Artikelserie von Sebastian Schnelle im hpd: Islamismus & rechte US-Politik

Sebastian Schnelle vom Podcast "Vorpolitisch" veröffentlichte in den letzten Monate einige Artikel für den "hpd" zu den Themen Islamismus respektive US-Politik. Weiterlesen →

Mai 3, 2025 - 14:40
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Artikelserie von Sebastian Schnelle im hpd: Islamismus & rechte US-Politik

Sebastian Schnelle hat in den letzten Monaten im Humanistischen Pressedienst (hpd) eine Reihe von Artikeln veröffentlicht. Ich stelle sie für einen kurzen Überblick zusammen und sortiere sie chronologisch absteigend. Die Überschriften verlinken zu den jeweiligen Artikeln.

Teil 1: Islamismus


Was ist Islamismus und wie erkennt man ihn?

vom 23.04.2025

Seb reagiert hiert auf Kritik zu früheren Beiträgen. Diese nimmt er als Anlass, um in diesem Artikel eine klare Differenzierung zwischen Islam und Islamismus zu geben.

Was Islamisten von einfachen Muslimen in aller Welt unterscheidet, ist, dass der Islamismus einen politischen Anspruch erhebt, das Leben von Muslimen und selbst Un- oder Andersgläubigen in seinem Einflussbereich zu regulieren. Er erhebt den Anspruch Herrschaftsform zu sein, was „der Islam“ nicht tut und was von der Mehrheit der Muslime abgelehnt wird.

Wie lässt sich ein Islamist erkennen?

Wer ein Kalifat fordert, wer „den Islam“ zur Grundlage des Zusammenlebens machen möchte oder Parlamentarismus und Demokratie als „unislamisch“ ablehnt, der ist Islamist. Wer die Scharia als Grundlage einer Staatsordnung implementiert sehen möchte oder sich eine Theokratie oder ein Kalifat wünscht, ist Islamist.

Den Pauschalvorwurf „Alles Islamisten!“ weist er zurück.

Ich finde es erschreckend und es will mir nicht in den Schädel, wie gerade linke, sich als progressiv verstehende Menschen mit einer solchen Ideologie gemeinsame Sache machen können und wollen.

Der Islamismus ist eine ultra-reaktionäre Ideologie (im politischen Äquivalent würde man von rechtsextrem sprechen), welche die Menschenrechte, Demokratie, Gleichberechtigung und Religionsfreiheit ablehnt. Seine Opfer sind größtenteils liberale Muslime und Ex-Muslime. Mit diesen sollten wir uns solidarisch zeigen.


Fundamentalisten und ihr Frauenbild

vom 07.03.2025

In diesem Artikel zieht Seb Parallelen zwischen dem Frauenbild islamistischer Gruppen und dem rechter Christen im Westen.

Als Beispiel für islamistische Frauenfeindlichkeit verweist er auf einen seiner früheren Texte. Doch bei manchen in der deutschen Rechten klingt es ähnlich:

Auch in der deutschen radikalen bis extremen Rechten machen sich reaktionäre Spielarten des Christentums mit ihren rückwärtsgewandten Frauenbildern breit. So äußert der AfD-Politiker Maximilian Krah, der der traditionalistisch-katholischen Strömung der AfD zugerechnet wird, in seinem Buch „Politik von rechts – Ein Manifest“ ein nicht unähnliches Frauenbild, wenn er von einem „über die sexuelle Attraktivität ausgetragene[n] Konkurrenzkampf“ von Teilen der Frauen um „als Alpha wahrgenommene Männer“ schreibt.


Ein ideologischer Überbau des Terrors wird zehn Jahre alt

vom 26.02.2025

Rückblick: 2015 kam im Online-Magazin des IS Dabiq ein Artikel heraus, der die Zweiteilung der Welt forderte: Muslime vs. Ungläubige.

Das Ziel dieser klaren Teilung sei es, Muslime weltweit, besonders aber diejenigen in der westlichen Welt, zu zwingen, sich dem IS anzuschließen oder als Feinde betrachtet zu werden. Das Mittel waren terroristische Angriffe, besonders auch auf Ziele der Zivilgesellschaft.

Ihr Hass gilt der westlichen Welt und ihren Werten, wie in einem Artikel aus der letzten Ausgabe der Zeitschrift zu lesen ist:

Dort heißt es wörtlich: „Wir hassen euch, weil eure säkularen, liberalen Gesellschaften genau die Dinge zulassen, die Allah verboten hat.“ Unter den explizit genannten verbotenen Dingen findet sich dann zum Beispiel Homosexualität.


