Kurzzeittherapie mit Oskar Holzberg: Die Puzzleteile unser Persönlichkeit

Das Leben ist oft ganz schön kompliziert. Zum Glück müssen wir da nicht allein durch. Diesmal: Beziehungstherapeut Oskar Holzberg über die Puzzleteile unser Persönlichkeit.

Mai 10, 2025 - 13:09
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Kurzzeittherapie mit Oskar Holzberg: Die Puzzleteile unser Persönlichkeit

Das Leben ist oft ganz schön kompliziert. Zum Glück müssen wir da nicht allein durch. Diesmal: Beziehungstherapeut Oskar Holzberg über die Puzzleteile unser Persönlichkeit.

Worum geht’s: Anna ist verzweifelt. Ihr neuester Flirt hat sich zurückgezogen, bevor sie richtig zueinandergefunden haben. Sie wirft sich selbst vor, eine schrecklich arrogante Person, viel zu oft auch kritisch und herablassend zu sein. Ihre Freundin Tanja hört ihr zu und sagt: "Das ist doch nicht alles, was dich ausmacht!"

"Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?"

Tanja hat recht. Anna ist bestimmt nicht nur arrogant. Aber sie hat wohl eine arrogante Seite an sich. Annas Persönlichkeit, wie die von uns allen, besteht aus vielen Teilen. Bereits Goethe bemerkte ja zwei Seelen in seiner Brust, und Sigmund Freud fand mit Es, Ich und Über-Ich schon drei Teile unserer Psyche. Mittlerweile fragen wir uns mit Richard David Precht: "Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?"

Wir kennen die innere Kritikerin, den Antreiber, unsere angepasste Seite oder die Macherin in uns. Jede und jeder von uns ist ein einmaliges Puzzle aus ganz individuellen Anteilen, die sich im Laufe unseres Lebens gebildet haben. Da sind Anteile unserer Psyche, die uns beschützen und jene, die wir verbergen, um sie vor der Welt zu schützen. Was immer wir tun und empfinden, ist immer nur ein Teil von uns. Nehmen wir diesen Gedanken, diese Tatsache wirklich ernst, kann uns das helfen, mit uns selbst und mit anderen umzugehen. Wenn es uns wie Anna geht und wir uns negativ sehen, schützt es uns vor totaler Selbstentwertung. Wenn wir Angst haben, uns schämen oder etwas vermeiden, dann können wir das leichter eingestehen. Zu sagen "Ich habe Angst" ist viel schwerer als zu sagen "Ein Teil von mir hat Angst".

Die inneren Anteile in uns

In unseren Partnerschaften, Liebesbeziehungen und wichtigen Freundschaften verhindern nicht angesprochene negative Gefühle oftmals Nähe und Intimität. Sie als Gefühle eines Teils von uns zu äußern, ist wahrer und leichter. Wir können so auch das Einerseits-Andererseits unserer Gefühle zeigen. "Ein Teil von mir will unbedingt mit dir zusammenziehen, und ein anderer Teil ist voller Zweifel." So können wir beide Seiten darstellen. Und spüren möglicherweise, dass es dazu noch andere innere Anteile in uns gibt.

Sobald wir diese Anteile beschreiben, haben wir etwas Distanz zu ihnen. Sie können uns dann nicht so leicht überfluten. Und wir können unsere Gefühle auch leichter steuern.

Doch so sehr es hilft, uns als viele zu begreifen, wir können uns dadurch nicht der Verantwortung entziehen. Wir tragen sie stets für alle unsere inneren Anteile. "Ein Teil von mir möchte sich entschuldigen" – das geht gar nicht. Dass es uns leid tut, was wir verursacht haben, wird nur angenommen, wenn es von unserem ganzen Herzen kommt.