Wie Manosphere und Rechtsextreme gemeinsam Politik machen
Dieser Beitrag von Take A Stand Against Antifeminism erschien zuerst bei Belltower News. Maskulinismus ist weltweit auf dem Vormarsch – angetrieben von der Manosphere, Rechtsextremen und Tech-Milliardären. Eine gefährliche Allianz, die zunehmend an Macht gewinnt – und parasoziale Beziehungen gezielt zur politischen Mobilisierung einsetzt. Andrew und Tristan Tate sind zurück in Florida. Die beiden „Manosphere-Influencer”, die sich als […] The post Wie Manosphere und Rechtsextreme gemeinsam Politik machen appeared first on Volksverpetzer.

Dieser Beitrag von Take A Stand Against Antifeminism erschien zuerst bei Belltower News.
Maskulinismus ist weltweit auf dem Vormarsch – angetrieben von der Manosphere, Rechtsextremen und Tech-Milliardären. Eine gefährliche Allianz, die zunehmend an Macht gewinnt – und parasoziale Beziehungen gezielt zur politischen Mobilisierung einsetzt.
Andrew und Tristan Tate sind zurück in Florida. Die beiden „Manosphere-Influencer”, die sich als Verkörperung eines hypermaskulinen Lebensstils inszenieren und in Rumänien unter anderem wegen Menschenhandel und Vergewaltigung angeklagt sind, dürfen wieder reisen. Obwohl die Staatsanwaltschaft in Florida angekündigt hat, Anklage gegen die Brüder zu erheben, werfen ihre engen Verbindungen ins Trump-Lager Fragen auf: Haben ihre mächtigen „Bros” ihre Beziehungen spielen lassen, um die Reisesperre aufheben zu lassen?
Es wäre ein weiterer Beleg für den Schulterschluss zwischen rechtspopulistischen und rechtsextremen Akteur*innen und der „Manosphere”, einem dezentralen, antifeministischen und maskulinistischem Online-Netzwerk aus „Pick-up-Artists”, „Incels” und „Männerrechtlern”.
Die Rhetorik und Narrative der Manosphere sind längst in Teilen der US-amerikanischen, aber auch deutschen Politik angekommen – und haben reale Folgen. Entscheidend für das Verständnis des politischen Erfolgs und der Anziehungskraft der Manosphere sind auch die Rolle kapitalstarker (Männer)Netzwerke und parasoziale Beziehungen. So wird die Manosphere zum Katalysator antifeministischer Politik– mithilfe gemeinsamer Narrative, Akteure und Allianzen.
Trump und die Tates: Vereint in Misogynie
US-Präsident Donald Trump will mit der Aufhebung der Reisesperre der Tate-Brüder nichts zu tun gehabt haben. Doch die demonstrative Unterstützung durch Trump-nahe Organisationen und Personen deuten auf etwas anderes hin: Die Jugendorganisation „Tampa Bay Young Republicans“ (TBYR) veranstaltete eine Willkommensparty und feierte die Brüder als Verfechter der Meinungsfreiheit (Post wurde mittlerweile gelöscht). Donald Trump Jr. bezeichnete den Hausarrest, den ein rumänisches Gericht angeordnet hatte als „absolute insanity” (31. Mai 2023). Richard Grenell, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland und Sondergesandter von Trump, soll auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit dem rumänischen Außenminister über den Tate-Fall gesprochen haben und steht ganz offen zu seiner Unterstützung der Brüder.