Wir sind nicht immun gegen gesellschaftlichen Rückschritt

vom 07.02.2025

In diesem Artikel zeigt Seb, wie sich etwa im Iran oder Ägypten Frauenrechte und gesellschaftliche Freiheiten über Jahrzehnte wieder zurückentwickelt haben.

In Ägypten wurde Ende der 1950er Jahre die Forderung der Muslimbruderschaft nach einer Kopftuchpflicht für Frauen in der Öffentlichkeit vom Präsidenten zurückgewiesen:

Diese Forderung soll Nasser [damaliger ägyptischer Präsident] mit dem Verweis, dass, wenn al-Hudaibi [Führer der Muslimbruderschaft] seine eigene Tochter nicht zwingen könne, Kopftuch zu tragen, er, Nasser, wohl kaum zehn Millionen Ägypterinnen zwingen könne, abgeschmettert haben.

Es wurde sich darüber lustig gemacht:

Als Nasser berichtet, dass er sich mit der Führung der Muslimbruderschaft getroffen habe und dass eine Forderung dieser gewesen sei, dass Frauen sich in der Öffentlichkeit zu verschleiern hätten, bricht im Saal Gelächter aus und es kommt zu einem Zwischenruf, dass „er selbst“ – gemeint ist wohl al-Hudaibi – doch das Kopftuch tragen solle, der ebenfalls mit Gelächter quittiert wird.

Heute sieht es ganz anders aus:

[N]icht nur der Zwang der Staatsmacht, auch der Druck von unten hat beständig zugenommen. Heute tragen in den arabischen Staaten mehr Frauen Kopftuch als in den 1950er und 1960er Jahren und es hat eine deutliche Retraditionalisierung stattgefunden. Diese muss gar nicht notwendig von Religionswächtern oder ähnlichen Organisationen kontrolliert werden, sondern hat sich organisch in der Gesellschaft breit gemacht.


Teil 2: Trump-Regierung


Die Trump-Revolution

vom 25.04.2025

Seb berichtet über das Buch des russischen Rechtsintellektuellen Alexander Dugin zu Donald Trump.

Alexander Dugin ist ein rechtsextremer russischer politischer Autor, der seit den späten 1980er Jahren in der russischen Politik aktiv und Mitbegründer der National-Bolschewistischen Partei ist. […]Dugin verließ die Partei später wieder und fokussierte sich stattdessen auf die von ihm bis heute vertretene Idee des Eurasianismus.

Das Buch ist in zwei Teile aufgeteilt:

Der erste Teil dreht sich um etwas, das Alexander Dugin als „decoupling“ (Trennung, Entflechtung) bezeichnet. […] Im zweiten Teil, der sich dann explizit Donald Trump und dessen Umfeld widmet, fabuliert Dugin von einem Dritten Weltkrieg, den Joe Biden anzetteln könnte, nur um die Wahl nicht zu verlieren, ein Szenario, das er für „nicht unwahrscheinlich“ hielt und selbstverständlich darf die Erwähnung von „Soros ultra-globalistischen Strukturen“ nicht fehlen, die angeblich hinter Biden in Form eines Deep State stecken.

Dugins Aussichten:

Wenn es nach Dugin geht, führt die Trump-Revolution dazu, dass die von ihm ersehnte multipolare Weltordnung sich durchsetzen wird und Europa an Bedeutung verliert, ganz im Sinne einer eurasischen Ideologie, in der Russland die vorherrschende Großmacht in Europa wird. Auch hofft Dugin auf ein postliberales Moment, welches das Ende des Liberalismus in den USA einleitet. Ich hoffe, dass er unrecht behalten wird.


Postliberalismus – JD Vance und die Katholiken

vom 31.03.2025

JD Vance wird katholisch. Seb fragt sich, was hinter dieser religiösen Wende steckt:

Handelt es sich um einen opportunistischen Kurswechsel, eine spirituelle Krise oder gar nur um „christliche Werte als modisches Accessoire“?

Seb holt dazu etwas aus:

Der Postliberalismus ist eine Kritik an liberalen Gesellschaften des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts und kritisiert diese dafür, es mit ihrer Betonung individueller Rechte, freier Märkte und begrenzter staatlicher Macht versäumt zu haben, wesentliche gesellschaftliche Probleme anzugehen. […] Besonders individuelle Rechte als über der Gemeinschaft stehende Rechtsprinzipien stehen im Fokus der Kritik der Postliberalen, da diese in ihren Augen die Rolle von Familie, Gemeinschaft und Tradition untergraben hätten.

