Bernd Ziesemer: Warum Siemens ohne Bahn besser fährt

Der größte deutsche Konzern sollte sich von seinem Bereich Siemens Mobility trennen. Es wäre ein großer Befreiungsschlag für den Konzern

Feb 17, 2025 - 08:32
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Bernd Ziesemer: Warum Siemens ohne Bahn besser fährt

Der größte deutsche Konzern sollte sich von seinem Bereich Siemens Mobility trennen. Es wäre ein großer Befreiungsschlag für den Konzern

Eigentlich doch alles paletti: Die Siemens AG präsentierte sich in der vergangenen Woche mit einem zackigen Gewinnplus von 55 Prozent, soliden Umsätzen unter schwierigen Rahmenbedingungen und vor allem einem dicken Auftragspolster. Die Aktie des Münchner Konzerns kletterte nach den neusten Zahlen auf ein neues Allzeithoch. Und trotzdem hörte man viele kritische Stimmen auf der diesjährigen Hauptversammlung, die Analysten murren und die Fonds fordern eine neue Strategie und eine neue Organisation.

Und das zu Recht. Siemens-Chef Roland Busch muss sich der Fragen aller Fragen stellen: Setzt der Konzern sein Kapital vernünftig ein? In den letzten Jahren hat die Siemens AG 20 Milliarden Euro für den Kauf von amerikanischen Softwarefirmen ausgegeben. Die 75-Prozent-Beteiligung an der Gesundheitstochter bindet die gewaltige Summe von 45 Milliarden Euro. Und die verbliebenen Aktien von Siemens Energy schlagen mit rund drei Milliarden Euro zu Buche. Vergleicht man diese Zahlen mit dem Börsenwert der Siemens AG von 180 Milliarden Euro, dann kann man nur von einer Unwucht sprechen. Die Aktie des Konzerns schleppt offensichtlich immer noch einen Konglomerats-Abschlag mit sich herum.

Busch muss das ändern – und er wird das auch ändern. Der Verkauf der Siemens Energy-Aktien gehört den leichteren Übungen. Und auch der von vielen Experten heftig geforderte Abbau der Beteiligung an der früheren Gesundheitssparte unter die magische Schwelle von 50 Prozent scheint ausgemachte Sache zu sein. Fragt sich nur noch wann. Und wie es danach dann weiter geht.

Siemens könnte in die Riege von SAP aufsteigen

Eine wichtige Frage aber wird immer noch tabuisiert: die Zukunft der Bahntechnik. Dabei passt die Sparte Mobility schon seit langem nicht mehr in einen Konzern, der sich seit neustem das Motto „One Tech Company“ gibt. Die Bahntechnik erreichte zuletzt nur die Hälfte der Profitmarge, die in den beiden anderen Bereichen des Konzerns erzielt wurde. Sie liefert so gut wie gar keine nennenswerten Synergien ab mit den Bereichen Smart Infrastructure und Digital Industries. Und sie bewegt sich in einem gänzlich anderem Wettbewerb als die Schwestersegmente.

Mahle-IV

Innovationen gibt es in der Bahntechnik nur begrenzt und chinesische Konkurrenten setzen die Preise systematisch unter Druck. In China konsolidiert sich die Branche und riesige halbstaatliche Bahnunternehmen drängen überall auf den Weltmarkt. In Deutschland gäbe es viele Möglichkeiten, ein stärkeres Bahnunternehmen zu schaffen durch vertikale Integration. Die Siemens AG ist also nicht mehr der beste Eigentümer der Sparte.

Nun würde es das Management sehr wahrscheinlich überfordern, alle Probleme gleichzeitig anzugehen. Aber umgekehrt gilt auch: Der Konzern sollte nicht zu lange warten. Vieles spricht dafür, dass die Sparte Bahntechnik in zehn Jahren weniger wert sein könnte als heute. Und ihr Verkauf würde die Siemens AG endlich in die Reihe von Digitalunternehmen wie SAP kapitulieren. Und damit eine deutlich höhere Bewertung der Aktie auslösen zur Freude aller Aktionäre.