Bundeswehr und Drohnen, da kommt Bewegung rein
Die Bundeswehr ist bislang beim Thema Drohnen trotz der Bemühungen der vergangenen Jahre vergleichsweise sparsam aufgestellt: Weder bei der kinetischen (!) Abwehr kleinerer unbemannter Systeme noch beim eigenen Einsatz von bewaffneten Drohnen sind die deutschen Streitkräfte bislang so ausgerüstet, wie es aus den Erfahrungen des Kriegs in der Ukraine erforderlich wäre. Aber da scheint Bewegung reinzukommen. Wer die Pressekonferenz von Verteidigungsminister Boris Pistorius bei seinem Besuch im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) am (gestrigen) Donnerstag verfolgte,
Die Bundeswehr ist bislang beim Thema Drohnen trotz der Bemühungen der vergangenen Jahre vergleichsweise sparsam aufgestellt: Weder bei der kinetischen (!) Abwehr kleinerer unbemannter Systeme noch beim eigenen Einsatz von bewaffneten Drohnen sind die deutschen Streitkräfte bislang so ausgerüstet, wie es aus den Erfahrungen des Kriegs in der Ukraine erforderlich wäre. Aber da scheint Bewegung reinzukommen.
Wer die Pressekonferenz von Verteidigungsminister Boris Pistorius bei seinem Besuch im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) am (gestrigen) Donnerstag verfolgte, dürfte auch diese etwas kryptische Passage zum Thema Drohnen mitbekommen haben:
Wo der Minister über die vereinfachte Beschaffung von Kleindrohnen für Ausbildung und Übung spricht, ist das ja weitgehend bekannt. Aber zwei Punkte sind dennoch ein bisschen anders: Was ist gemeint mit der Beschleunigung und der Berücksichtigung von Produktionszyklen – bei welchen Beschaffungen? Und die Abwehr, die Pistorius hervorhebt, was passiert da bei der kinetischen Abwehr, also dem Abschuss von – kleineren Drohnen?
Was den letzten Punkt angeht, hat das BAAINBw selbst vor ein paar Tagen ein bisschen mehr Klarheit geschaffen: Die Behörde veröffentlichte auf einem europäischen Ausschreibungsportal den Hinweis auf die ausgeweitete Beschaffung von Zielassistenzsystemen zur Detektion und kinetischen Abwehr kleinerer Drohnen. (Den Hinweis fand ich bei den Kollegen von hartpunkt.de, die als erste darüber berichteten.)
Interessant dabei ist, das die in dieser Woche zunächst veröffentlichte Fassung der Mitteilung recht schnell durch eine Neufassung ersetzt werden sollte. Was in der Ursprungsfassung stand und in der Neufassung nicht mehr, ist aber noch auf dem Portal erhalten*; die wesentliche Aussage:
Mit der vorliegenden Auftragsvergabe soll für den Zeitraum 2024 bis 2027 ein Rahmenvertrag mit Festbeauftragungsanteil über die Herstellung und Lieferung von bis zu 500 Zielassistenzsystemen zur Detektion und kinetischen Abwehr von Class 1 AUS UAS geschlossen werden. Der Festbeauftragungsanteil ergibt sich mit 70 Systemen aus der SiE VJTF 000013 H06 und mit 150 Systemen aus dem Erlass der Task-Force-Drohne (TFD) vom
03.04.2024. Die Erhöhung der potentiell abrufbaren Höchstmenge ergibt sich aus dem Umstand, dass eine Bedrohung bzw. Aufklärung durch small Unmanned Aerial Systems (sUAS) innerhalb der BRD zunimmt. RUS Nachrichtendienste (ND) sollen auch technische Mittel, inkl. sUAS, gezielt in DEU einsetzen. Danach ist ein erhöhter Bedarf an den o.g. SMASH Zielassistenzsystemen zu erwarten. Die abrufbare Höchstmenge beläuft sich auf insgesamt 500 SMASH Zielassistenzsysteme SmartShooter X4.