Und hierzu zählt auch eine religiöse Komponente:

Für einige Autoren, wie Adrian Vermeule ist der religiöse Integrationalismus, also die Vorstellung eines christlich-katholisch geprägten Staates, ein ausdrückliches Ziel ihres politischen Aktivismus, für andere wie Adrian Pabst, ist die katholische Soziallehre einer der Ausgangspunkte ihres politischen Denkens. Hier möchte ich die Brücke zurück zu JD Vance und seinem angeblichen Erweckungserlebnis 2019 schlagen und zwei Beobachtungen anfügen.

Die erste Beobachtung:

Zum einen verweist Vance auf die „Bekenntnisse“ des Augustinus als Augen öffnend für seine Hinwendung zum katholischen Glauben.

Die zweite:

Diese Art der religiös bemäntelten Politik ist auch in Deutschland zu finden. Maximilian Krah, bekannter AfD-Politiker, beschreibt in seinem Buch „Politik von rechts“ nicht nur ganz ähnliche Ansätze in Bezug auf Liberalismus, Gemeinschaft und Familie wie die Postliberalen in den USA […]

Wahrscheinlich ist die einleitende Frage mit sowohl als auch zu beantworten:

Die Frage „Opportunistischer Kurswechsel oder spirituelle Krise?“ kann man aber vielleicht mit „Warum nicht beides?“ beantworten.


Elon Musk und die Rechtsradikalen

vom 26.03.2025

Hier schreibt Seb über Musks Verbindungen ins rechte Lager. Einige Beispiele:

So berichtete der Spiegel, dass Musk schon 2023 zu Mathias Döpfners 60. Geburtstag mit der niederländischen Rechtsaußen-Influencerin Eva Vlaardingerbroek erschienen sein soll.

Ebenfalls 2023 war Musk beim „Atreju-Festival“ der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni zu Gast, das für die rechte Jugend Italiens organisiert wird. Dort hielt er eine Rede, in der er unter Bezugnahme auf Einwanderung davon sprach, dass er nicht wolle, dass „Italien als Kultur aufhöre zu existieren“ und verknüpfte damit Einwanderung und kulturelles Überleben, was schon verdächtig nah an die These vom „Großen Austausch“ kommt.

Dass Musk außerdem den Neoreaktionären um seinen Förderer Peter Thiel nahe steht, ist naheliegend und zeigt, dass hier eine Vernetzung von US-amerikanischen und europäischen Rechtsaußen-Milieus entsteht, die über die bereits bekannten Verbindungen in das Umfeld der britischen Brexiteers um Nigel Farage hinausgeht.

Also:

In Anbetracht all dieser Verknüpfungen scheint es also wenig verwunderlich, wenn Musk in der AfD nichts „Rechtsextremistisches“ zu erkennen vermag, scheint er doch deren Einstellungen in vielen Punkten zu teilen.


Die Clare-Monster kommen

vom 21.03.2025

Unter der aktuellen US-Regierung hat ein Think Tank großen Einfluss:

Das Claremont Institute for the Study of Statesmanship and Political Philosophy, kurz Claremont Institute, ist ein konservativer Think Tank, der den meisten Lesern völlig unbekannt sein wird. Trotzdem spielt er eine wichtige Rolle in der US-amerikanischen Politik.

Ein Eindruck vom ‚Clare-Monster‘:

In einem Aufsatz mit dem Titel „The Coming Coup?“ fabuliert Anton von einem Deep State, der mit Unterstützung von George Soros einen Coup vorbereite, bei dem das Militär eingreifen werde, sollte Donald Trump die Wahl 2020 gegen Joe Biden gewinnen. Nachdem Donald Trump zwar gegen Biden verlor, aber 2024 gegen Harris gewann und heute ohne Eingriff des Militärs im Weißen Haus sitzt, kann dies getrost ins Reich der Märchen verwiesen werden.

Sie orientieren sich auch an bekannten rechten Denkern:

Noch expliziter wird es im Buch „Up from Conservatism“ des Executive Director des Claremont Institute’s Center for the American Way of Life, Arthur Milikh (Hrsg.), von 2023. Dort heißt es im Vorwort: „Die New Right erkennt die Linke als Feind an, nicht nur als Gegenbewegung. […] Die New Right ist eine konterrevolutionäre und restaurative Kraft.“ Carl Schmitt, der Vordenker der deutschen Neuen Rechten, hätte an diesem Freund-Feind-Schema seine wahre Freude.


