Elizabeth Magie: Die vergessene Frau hinter Monopoly – und ihre soziale Vision

Bei einem der erfolgreichsten Spiele geht es darum, ein Monopol aufzubauen und die Mitspieler in den Ruin zu treiben. Ursprünglich sollte "Monopoly" jedoch für eine andere Wirtschaftsordnung werben 

Mär 6, 2025 - 18:23
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Elizabeth Magie: Die vergessene Frau hinter Monopoly – und ihre soziale Vision

Bei einem der erfolgreichsten Spiele geht es darum, ein Monopol aufzubauen und die Mitspieler in den Ruin zu treiben. Ursprünglich sollte "Monopoly" jedoch für eine andere Wirtschaftsordnung werben 

Elizabeth Magie ist eine ungewöhnliche Frau, jedenfalls für ihre Zeit. Ende des 19. Jahrhundert lebt sie in den noch jungen Vereinigten Staaten im Bundesstadt Illinois. "Lizzy" – so wird sie von Familie und Freunden genannt - stammt aus einer schottischen Einwanderer-Familie. Die gab ihr offensichtlich eine gehörige Portion Widerstandgeist und Selbstbewusstsein mit auf den Weg. Denn Elizabeth Magie tut einige Dinge, die Frauen in jener Zeit nicht tun. Unter anderem erfindet sie um das Jahr 1903 ein Spiel, das eines der erfolgreichsten Brettspiele der Welt wird.  

In über 100 Ländern wird Monopoly heute verkauft. Fast jeder und jede hat es schon einmal gespielt: 22 Straßen, vier Bahnhöfe, ein Elektrizitätswerk, ein Wasserwerk. Es geht darum, Grundstücke zu erwerben, Häuser und Hotels zu bauen, Mieten einzunehmen und vor allem: die Konkurrenten in den Ruin zu treiben.  

Monopoly steht wie kein anderes Gesellschaftsspiel für den Kapitalismus. Alle versuchen ihren Gewinn zu maximieren. Wer am Ende das namensgebende Monopol aufgebaut hat, geht als Sieger vom Tisch. Dabei war das gar nicht im Sinne der Erfinderin. 

Ein Ökonom inspirierte Elizabeth Magie

Elizabeth Magie arbeitete als Stenographin bei der Post. Sie trug einen Kurzhaarschnitt, zuhause schrieb sie Essays, Gedichte und Kurzgeschichten. Abend trat sie als Schauspielerin im Theater auf. Am wichtigsten waren ihr allerdings ihre Vorträge zu politischen und wirtschaftlichen Themen. Magie hatte eine Mission: Sie ist eine "Georgistin", eine Anhängerin des Ökonomen Henry George.  

George ist heute weitgehend vergessen, war aber Ende des 19. Jahrhunderts sehr bekannt. Sein Buch "Fortschritt und Armut" war ein Wirtschaftsbestseller. Darin schrieb Henry George: "Was jede Zivilisation vor uns zerstört hat, war die ungleiche Verteilung von Reichtum und Macht." 

Als Lösung entwickelte er die "Single-Tax-Theorie", also die Theorie einer Einheitssteuer. Der Ökonom schlug vor, alle Steuern abzuschaffen, bis auf eine – die auf Land- und Grundbesitz. Mit dieser - sehr hohen – Steuer sollten alle öffentlichen Ausgaben gedeckt werden. Sie würde verhindern, dass Grundbesitzer mit Land spekulieren, es brach liegen lassen. Im Gegenteil: Sie müssten das Land sinnvoll nutzen, um damit die Bodensteuer begleichen zu können. So sollte laut George die Ungleichheit beseitigt und der Einfluss von Großgrundbesitzern eingeschränkt werden. Henry George war davon überzeugt, dass Kapitalismus gut darin sei, Reichtum zu erzeugen, aber schlecht darin, ihn zu verteilen. 