Es geht also darum, für vorhandene Infanteriewaffen eine Zieleinrichtung zu bekommen, die eine erfolgversprechende Bekämpfung kleinerer Drohnen ermöglicht. Denn an der Stelle ist die Bundeswehr bislang blank: Unterhalb von Flugabwehrsystemen mit Flugkörpern wie MANPADS z.b. vom Typ Stinger gibt es da nichts, und die sind für Kleindrohnen ziemlich überdimensioniert.
Auf der anderen Seite sind die Versuche, mit Jammern und Störsendern Drohnen elektronisch zu bekämpfen, zunehmend zum Scheitern verurteilt. So berichtete die Süddeutsche Zeitung Anfang Februar von Drohnensichtungen über einem Bundeswehr-Standort in Schleswig-Holstein, wo auch ukrainische Soldaten ausgebildet werden – ausgerechnet am Luftverteidigungssystem Patriot. Doch die kleinen Späher konnten die Streitkräfte nicht ausschalten, ihr Jammer vom Typ HP-47 konnte aufgrund mangelnder Reichweite nicht zum Einsatz gebracht werden, zitierte das Blatt aus einer Meldung der Bundeswehr. Von Versuchen der kinetischen Bekämpfung ist gar nicht erst die Rede.
Zumindest für das tatsächliche Abschießen sollen da die bestellten Smartshooter-Systeme Abhilfe schaffen. Das Werbevideo des israelischen Herstellers:
Aber, das hat der Minister ja auch angesprochen: Die Abwehr von Drohnen ist das eine – mindestens genau so interessant ist die Frage, wie die Bundeswehr künftig mit, Bundeswehrsprech wäre unbemannten fliegenden Systemen mit Wirkmitteln ausgestattet sein wird, knapp gesagt: mit Kampf- oder Kamikazedrohnen. Von den fünf Flugzeug-großen Aufklärungssystemen des Typs Heron TP abgesehen, die gegebenenfalls mit Raketen ausgerüstet werden können, verfügen die deutschen Streitkräfte bislang über keine einzige einsetzbare Kampfdrohne.
Und da lassen die Aussagen von Pistorius aufhorchen, vor allem wenn er von schnellen Entwicklungszyklen und Künstlicher Intelligenz spricht. Da kommen einem doch ganz schnell Mitteilungen deutscher Firmen in den Sinn, die in Deutschland produzierte und von der Bundesregierung bezahlte Kamikaze-Drohnen an die Ukraine liefern. Tausende. (Neben der hier verlinkten Firma Helsing gehört auch das deutsche Unternehmen Quantum zu denen, die viel liefern – aber bislang ebenfalls an die Ukraine, an die Bundeswehr nur geringe Mengen zum Testen.)
Nach den Aussagen des Ministers beim BAAINBw würde ich erwarten, dass sich da recht bald noch was tut. Vielleicht gibt es ja nach der Bundestagswahl am Sonntag da eher eine Bereitschaft der dann Gewählten, schnell zu handeln.
Bis dahin ein Fun Fact: Dass das Zielassistenzsystem zur Drohnenbekämpfung nicht ausgeschrieben, sondern direkt an einen Anbieter vergeben wurde, hat laut BAAINBw einen einfachen Grund:
Der Auftrag kann nur von einem bestimmten Wirtschaftsteilnehmer ausgeführt werden, weil er die Erschaffung oder den Erwerb eines einzigartigen Kunstwerks oder einer einzigartigen künstlerischen Leistung zum Ziel hat.
Na, da sind wir gespannt.
*Die Ursprungsfassung der Bekanntmachung als Sicherungskopie:
20250219_BAAINBw_Smart_Shooter
und, um die Vergleichsmöglichkeit zu haben, die Neufassung
20250219_BAAINBw_Smart_shooter_Neufassung