5-Uhr-Club? Nein, danke!: Warum ich kein Fan vom frühen Aufstehen bin
Michelle Obama, Jennifer Aniston und Oprah Winfrey tun es: Sie stehen um spätestens 5 Uhr morgens auf. Unsere Autorin hat eine Woche lang dem 5AM-Club beigewohnt und berichtet hier von ihrer Erfahrung.

Michelle Obama, Jennifer Aniston und Oprah Winfrey tun es: Sie stehen um spätestens 5 Uhr morgens auf. Unsere Autorin hat eine Woche lang dem 5AM-Club beigewohnt und berichtet hier von ihrer Erfahrung.
Ich habe Freundinnen, die springen morgens voller Energie aus dem Bett. Eine erzählte mir jüngst, dass sie keinen Wecker nutzt, da sie von allein um sechs Uhr aufwacht. "Auf meine innere Uhr ist einfach Verlass", sagte sie – und ich fragte sie entgeistert: "Wann gehst du denn schlafen?" Denn ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ich jemals vor sieben Uhr von allein aufwache – wahrscheinlich nicht einmal, wenn ich um 20 Uhr im Bett liegen würde.
Der 5-Uhr-Club: Was ist das überhaupt?
Die Idee des "5AM-Clubs" stammt ursprünglich von Robin Sharma, einem bekannten Redner und Autor auf dem Gebiet der persönlichen und organisatorischen Führung. Sharma veröffentlichte das Buch "The 5 AM Club: Own Your Morning, Elevate Your Life" (Mach dir deinen Morgen zu eigen, verbessere dein Leben), in dem er das Konzept ausführlich vorstellt. Von seinem "Früh-Start" überzeugen konnte er unter anderem Stars wie Jennifer Aniston, Oprah Winfrey oder Michelle Obama. Sie alle sind Verfechterinnen des frühen Aufstehens. Aber warum eigentlich?
Die Idee: die frühen Morgenstunden, wenn die Welt noch schlummert, für sich zu nutzen. Ablenkungsmöglichkeiten sind dann minimal, draußen ist es dunkel, das Telefon klingelt nicht, das E-Mail-Postfach ist noch leer, selten möchte jemand etwas von einem. Für eine strukturierte Morgenstunde noch vor dem ersten Licht des Tages sind die "Three 20s" laut Sharma essenziell: 20 Minuten Bewegung, 20 Minuten Persönlichkeitsentwicklung und 20 Minuten Weiterbildung sollen dabei helfen, produktiv und positiv in den Tag zu starten.
Selbsttest: Gelingt mir Early Birding?
Ich muss zugeben, wenn man Sharmas Buch liest, dann hört sich das alles ganz schön gut an. Wer hat nicht gerne schon alle möglichen To-dos inklusive Sport und einem ausgewogenen Frühstück erledigt, bevor sich andere Menschen überhaupt erst aus ihren Betten schälen? Mich hat die Idee direkt überzeugt und so bin ich eine Woche lang um 5 Uhr morgens aufgestanden.
Das durchdringende Klingeln meines Weckers riss mich gefühlt in der Mitte der Nacht aus meinen Träumen – und nein, daran hatte ich mich auch am fünften Tag nicht gewöhnt. Spätestens als ich mich dann mit noch halb geschlossenen Augen, nur semi-wach hochgequält hatte und mit meinen drei Zwanzigern anfangen sollte, fragte ich mich, warum ich mir das eigentlich antue.
Aber nützt ja nichts. Also rein in die Sportsachen und 20 Minuten auf die Matte – seichtes Yoga, weil mein Herz-Kreislauf-System zu viel mehr in der Früh nicht fähig ist –, dann 20 Minuten Nachrichten lesen, manchmal hörte ich auch einen Podcast, und zu guter Letzt noch 20 Minuten Französisch lernen. Um viertel nach sechs war ich mit meinem Programm durch – und jetzt?
Mein Arbeitsalltag startet gewöhnlich um acht Uhr, also hatte ich knapp zwei Stunden für alle möglichen weiteren To-dos. Diese Zeit wirklich produktiv zu füllen, gelang mir nicht so recht – ich war einfach nur müde. Also las ich meist, machte Wäsche, frühstückte ... Ich gebe zu: Es hat sich schon gut angefühlt, so früh wach zu sein. Insgeheim dachte ich mir "Ha! Während ihr alle noch gemütlich schlummert, bin ich schon mit Sport, Haushalt und Co. durch." Ich kam mir vor wie Superwoman, etwas müde zwar, aber irgendwie diszipliniert und stark. Spätestens um die Mittagszeit – gegen 13 Uhr – verflog das Hochgefühl aber und ich konnte mich kaum noch aufrecht auf meinem Bürostuhl halten, so dringend wollte ich einen Nap einlegen. Auch meine Konzentration ließ schlagartig nach.
5 AM ist nicht meine Zeit
Normalerweise mache ich um 17 Uhr Feierabend und habe dann Zeit für Haushalt, Freund:innen, Sport und persönliche Projekte. In meiner "Early Bird"-Woche war ich aber abends so kaputt, dass ich eigentlich nur noch schlafen wollte. Ich hatte keine Verabredungen, war nicht beim Sport, ich lag nur noch auf dem Sofa und schaute Serien. Zwar mit einem guten Gefühl – ich hatte ja am Morgen schon so irre viel geschafft. Wirklich produktiver war mein Tag allerdings nicht, bloß anders strukturiert – und mit einer ständigen quälenden Müdigkeit als Begleitung. Würde ich das weiterempfehlen? Eher nicht!
Ich bin mir sicher, dass eine morgendliche Routine helfen kann, besser in den Tag zu starten. Frühes Aufstehen – vor allem um 5 Uhr morgens – ist aber nicht für jede:n zielführend. Zudem ist mehreren Studien zufolge belegt, dass wir besser damit fahren, mit unserem natürlichen Biorhythmus zu arbeiten, anstatt gegen ihn. So gibt es Menschen, sogenannte Morgentypen oder "Lerchen" genannt, die möglicherweise vom 5AM-Club profitieren und Abendtypen, auch als "Eulen" bekannt, die erst später aufblühen. Ich habe mich damit abgefunden, dass ich eine Eule bin und meinen Wecker besten Gewissens wieder auf eine "normale" Uhrzeit umgestellt, guter Schlaf ist schließlich auch wichtig.