen steigt von 100 auf 300.
OKR-Methode Beispiel 3
Ein Sportartikelhersteller will nachhaltiger produzieren.
Objective: Wir machen unsere Sportbekleidung zu 100 % nachhaltig – ohne Kompromisse bei der Performance.
Key Results: 60 % unserer neuen Kollektion besteht aus recycelten Materialien. Die CO₂-Emissionen unserer Produktion sinken um 20 %. Mindestens 70 % unserer Zulieferer erfüllen strenge Umweltstandards.
OKR-Methode Beispiel 4
Ein Anbieter von Elektro-Scooter will neue Mobilitätslösungen in Großstädten anbieten.
Objective: Ab dem nächsten Quartal können unsere Kunden an allen U-Bahn-Stationen jederzeit einen Roller nutzen.
Key Results: Wir erhöhen die Zahl der einsatzbereiten Roller auf durchschnittlich 1200 pro Tag. Wir verringern die Wartungszeiten je Roller von 90 auf 35 Minuten. Wir steigern die Reichweite der Roller um sieben Kilometer pro Akkuladung.
Ergebnis analysieren
Anders als bei herkömmlichen Zielvereinbarungen stehen bei der OKR-Methode nicht die erledigten Aufgaben im Vordergrund, sondern das Ergebnis, das die Mitarbeitenden durch ihr Handeln erreicht haben.
Am Ende des Zeitraums sollte sich das Team deshalb genau anschauen: Was haben wir erreicht? „Es ist nicht schlimm, wenn man die Ziele nicht zu 100 Prozent erreicht hat“, sagt Stefan Strecker. Diese sind ja ohnehin sehr hochgesteckt. Wichtiger sei es daher, das Erreichte zu analysieren. Wenn zum Beispiel nur 30 statt 60 Prozent mehr Kunden gewonnen wurden, kann das das Unternehmen trotzdem enorm vorangebracht haben.
Dennoch sollte sich das Team immer fragen: Warum haben wir was nicht erreicht? Was müssen wir verbessern? So können die verfehlten Ziele zu neuen Lösungsansätzen führen. „Im Idealfall entsteht ein Kreislauf aus OKR setzen, scheitern, lernen, verbessern, neue OKR setzen“, erklärt Stefan Strecker.
Denkbar ist auch, dass das Objective weiterhin verfolgt wird, während nur die Kernergebnisse angepasst oder verändert werden, um das Ziel zu erreichen. So kann ein Zyklus entstehen, der spiralförmig immer weiter nach oben führt.
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Positive Effekte für die Teamzusammenarbeit
OKR kann sich positive auf die Zusammenarbeit im Team auswirken und damit Vorteile fürs Unternehmen bringen:
Die OKR-Methode hilft, sich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren. Führungskräfte verpflichten sich, sich für bestimmte Ziele pro Quartal zu entscheiden und die Ressourcen effektiv einzusetzen.
Unternehmen können schneller erkennen, was funktioniert und was nicht. Die Erfolge sind klar messbar – die Gefahr, in die falsche Richtung zu laufen, ist damit deutlich geringer als bei anderen Methoden, wie zum Beispiel dem Führen mit Zielvereinbarungen.
Die Teammitglieder sind motivierter und zufriedener. Denn sie kennen die Ziele ihrer Arbeit. Und sie wissen, was die Führungskraft von ihnen erwartet.
OKR hilft Stress abzubauen. Die Mitarbeitenden wissen, welche Quartalsziele Priorität haben. Es fällt ihnen leichter, Nein zu sagen, wenn sie gefragt werden, ob sie noch eine Aufgabe übernehmen können, wenn dadurch das eigentliche Ziel gefährdet ist.
Die Kommunikation zwischen Abteilungen und Mitarbeitenden wird verbessert. Der Grund: Einzelne Teams haben oft eigenen OKRs, doch sie zahlen auf ein übergeordnetes Unternehmensziel ein.
Wann OKR scheitert
Die OKR-Methode ist kein Selbstläufer, Unternehmen können viele Fehler machen, die OKRs unwirksam machen. Die größten Fehler sind:
Die Vision ist unklar.
Die Ziele sind nicht ambitioniert genug und werden in das Tagesgeschäft integriert („Wir rufen den Kunden xy an“).
Das Unternehmen nimmt sich bei der Einführung zu viel auf einmal vor. Besser ist es, mit einem kleinen Projekt oder einer Abteilung zu beginnen.
Es gibt niemanden im Team, der sich für die Umsetzung der OKRs verantwortlich fühlt. Zwei bis drei Teammitglieder sollten an den Key Results arbeiten, dafür braucht es Kapazitäten. „OKRs lassen sich nicht nebenbei oder halbherzig einführen“, sagt Stefan Strecker.
Es gibt keine wertschätzende Kultur im Unternehmen, Fehler werden nicht als Chance gesehen.
OKR wird genutzt, um die Leistung der einzelnen Mitarbeitenden zu bewerten und zu kontrollieren. Deshalb sollte die OKR-Methode nicht mit einem Bonussystem verknüpft werden. Ziel verfehlt, kein Bonus – das kommt einer Bestrafung gleich, die die Motivation zunichtemacht.
Zu schnell aufgeben: Die OKR-Methode funktioniert in der Regel nicht auf Anhieb. Man braucht zwei bis drei Anläufe, so Streckers Erfahrung: „Mit der Zeit wird es besser.“
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