Monopoly als Brettspiel mit pädagogischem Ziel

Elizabeth Magie war glühende Anhängerin dieser Ideen. Es war die Zeit von John D. Rockefeller und anderen Männern, die beginnen, bis dato unvorstellbaren Reichtum anzuhäufen. Von Magie ist folgendes Zitat überliefert: "Ich hoffe, dass Männer und Frauen sehr schnell begreifen, dass ihre Armut daher kommt, dass Carnegie und Rockefeller mehr Geld haben, als sie ausgeben können."  

Elizabeth Magies
Elizabeth Magies "Landlord's Game" ähnelt in vielem schon dem heutigen "Monopoly". Doch in dieser Version nehmen Grundbesitzer nicht hohe Mieten ein, sie zahlen stattdessen in eine öffentliche Kasse ein
© EMU history

Das Brettspiel dachte sie sich zu Schulungszwecken aus. Es sah dem heutigen "Monopoly" schon sehr ähnlich: Bahnhöfe, Grundstücke zum Kauf und Verkauf, Spielgeld und auch das Feld "Gehen Sie ins Gefängnis" gab es schon. Magie nannte es allerdings "The Landlord´s Game" – das Spiel der Großgrundbesitzer. Und es gab zwei Anleitungen. In einer ging es wie heute darum, so viel Grund und Boden wie möglich zu sammeln und reich zu werden.  

In einer zweiten Variante mit Einheitssteuer wurden alle Mitspielenden belohnt, wenn einer Geld eingenommen hatte. Wer ein Spielfeld besitzt, muss Abgaben zahlen, um mit diesem Spielfeld zu wirtschaften. Am Ende sollten alle gewinnen – ein kooperativer Spielansatz, ganz anders als das Monopol.  

Elizabeth Magie setzte darauf, dass die Spieler erkennen würden, dass das Monopol zu mehr Ungerechtigkeit führt. Ihr Monopoly war ein zutiefst sozialkritisches Spiel. Doch es geriet schnell in Vergessenheit.  

Ein Gelegenheitsarbeiter kopiert das Spiel

Magie meldete 1904 für "The Landlord’s Game" zwar ein Patent an und erhielt Jahre später von dem Verlag Parker Brothers 500 US-Dollar für dieses Patent. Danach ging das Spiel allerdings seinen eigenen Weg.  

Es wurde nachgebastelt, weitergegeben, vor allem bei Studierenden an der US-amerikanischen Ostküste war es sehr beliebt. Diese nannten das Spiel schließlich "Monopoly".  

Charles Darrow, Vertreter für Heizungen, entdeckt "Monopoly" während eines Spieleabends bei Freunden. Er vermarktet das Spiel, das ihn schließlich zum Millionär macht  
Charles Darrow, Vertreter für Heizungen, entdeckt "Monopoly" während eines Spieleabends bei Freunden. Er vermarktet das Spiel, das ihn schließlich zum Millionär macht
© Bettmann

In den 1930er-Jahren spielte der Gelegenheitsarbeiter Carles Darrow eine Partie "Monopoly" bei Freunden. Darrow war begeistert, fertigte eine detailgetreue Kopie an, begann sie zu verkaufen und behauptete, das Spiel selbst erfunden zu haben.  

Im Jahr 1935 kaufte der Spielehersteller Parker Brothers Darrow die Lizenz für das Spiel ab. Von dem kapitalismuskritischen "Landlord’s Game" war nur noch die erste Variante übriggeblieben, diejenige, in der es darum geht, gierig zu sein, möglichst viel Geld anzuhäufen und die Gegner in den Ruin zu treiben.  

Parker Brothers machte aus "Monopoly" einen Kassenschlager, mehr als 250 Millionen Stück wurden bislang verkauft. Charles Darrow wurde durch die Tantiemen zum Millionär. Elizabeth Magie wurde, bis auf die frühe Abschlagszahlung, nie am Gewinn beteiligt. Sie starb im Jahr 1948 im Alter von 81 Jahren.