Ökonom: Hans-Werner Sinn kritisiert schwarz-rotes Schulden-"Tohuwabohu"
Neue Schulden für die Aufrüstung seien unumgänglich, sagt Hans-Werner Sinn. Die geplante Verfassungsänderung sei dafür allerdings gar nicht nötig, sagt der streitbare Ökonom

Neue Schulden für die Aufrüstung seien unumgänglich, sagt Hans-Werner Sinn. Die geplante Verfassungsänderung sei dafür allerdings gar nicht nötig, sagt der streitbare Ökonom
Der Ex-Chef des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hält nichts von den Schuldenplänen, auf die sich Union und SPD in ihren Sondierungsgesprächen geeinigt haben. Investitionen seien in erster Linie Aufgabe der Privatwirtschaft und nicht des Staates, sagte der streitbare Ökonom und langjährige Leiter des Münchener Wirtschaftsforschungsinstituts. Für die dringend nötige Aufrüstung sei eine Änderung der in der Verfassung verankerten Schuldenbremse nicht notwendig. Zumal dieses Vorgehen politisch fragwürdig sei: „Der alte Bundestag, der abgewählt ist, soll jetzt noch das Grundgesetz ändern. Das ist doch ein Husarenstück.“
Sinn zufolge könnte der Bund aufgrund der aktuellen internationalen Lage ohne Gesetzesänderung zusätzliche Schulden für die Verteidigung machen. Putin stehe „vor der Haustür. Wir müssen aufrüsten, leider“, sagte Sinn. Dies sei möglich im Einklang mit der Schuldenregel, wie sie derzeit im Grundgesetz stehe, indem der Bundestag eine Notlage erkläre. „Dann kann man beliebig viel Geld freimachen durch Kredite mit einfacher Mehrheit. Ich verstehe also das ganze Tohuwabohu hier nicht, weshalb man den alten Bundestag brauchen würde dafür.“
Sinn spricht sich für Rückkehr zu Atomkraft aus
Sinn betonte, zusätzliche Verteidigungsausgaben seien zwar notwendig und könnten über Kredite finanziert werden, sie stellten aber dennoch eine Belastung für die Zukunft dar. Das Geld müsse langfristig vom Steuerzahler aufgebracht oder an anderer Stelle im Haushalt eingespart werden. „Der liebe Gott hilft hier nicht mit“, gab Sinn den Haushaltspolitikern mit auf den Weg.
Die geplante Aufnahme von 500 Milliarden Euro Schulden im Rahmen eines Sondervermögens für die Infrastruktur hält Sinn für fragwürdig. „Die Wirtschaft muss investieren, nicht der Staat in erster Linie.“ Die Regierung könne die Wirtschaft durch Reformen unterstützen, ohne zusätzliches Geld auszugeben, und sogar gleichzeitig sparen. Als Beispiel nannte Sinn die Energiepolitik. Statt die teure Energiewende voranzutreiben, solle die künftige Bundesregierung auf eine Rückkehr zur Atomkraft setzen, die Sinn für günstiger hält.
Der Beitrag ist zuerst bei ntv.de erschienen. Das Nachrichtenportal gehört wie Capital zu RTL Deutschland.