Die Überschneidungen zwischen dem US-Präsidenten, seinen Vertrauten und Akteuren der Manosphere werden immer offenkundiger. Trumps Vize, JD Vance, behauptete im Wahlkampf, die demokratische Partei werde von einem Haufen „childless cat ladies” geführt. Trump selbst bezeichnete den Radio-Host Howard Stern auf seiner eigenen Plattform Truth Social als „BETA MALE”, nachdem dieser Kamala Harris interviewte. Der Begriff stammt aus der Manosphere und beschreibt abwertend Männer, die als schwach und unterwürfig gegenüber Frauen und der Gesellschaft gesehen werden. Außerdem verkündete Trump, er würde Frauen und Kinder vor Geflüchteten „schützen” – ob sie es wollen oder nicht. Das entmündigende Argumentationsmuster wird auch in Deutschland vor allem durch die AfD gern genutzt: die Instrumentalisierung geschlechterpolitischer Themen, um migrationsfeindliche Politik rassistisch zu legitimieren.
Wie die AfD auf TikTok Manosphere-Narrative inszeniert
In Deutschland ist vor allem die AfD damit beschäftigt, die Rhetorik und Narrative der Manosphere weiterzuverbreiten. Maximilian Krah, bisher Abgeordneter der Partei im EU-Parlament und seit den Bundestagswahlen 2025 mit Mandat im Bundestag, inszeniert sich gerne auf TikTok als Vorkämpfer für eine vermeintlich bedrohte Männlichkeit. Ein Beispiel liefert seine Adaption des Begriffs „Soyboy”, eine aus der Manosphere und Alt-right stammende abwertende Bezeichnung für als „verweichlicht” geltende Männer. In Krahs Version wird daraus: „Sei kein Soja-Sören, sei Siegfried”.
Krah spielt auf ein in der Szene bekanntes Narrativ an: Die angebliche Verweichlichung westlicher Männer durch sinkende Testosteronwerte – hervorgerufen durch den Konsum von Sojaprodukten, eine Kernthese der Manosphere, meist untermauert mit pseudowissenschaftlichen Studien. Schuld daran sind wie immer: Feminismus, progressive Politik und in radikaleren Ausführungen Jüdinnen*Juden.
Als Gegenmittel präsentiert Krah die Rückkehr zu vermeintlich traditionell männlichen Tugenden – Fleisch essen, den eigenen Körper stählen und natürlich: rechts wählen. Die Bildsprache des Videos ist bewusst völkisch codiert. Die Referenz auf Siegfried und das Nibelungenlied, verstärkt durch die Musik von Wagners Walkürenritt, inszeniert Männlichkeit als heroisch-kriegerisches Ideal. Das passt perfekt zu aktuellen rechtsextremen TikTok-Trends, in denen körperliche Ertüchtigung, Naturverbundenheit und völkisches Bewusstsein verschmelzen und sich in Hashtags wie #deutschejugendvoran oder #waldgang ausdrücken.
Keine Art von Frauenhass ist zu viel für Trump
Trumps Nähe zu den Tates und der Manosphere ist ein unmissverständliches Signal: Keine Art von Frauenhass ist zu viel für sein Lager. Diese Haltung bestärkt rechtspopulistische und rechtsextreme Kreise auf der ganzen Welt und verstärkt den inhärenten Antifeminismus noch weiter, was auch die Adaption durch Krah aufzeigt. Seine Parteichefin nennt Trump ganz ungeniert ein „Vorbild für die AfD”.
Ob die Tates, Trump oder Teile der AfD, sie alle vertreten unterschiedliche Abstufungen desselben antifeministischen Narrativs: Die Gesellschaft sei zu weich und feminisiert und müsse durch hypermaskulin auftretende Männer „gerettet“ werden. Diese Haltung äußert sich nicht nur in der teils gewaltvollen Ablehnung von Feminismus, sondern auch in expliziter Queer- und Transfeindlichkeit. Das Ziel: männliche Vorherrschaft. Daraus ergibt sich eine mächtige Allianz, die auf die Unterstützung der reichsten Männer der Welt zählen kann.
