Karriere: In meinem Team übernimmt keiner Verantwortung – dann Vorsicht
Wenn statt Eigenverantwortung kollektives Zögern im Team regiert, muss sich dringend etwas ändern. Mit den klassischen Methoden kommen Führungskräfte hier nicht weit, aber mit diesen hier

Wenn statt Eigenverantwortung kollektives Zögern im Team regiert, muss sich dringend etwas ändern. Mit den klassischen Methoden kommen Führungskräfte hier nicht weit, aber mit diesen hier
„Warum kümmert sich hier eigentlich niemand drum?“ Diese Frage stellen sich Führungskräfte häufiger, als sie zugeben würden. Die Aufgabe ist bekannt, die Zuständigkeit unklar – und am Ende passiert: nichts. Statt Eigenverantwortung regiert kollektives Zögern.
Hinter dem Verhalten steckt oft eine unsichtbare Gruppendynamik, bekannt als „Trittbrettfahren“. Was dabei meist übersehen wird: Es braucht immer zwei. Nicht nur der passive Kollege oder die passive Kollegin sind Teil des Problems – auch das Umfeld trägt zur Dynamik bei, indem es schweigt, duldet oder kompensiert.
Was als kollegiales Einspringen beginnt, kann schnell zur Regel werden. Wenn das Verhalten nicht adressiert wird, verteilt sich Verantwortung auf viele Schultern. Niemand fühlt sich mehr zuständig – und die, die es doch tun, werden irgendwann müde.
Keine Eigeninitiative aus dem Team
Diese Dynamik führt zu einem gefährlichen Kreislauf:
- Minderleister lehnen sich zurück
- Leistungsträger springen ein
- Die Arbeitslast steigt für wenige
- Am Ende folgt Erschöpfung, Rückzug oder Kündigung
Ironischerweise bleiben oft genau die im Unternehmen, die wenig beitragen, während die Engagierten das Team verlassen. Die Verantwortungskultur erodiert – und mit ihr die Leistungsfähigkeit.
Klassische Management-Methoden helfen nicht
Viele Führungskräfte versuchen, mit Visionen, Werten oder neuen Zielen gegenzusteuern. Doch diese Ansätze helfen oft nicht. Denn sie setzen an der Motivation für das Unternehmen an – nicht an der realen Beziehungsdynamik im Team.
Was selten ausgesprochen wird: Es ist nicht fehlende Identifikation mit dem Unternehmen, die Verantwortung blockiert, sondern ein Zusammenspiel aus Konfliktvermeidung, Gruppenloyalität und unausgesprochenen Erwartungen. Diese Dynamik wirkt unter der Oberfläche – und wird durch gute Absichten oft ungewollt verstärkt.
Es geht nicht um die Firma, sondern um die direkten Kollegen
Der Schlüssel liegt in einem Perspektivwechsel: Weg von „Wofür bin ich verantwortlich?“ – hin zu „Wem gegenüber bin ich verantwortlich?“ Diese scheinbar kleine Verschiebung hat große Wirkung. Verantwortung wird nicht mehr als abstrakte Pflicht gegenüber dem Unternehmen verstanden, sondern als gelebte Beziehung. Wir nennen das: relationale Verantwortung.
Während klassische Strukturen zur Erschöpfung führen, kann relationale Verantwortung eine entgegengesetzte Dynamik auslösen. Statt Erschöpfung entsteht Energie. Warum? Weil Menschen eher bereit sind, sich füreinander einzusetzen als für eine anonyme Organisation. Wer für Kolleginnen und Kollegen mitdenkt, entscheidet und handelt, erlebt seine Verantwortung als sinnvoll und wirksam. Das stärkt die Motivation – und die Teamleistung steigt.
Forschung zeigt: In Teams mit klaren, tragfähigen Beziehungen sinken Stressmarker im Körper. Gerechte Aufgabenteilung wirkt entlastend, gestärkte Beziehungen wirken wie ein Schutzfaktor gegen Überlastung.
„Wer ist mir wichtig?“
Es beginnt mit einer einfachen Frage: Nicht „Was ist mir wichtig?“, sondern „Wer ist mir wichtig?“ Der Fokus auf konkrete Menschen verändert die Haltung. Verantwortung bekommt ein Gesicht.
Ein erster Schritt: Beziehungsqualität sichtbar machen. Nicht nur Rollen und Ziele klären, sondern auch die Art, wie man miteinander arbeiten will. Wer darf was sagen? Wie gehen wir mit stillen Konflikten um? Was passiert, wenn jemand nicht liefert? Dazu braucht es kein riesiges Change-Programm, sondern ehrliche Gespräche, klares Erwartungsmanagement und eine Kultur, in der Fürsorge nicht mit Schwäche verwechselt wird.
Relationale Verantwortung führt zu genau dem, was viele Unternehmen sich wünschen: mehr Eigeninitiative, mehr Resilienz, mehr Innovationskraft. Der Weg dorthin führt jedoch nicht über noch mehr Appelle an das „Unternehmertum im Unternehmen“, sondern über echte Verbindung. Wenn Mitarbeiter:innen nicht nur für Ziele, sondern füreinander Verantwortung übernehmen, entsteht ein neues Fundament – stabil, motivierend und nachhaltig.