JD Vance und der Staatsstreich

vom 13.03.2025

In einem Podcast aus dem September 2021, der damals kaum beachtet wurde, spricht JD Vance offen über radikale Umbauten des Systems.

Sie unterhalten sich über eine mögliche zweite Präsidentschaft von Trump:

Zu Beginn der Passage, in der es um eine zukünftige Trump-Präsidentschaft geht, erwähnt Vance den Blogger Curtis Yarvin. Man erinnere sich: Yarvin vertritt die These, dass die USA eine Erbmonarchie werden oder wie ein Familienunternehmen geleitet und vererbt werden sollten. Die Demokratie lehnt er explizit als ineffizient ab.

Es sind Worte, die im Rückblick nochmal in einem ganz neuen Licht stehen:

Vance fährt fort, dass man „ziemlich weit gehen und Richtungen [wird] einschlagen müssen“, mit denen sich „viele Konservative derzeit nicht wohl fühlen“, woraufhin sein Gastgeber ihm recht gibt und antwortet: „In einigen meiner Bekanntenkreise ist der Ausdruck ‚verfassungswidrig‘ (extra-constitutional) ziemlich oft gefallen.“

Sebs Kommentar ist knapp, aber beunruhigend:

Vielleicht werden die Schulbücher der Zukunft auf diesen Podcast vom September 2021 verweisen und sagen: Ab da hätte man es wissen müssen.


Die Neoreaktion – Tech-Bros und ihre Ideologie

vom 12.02.2025

Seb schreibt hier über die Verbindungen zwischen der Tech-Szene und der Politik in den USA.

Diese Ideologie bezeichnet sich selbst als Neoreaktion, im Internet häufig als NRx abgekürzt, entstand in der Blogosphäre der 2000er Jahre und präsentiert sich als radikale Abkehr von den Idealen der modernen liberalen Demokratie. Einer ihrer Vordenker ist Curtis Yarvin, der von 2007 bis 2016 unter dem Pseudonym Mencius Moldbug den Blog Unqualified Reservations betrieb.

Die Verbindungen:

Während Musk und Yarvin sich nie persönlich begegnet sein sollen, kann durch das Geflecht aus gemeinsamen Bekannten und der Tatsache, dass Musks eigene Vorstellungen rund um DOGE sich sehr gut mit denen von Yarvin treffen, geschlossen werden, dass Elon Musk die Ideen der Neoreaktion zumindest nicht völlig unbekannt sind. Nimmt man hinzu, dass Musk üblicherweise sehr gut über Vorgänge der Internetkultur im Bilde ist, wäre es ganz im Gegenteil eher ungewöhnlich, sollte er noch nicht mit der NRx in Berührung gekommen sein.


Zum Thema:

  • Artikel: Skeptische Köpfe im Gespräch: Sebastian Schnelle, hpd vom 30.04.2025
  • Podcast: Postliberalismus, Vorpolitisch vom 27.04.2025
  • Podcast: Right-Wing Mainstreaming, Vorpolitisch vom 27.04.2025
  • Artikel: Die Methode der Provokation, Sebastian Schnelle (hpd) vom 18.03.2025
  • Artikel: Seb von Vorpolitisch zu Gast bei imps Skeptrum: Islamismus & die Neue Rechte, GWUP-Blog vom 07.03.2025
  • Podcast: Reaktionäre Frauenbilder, Vorpolitisch vom 01.03.2025
  • Podcast: Ideologiekritik, Vorpolitisch vom 23.02.2025
  • Artikel: Vortrag: Judith Faessler und Sebastian Schnelle referieren über das unwissenschaftliche Weltbild der Neuen Rechten (Skepkon 2024), GWUP-Blog vom 04.02.2025
  • Artikel: Identitätspolitiken von Links und Rechts: Der perfekte Sturm, Sebastian Schnelle (hpd) vom 13.01.2025
  • Podcast: Julius Evola, Vorpolitisch vom 05.01.2025
  • Podcast: Die Alt-Right, Vorpolitisch vom 29.12.2024
  • Podcast: Die Neoreaktion, Vorpolitisch vom 22.12.2024
  • Podcast: Terrorismus, Vorpolitisch vom 08.09.2024
  • Podcast: Dezentraler Dschihadismus, Vorpolitisch vom 01.09.2024
  • Podcast: Islamismus, Vorpolitisch vom 18.08.2024

Hinweis:

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