Die Broligarchy – das Kapital hinter der Manosphere
Manosphere-Influencer wie Andrew Tate verkaufen ihren meist jugendlichen Followern ein Weltbild, in dem finanzieller Erfolg als unmittelbarer Indikator für soziale Dominanz, Glück und sexuelle Attraktivität gilt. Besonders für junge Männer in prekären Lebensverhältnissen wirkt dieses Narrativ wie ein Ausweg aus dem empfundenen sozialen Ausschluss. Dass sich die Anziehungskraft der Manosphere aber nur auf ökonomisch marginalisierte Männer beschränkt, wäre ein Trugschluss. Das Gefühl der Benachteiligung speist sich weniger aus wirtschaftlicher Not, sondern aus der Überzeugung, um den männlichen „Anspruch” auf weibliche Aufmerksamkeit und Unterordnung betrogen worden zu sein. Dieses Anspruchsdenken zieht sich durch alle sozioökonomischen Schichten und bildet einen zentralen Kern der Manosphere-Ideologien.
Besonders deutlich wird dies auch beim Blick auf die finanzstarken Akteure, die zur Verbreitung dieser Ideologien beitragen: Tech-Milliardäre, Investoren und rechte Intellektuelle – die sogenannte „Broligarchy“. Sie verfügen über enormes finanzielles und soziales Kapital und setzen es für die Verbreitung rechtspopulistischer, rechtsextremer und maskulinistischer Ideologien ein. Einige von ihnen saßen bei Trumps Amtseinführung symbolträchtig in der ersten Reihe.
Zum Beispiel Elon Musk. Der transformierte X (ehemals Twitter) zu einer Echokammer für — unter anderem – frauenfeindliche Ideologien. Andrew Tate wurde dort wieder freigeschaltet, nachdem er zuvor auf allen größeren Plattformen gesperrt war. Auch die Community „The Red Pill” auf Reddit, bezeichnete X als einen „freundlichen” Raum für ihre Ideologie. Oder PayPal-Gründer Peter Thiel. Der investierte einen Teil seines Milliardenvermögens, genau wie auch JD Vance, in Rumble, eine Videoplattform, praktisch ohne Moderation, und ein Sammelbecken für extremistische, auch antifeministische Inhalte.
2025 trat Thiel bei der „Alliance for Responsible Citizenship” (ARC) auf, die rechtslibertäre Thinkthanks, rechtskonservative bis rechtspopulistische und rechtsextreme Politiker*innen, sowie Medienaktivist*innen zusammenbringt, auch aus Deutschland. Unter anderem gegründet vom Manosphere-Vorzeige-Intellektuellen Jordan Peterson. Netzwerke wie die ARC verstärken die Reichweite von Manosphere-Ideologien, indem sie Zugang zu Finanzierung, Publikationsplattformen und politischen Netzwerken schaffen.
(Not) Your Daddy – das soziale Kapital der Manosphere und seine politische Instrumentalisierung
Manosphere-Influencer präsentieren sich gerne als verständnisvolle, aber starke Vaterfiguren bzw. Mentoren. Junge, oft noch orientierungslose, Männer finden Inspiration, wenn Jordan Peterson auf TikTok erklärt, dass sie nur ihr Bett machen müssen, um ein guter Mann zu werden und ganz nebenbei transfeindliche und antifeministische Ideologien verbreitet. Sie fühlen sich stark und machtvoll, wenn Andrew Tate auf YouTube sagt, dass es egal ist, was Frauen denken und es nur auf ihre Willenskraft und Disziplin ankommt.
So können „parasoziale Beziehungen”, also einseitig gefühlte Bindungen zu Influencer*innen oder Prominenten entstehen. Dieses Phänomen ist nicht neu, aber wird durch die scheinbare Nähe und ständige Verfügbarkeit in den sozialen Medien intensiviert. Es geht nicht mehr nur um bloße Bewunderung – sondern um Identifikation, Vertrauen und emotionale Nähe.
In der Manosphere und in rechtspopulistischen und rechtsextremen Kreisen kann dieser Einfluss besonders stark sein. Dort wird gezielt mit den Unsicherheiten und Ängsten junger Männer gespielt und klare In- und Outgroups konstruiert: Die Ingroup besteht aus „echten“, gleichdenkenden Männern; die Outgroup aus Frauen, Feminist*innen und als schwach markierte Männer. Die Akteure präsentieren sich als verständnisvolle Vaterfiguren, die einfache Lösungen für komplexe Probleme anbieten und Schutz versprechen vor einer Welt, die angeblich von Feminist*innen, Schwachen und „Eliten“ kontrolliert wird.
Der US-Wahlkampf zeigt, wie effektiv diese Dynamiken für die politische Mobilisierung genutzt werden können
Neben der offenen Unterstützung Trumps durch viele Manosphere-Größen wie Tate war es vor allem seine Präsenz in populären konservativen bis rechts-maskulinistischen Streaming-Podcasts, die junge Männer erreichte – nicht über klassische Parteipolitik, sondern über das Gefühl von Nähe. Bloomberg untersuchte 2.000 Videos der letzten zwei Jahre von neun dieser Podcasts. Die meisten gehen über Stunden, was parasoziale Bindungen begünstigen kann und die subtile Vermittlung politischer Inhalte erleichtert. Die neun Episoden, in denen Trump zu Gast war, kamen insgesamt auf über 100 Millionen Views – bei einem Publikum, das zu etwa 80 Prozent aus Männern besteht.
Trump zeigte sich in den Podcasts anders als bei den Wahlkampfveranstaltungen: Er spricht weniger, hört mehr zu. Die Themen sind niedrigschwellig – Sport, Pranks, Internetkultur, persönliche Anekdoten. Zwischen den Zeilen geht es aber um soziale Hierarchien und die angebliche Marginalisierung weißer Männer. Trump ist dabei nicht der Präsident oder Elitenvertreter, sondern Kämpfer für die Abgehängten – der „Underdog“, der zurückschlägt.
Trump nutzte diese Plattformen gezielt: Er tauchte dort auf, wo junge Männer ohnehin ihre Zeit verbringen – und sprach durch Menschen, denen sie bereits vertrauen. Er inszenierte sich nicht als Politiker, sondern als einer von ihnen: ein Bro mit Macht. Und das zeigt Wirkung. Laut einer AP VoteCast-Umfrage unterstützten 50 Prozent der Männer unter 30 Trump.
Patriarchale Strukturen adressieren – bevor sich junge Männer radikalisieren
Die Manosphere ist kein bloßes Nebenprodukt gesellschaftlicher Krisen, sondern Teil eines strategischen, transnationalen Bestrebens zur Erhaltung und dem Wiederaufbau patriarchaler Strukturen. Ihr Einfluss reicht weit über digitale Subkulturen hinaus, hinein in politische Netzwerke, Wahlkämpfe und institutionelle Machtstrukturen. Unterstützt durch finanzstarke Akteur*innen, ideologische Allianzen und parasoziale Dynamiken, bildet sie einen Resonanzraum, in dem Misogynie und Antifeminismus als kulturelles und politisches Bindeglied wirken – zwischen Influencer*innen, Tech-Eliten und autoritären Politiker*innen.
Eine wirksame Gegenstrategie muss auch dort ansetzen, wo Misogynie und Antifeminismus noch nicht in ihrer radikalsten Form auftreten – bei den subtilen, aber dennoch stets spürbaren patriarchalen Strukturen und Männlichkeitsvorstellungen der Gesamtgesellschaft. Denn sie schaffen einen fruchtbaren Nährboden für extrem misogyne und antifeministische Positionen.
Take A Stand Against Antifeminism ist ein Projekt der Amadeu Antonio Stiftung und arbeitet aktiv gegen die zunehmende Verbreitung von antifeministischen Haltungen und deren antidemokratischen Auswirkungen.
Artikelbild: LCV (Tate), Bernd von Jutrczenka/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (Krah)
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